# taz.de -- Die Wahrheit: Originalton Süd | |
> Lebenslänglich Bayer: von Hermann Kant, Edi Stoiber und Lillehammer. | |
> Niemals akzentfrei, aber immer Spaß dabei. Oder eben auch nicht. | |
Es ist um Hermann Kant gegangen und seinen Roman „Das Impressum“. Ich hatte | |
für ein Seminar ein Referat vorbereitet, in dem es um dessen | |
Publikationsgeschichte gegangen ist. Obwohl das Buch als Festschrift zum | |
20. Jahrestag der [1][DDR-Gründung] geplant war, konnte es erst lange nach | |
dem runden Staatsgeburtstag erscheinen. Vor allem die Erwähnung des | |
Volksaufstands am 17. Juni 1953 hatte die Zensoren aufgeschreckt, obwohl | |
Kant diesen ganz brav und der Staatslinie entsprechend als Produkt | |
westlicher Provokation dargestellt hat. Ein für ein historisches Seminar | |
angemessen langweiliges Thema, wie ich fand. | |
Für meine Kommilitonen schien es dagegen ein großer Spaß zu sein. Ein paar | |
haben den ganzen Vortrag über vor sich hingekichert, manche ab und zu laut | |
losgeprustet und auch der Leiter des Seminars konnte irgendwann nicht mehr | |
an sich halten. Sehr schön hätte ich das gemacht, sagte er und begann zu | |
lachen. Es war der Markus-Wasmeier-Moment meines Lebens. | |
Das wurde mir klar, als ich in der auf meinen Seminar-Auftritt folgenden | |
Nacht von einem Albtraum aufschreckte. Dort war mir der protobayerische | |
Skifahrer begegnet. Er zog einen Hirschfänger aus seiner Lederhose und | |
begann mich, der ich vor ihm auf einem zirbelhölzernen OP-Tisch lag, zu | |
häuten. Freundlich, aber doch auch irgendwie fies lachend sagte er, dass er | |
aus mir Lederhosen machen würde für die neuen Preußen aus der ehemaligen | |
DDR. | |
Jetzt war mir alles klar. Die Preußen in jenem Seminar an der Berliner | |
Humboldt-Universität hatten mich aufgrund der leichten dialektalen Färbung | |
in meinem Vortrag schlichtweg ausgelacht. Sie hatten mich für einen | |
depperten Seppl gehalten. Sie hatten mich gedemütigt, so wie das ZDF | |
seinerzeit den frisch gekürten Riesenslalom-Weltmeister vom Schliersee, | |
Markus Wasmeier, gedemütigt hatte. | |
## Disney am Schliersee | |
„Originalton Süd“ hatte der Sender eingeblendet, als der 1985 im „Aktuel… | |
Sportstudio“ von seinem Teufelsritt in Bormio erzählt hatte. Das fand | |
Edmund Stoiber, damals Staatskanzleichef und oberster Dackel von | |
Ministerpräsident Franz Josef Strauß, derartig schlimm, dass er sich beim | |
dem Sender beschwert hat. | |
Für mich setzte sich kein bayerischer Politiker ein. Stoiber schon gar | |
nicht. Der war Ministerpräsident geworden und hatte vielleicht Wichtigeres | |
zu tun. Ich blieb allein mit meinem Kummer und dachte nach. Über den 17. | |
Juni, der in Bayern ein wunderbarer Tag war – vor allem, wenn er zusammen | |
mit Fronleichnam einen Doppelfeiertag bildete, wofür man den Aufständischen | |
von 1953 gar nicht genug danken konnte. | |
Über Markus Wasmeier, der am Schliersee heute eine Art Bayern-Disney-Land | |
betreibt mit sich selbst als wertvollstem Ausstellungsstück. Und natürlich | |
über Norwegen, wo Wasmeier 1994 [2][Doppelolympiasieger] geworden ist, was | |
der Grund ist, warum man überhaupt noch von ihm weiß. | |
Über Hermann Kant habe ich übrigens nie mehr nachgedacht. | |
18 Oct 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Der-40-Jahrestag-der-DDR-1989/!5628163 | |
[2] https://www.youtube.com/watch?v=BArqznGv0TQ | |
## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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