# taz.de -- Tote durch Listerien in Wilke-Fleisch: Hinz und Wurst | |
> Hessens grüne Verbraucherschutzministerin fordert mehr Befugnisse für | |
> ihre Behörde. Vor einem Ausschuss musste sie Versäumnisse einräumen. | |
Bild: Fleischwurst, nicht immer lecker | |
WIESBADEN taz | Der Skandal um verseuchte Fleischprodukte des Herstellers | |
Wilke muss nach Überzeugung der hessischen Verbraucherschutzministerin | |
Priska Hinz Konsequenzen für die Lebensmittelüberwachung haben. Das stellte | |
die Grüne am Mittwoch vor dem zuständigen Landtagsausschuss fest. | |
Wurstwaren aus dem inzwischen geschlossenen Betrieb waren mit den | |
[1][Keimen belastet], die bundesweit für 37 Erkrankungen und mindestens 3 | |
Todesfälle verantwortlich gemacht werden. | |
Die Rechte der Fachaufsicht bei den Städten und Landkreisen seien nicht | |
ausreichend, sagte Hinz. Sie forderte auch, das Weisungsrecht des | |
Ministeriums zu stärken. In der kommenden Woche befassen sich die | |
VerbraucherschutzministerInnen von Bund und Ländern mit dem Wurst-Skandal, | |
sagte Hinz. | |
Sie musste allerdings auch Versäumnisse einräumen. Bereits am 12. August | |
hatte nämlich das Bundesamt für Verbraucherschutz das hessische Ministerium | |
über den Verdacht informiert, dass Produkte des nordhessischen Unternehmens | |
für die Erkrankungen mit [2][Listerien] des Typs „Sigma 1“ verantwortlich | |
sein könnten. Wegen eines „personellen Engpasses“ sei dieser Hinweis erst | |
eine Woche später an die zuständige Kreisbehörde Waldeck-Frankenberg | |
weitergeleitet worden, so die Ministerin. Seit dem 26. September stand | |
fest: Die tödlichen Keime stammen aus dem Betrieb in Twistetal-Berndorf. | |
Erst eine Woche später will die Ministerin selbst von diesem brisanten | |
Nachweis erfahren haben. Weiter mahlten die Mühlen langsam. Zwei Wochen | |
lang versuchten die Behörden, die Probleme mit Auflagen in den Griff zu | |
bekommen. Erst am 1. Oktober, zehn Tage nach dem „Beweis“ durch das | |
Robert-Koch-Institut, wurde Wilke geschlossen. Immerhin habe nach dem 20. | |
September keine Ware mehr den Betrieb verlassen, der nicht auf Listerien | |
untersucht worden sei, versicherte die Ministerin. | |
Es zeigte sich, dass es in der Firma seit Langem Mängel gegeben haben muss. | |
Am 4. September hielten Lebenskontrolleure fest: „Der Raum war gefüllt mit | |
völlig vergammelter Ware, Schimmel, Fäulnis, Gestank.“ Der Boden sei mit | |
einer stinkender Flüssigkeit bedeckt gewesen. „Durch diese Flüssigkeit fuhr | |
man Waren nach draußen.“ | |
## „Ekelerregende“ Zustände | |
Als „ekelerregend“ bezeichnete auch die Ministerin die Fotos, die die | |
Zustände dokumentieren. Allein schon wegen der Hygiene- und Baumängel habe | |
man den Betrieb schließen müssen, sagte die Ministerin: „Es war | |
allerhöchste Eisenbahn.“ Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen | |
Körperverletzung mit Todesfolge gegen den Geschäftsführer des Unternehmens. | |
Abgeordnete aller Landtagsparteien wunderten sich, dass die Mängel nicht | |
längst aufgefallen waren. Von „Totalversagen auf allen Ebenen“ sprach der | |
AfD-Abgeordnete Gerhard Schenk. Für die SPD stellte Knuth John fest, die | |
Behörden hätten die Mängel früher erkennen und abstellen müssen. | |
Die zurückgerufenen Produkte des inzwischen insolventen Herstellers wurden | |
unter zahlreichen Marken und Namen vertrieben. Alle tragen die Nummer DE EV | |
203 EG. | |
16 Oct 2019 | |
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## AUTOREN | |
Christoph Schmidt-Lunau | |
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