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# taz.de -- Neue Erkenntnisse zum SUV-Unfall: Der Fall ist noch nicht aufgeklä…
> Der schreckliche SUV-Unfall mit vier Todesopfern soll auf einen
> Krampfanfall zurückzuführen sein. Doch bleiben viele Fragen offen.
Bild: Immer noch stilles Gedenken an der Unfallstelle (ein aktuelles Foto)
Es war ein Krampf. Sechs Wochen nach dem schweren Unfall an der
Invalidenstraße, ist der Fall aufgeklärt. Das zumindest war der Tenor der
Berichterstattung, nachdem die Generalstaatsanwaltschaft am Mittwoch
[1][per Twitter bekannt gegeben hat]te, dass nach derzeitigem
Ermittlungsstand der Crash, bei dem es vier Todesopfer gab, „auf einen
Krampfanfall zurückzuführen“ sein soll. Kein technischer Defekt am Wagen.
Kein krasser Fehler des Fahrers. Sondern einfach nur eine fatale
körperliche Reaktion? Schicksal also?
So einfach kann man das sehen – vor allem wenn man die heftige Kritik an
den übermotorisierten SUV abwürgen will. Tatsächlich ist der Hergang des
Unfalls alles andere als klar. Darauf weist nicht nur die
Staatsanwaltschaft hin: „Die Ermittlungen dauern an.“
Da ist zum einen die Frage, ob der Fahrer sich überhaupt hinters Steuer
hätte setzen dürfen. Ob ihm, da er regelmäßig Medikamente einnehmen musste,
nicht hätte bewusst sein müssen, welche Gefahr wegen seines
Gesundheitszustands bestand? Und ob die Regelung, wonach auch Epileptiker
in bestimmten Fällen Auto fahren dürfen, nicht dringend überdacht werden
muss.
Ungeklärt ist auch der genaue Unfallverlauf. Die vielleicht entscheidende
Frage ist: Wann genau setzte der Krampf ein, sodass der Fahrer seinen Fuß
nicht mehr vom Gaspedal bekam?
## Beantwortung aller Fragen ist wichtig
Im einzig bekannten Video von dem Unfall sieht man folgende Situation: Die
Fußgängerampel hinter der Kreuzung mit der Ackerstraße zeigte Rot für
Fahrzeuge. Auf der Invalidenstraße warten daher mehrere Autos, als der
Porsche von hinten auf der Gegenfahrbahn Richtung Ampel rast. Zuvor soll
das Unfallfahrzeug laut Zeugenaussagen weiter hinten an der Invalidenstraße
gestanden haben.
Hätte der Fahrer den Krampf erlitten, während er sich ordnungsgemäß in den
Stau vor der Ampel eingereiht hätte, wäre er nach wenigen Metern auf ein
vor ihm stehendes Fahrzeug gekracht – mit deutlich geringerer
Geschwindigkeit. Ortskundige Anwohner, die immer noch an der mit
Trauerblumen zur Gedenkstätte umfunktionierte Kreuzungsecke diskutieren,
vermuten einen anderen Ablauf: Hat der Porschefahrer versucht, sich am Stau
vorbeizumogeln, um vor der Ampel in die Ackerstraße abzubiegen? Hat er sich
beeilen müssen, weil die Ampel auf Grün umsprang und wieder Gegenverkehr
anrückte? Hat er dabei den Krampf erlitten und deshalb die Kurve nicht
gekriegt? Stress gilt als ein Faktor, der epileptische Anfälle verursachen
kann.
Die Beantwortung all dieser Fragen ist wichtig. Denn es geht keineswegs nur
um Schuld und Sühne. Sondern um die Frage, welche Konsequenzen man aus dem
Unfallgeschehen ziehen muss.
## Mörderisches Tempo
Der Senat hat bereits angekündigt, bis Jahresende eine Tempo-30-Zone und
Fahrradstreifen einzurichten. Beides ist absolut zu begrüßen. Doch beides
hätte nach derzeitigem Erkenntnisstand den Unfall nicht verhindern können.
Der Porsche Macan, auch das haben die Ermittler jetzt berechnet, ist mit
104 Stundenkilometern gegen die Ampel und die dort stehenden Fußgänger
gekracht. Nicht weil ein Tempo-30-Schild fehlt, sondern weil er es kann.
Dank der wahnsinnigen Beschleunigung brauchte er genau 7 Sekunden – gut 100
Meter – um aus dem Stand auf dieses mörderische Tempo zu kommen.
Als im Frühjahr eine Boeing-Maschine wegen technischer Mängel abstürzte,
wurde der Typ vom Markt genommen – aus Sicherheitsgründen. Aber, werden
viele sagen, das ist ja ganz was anderes. Ist es das wirklich?
19 Oct 2019
## LINKS
[1] https://twitter.com/GStABerlin/status/1184460063957803008
## AUTOREN
Gereon Asmuth
## TAGS
SUV
Verkehrsunfälle
Fußgänger
Tempo 30
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SUV
Epilepsie
massiv
SUV
Verkehr
Autoverkehr
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