Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- „Werte und Normen“ als neues Schulfach: Kompass für die Gesell…
> Ab 2025 soll es in Niedersachsen auch in der Grundschule alternativ zum
> Religionsunterricht das Fach „Werte und Normen“ geben. Gut so.
Bild: 23. Mai 1949: Der Parlamentarische Rat beschließt mit dem Grundgesetz Re…
„Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der
bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen
Aufsichtsrechtes wird [1][der Religionsunterricht] in Übereinstimmung mit
den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt“: So weit Artikel 7,
Absatz 3 des [2][Grundgesetzes], in dem der Religionsunterricht damit als
einziges Unterrichtsfach erwähnt ist.
Den Abgeordneten des Parlamentarischen Rates muss 1949 die Religion also
sehr am Herzen gelegen haben. Viele Jahre später sind ungefähr 38 Prozent
der Deutschen ganz ohne Religion [3][(Fowid-Erhebung 2018)], 28 Prozent
katholisch (so [4][Zahlen der Deutschen Bischofskonferenz] von 2018), 25
Prozent evangelisch ([5][laut Evangelischer Kirche Deutschlands] 2018), der
Rest teilt sich auf sehr viele andere Religionen auf, wobei die größte
Gruppe in diesem Rest Muslime sind. Neun von zehn niedersächsischen Kindern
besuchen allerdings, [6][laut „Hallo Niedersachsen“], derzeit den
Religionsunterricht – mehr also, als offiziell einer Konfession angehören.
„Die niedersächsische Landesregierung sieht es als ihre Verpflichtung an,
das grundgesetzlich verbriefte Recht auf konfessionellen christlichen,
jüdischen, islamischen und alevitischen Religionsunterricht zu
ermöglichen“, erklärt das Kultusministerium online. „Der entsprechende
Religionsunterricht ist einzurichten, wenn an einer Schule eine Lerngruppe
von mindestens zwölf Schülerinnen und Schülern eines Glaubens gebildet
werden kann und eine geeignete Lehrkraft zur Verfügung steht.“ Derzeit gibt
es vor allem evangelischen Religionsunterricht, daneben gemischten,
evangelisch-katholischen Unterricht, vereinzelt auch islamischen. Und damit
kamen auch die Streitigkeiten an die Schulen.
Denn die Werte der jeweiligen Religionen decken sich nicht immer so ganz
mit denen unseren Staates. Die einen finden die Vielfalten sexueller Themen
ein wichtiges Unterrichtsthema, die anderen etwa, Homosexualität sei eine
Sünde. Das ist der Punkt, genau da wird deutlich, was das Problem ist:
Einige Dinge, die zur religiösen Bildung gehören, widersprechen einigen
anderen Dingen, die zur humanistischen oder auch wissenschaftlichen Bildung
gehören. Es geht um Antworten auf Fragen wie: Wo kommen wir her? Wo gehen
wir hin? Wie darf ich fühlen?
## Eine Art Kompass
1949 war man sich anscheinend einig, dass die Religion in die staatliche
Schule gehört. Warum? Gut: Im Jahr 1951 gehörten in Westdeutschland „noch
96,4 Prozent der Bevölkerung einer christlichen Konfession an“, weiß die
Wikipedia. Von den 73 Vätern und vier Müttern des Grundgesetzes waren also
74 ChristInnen, drei waren keine.
Man kann also davon ausgehen, dass zumindest diese 74 religiöse Bildung für
relevant hielten, wenn nicht sogar für sehr wichtig. Vielleicht dachten sie
sich, dass es, nach dem Krieg und all dem Elend, von allergrößter
Wichtigkeit wäre, dass die Kinder eine Art Kompass mitbekämen, eine
Anleitung in Moral. Und wenn sie so dachten, dann hatten sie immerhin gute
Absichten. Was bedeutet das aber für uns jetzt, die wir nicht mehr zu 96
Prozent christlich sind? Benötigen wir, unsere Kinder, nicht immer noch
eine Anleitung in moralischen Fragen?
Ab 2025 soll es in Niedersachsen auch in der Grundschule das Schulfach
„Werte und Normen“ geben, alternativ zu Religion. Zwölf Kinder sollen
wenigstens sein, damit das Fach an einer Schule angeboten werden kann;
zwölf Kinder, die keinen Religionsunterricht besuchen wollen und bisher
einfach nur betreut werden.
Oberlandeskirchenrätin Frau Kerstin Gräfgen-Track äußerte in „Hallo
Niedersachsen“ die Befürchtung, dass dies auch in Richtung Abschaffung des
Religionsunterrichtes laufen könnte. Ein ganz anderes Thema. „Werte und
Normen“ jedenfalls könnte ein wichtiges, ein sehr wichtiges Fach für unsere
Gesellschaft werden.
In einer früheren Version des Textes fehlte die Information, dass es das
Fach „Werte und Normen“ ab 2025 auch in der Grundschule alternativ zum
Religionsunterricht geben soll. Wir haben den Text entsprechend korrigiert
und bitten um Entschuldigung. Die Redaktion.
6 Nov 2019
## LINKS
[1] /!5624278/
[2] https://www.bundestag.de/parlament/aufgaben/rechtsgrundlagen/grundgesetz/gg…
[3] https://fowid.de/schlagworte/religionszugehoerigkeiten
[4] https://www.dbk.de/presse/aktuelles/meldung/kirchenstatistik-2018/detail/
[5] https://www.ekd.de/ekd-statistik-2018-36432.htm
[6] https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/hallo_niedersachsen/Werte-und-Normen…
## AUTOREN
Katrin Seddig
## TAGS
Fremd und befremdlich
christliche Werte
Normen
Religionsunterricht
Glaube, Religion, Kirchenaustritte
Schule
Christentum
Religionsunterricht
Ganztagsbetreuung
Katholische Kirche
Kirchentag 2025
## ARTIKEL ZUM THEMA
Religionslehrer in Hamburg: Kirchenzwang für Neue
Ab dem 1. August 2023 müssen alle neuen Religionslehrer in Hamburg
Mitglied einer Kirche sein. Ältere Kollegen erhalten Bestandsschutz.
Neuerungen im Religionsunterricht: Lehrer sollen in die Kirche
In Hamburg dürfen Lehrer in Zukunft ohne Mitgliedschaft in der Kirche
keinen „Religionsunterricht für alle“ mehr geben. Bisher wurde das
toleriert.
Konfession von Religionslehrern: Glauben oder nicht glauben
Konfessionsfreie Eltern müssen auch in Zukunft darauf vertrauen können,
dass ihre Kinder in der Schule nicht bevormundet werden.
Nachmittagsbetreuung an Schulen: Zwei Milliarden für den Ganztag
Bis zu einer Million Ganztagsplätze in Grundschulen müssten geschaffen
werden. Doch Finanzierungs- und Personalfragen bleiben ungeklärt.
Staatliche Kirchenfinanzierung: Vater Staat und Mutter Kirche
Der Staat überweist jährlich hunderte Millionen Euro an die großen Kirchen.
Laut Grundgesetzt hätten diese Zahlungen längst aufhören müssen.
Der Hausbesuch: Religionslehrer gegen rechts
Mit seinen Schülern kratzt Wolfgang Rall in Angermünde Nazi-Sticker weg. Er
klärt auf, gegen rechts – und erhält Drohungen. Angst hat er nicht.
Bodo Ramelow über Kirche und Religion: „Ich bin der Kieselstein im Schuh“
Thüringens Ministerpräsident ist Christ. Ein Gespräch über göttliche Hilfe,
die Bibel und wie sich Nächstenliebe mit Abschiebungen verträgt.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.