| # taz.de -- Klimaproteste von Extinction Rebellion: Bringt das was? | |
| > Wer heute eine Bewegung daran bemisst, wie realistisch durchsetzbar ihre | |
| > Forderungen sind, denkt ahistorisch. Der Protest von XR funktioniert. | |
| Bild: Im Protestcamp der Bewegung extinction rebellion neben dem Kanzleramt in … | |
| Ja, das bringt was: Eine Gruppe von [1][ein paar Tausend | |
| Klimaaktivist*innen] hockt in Berlin und anderen Metropolen auf Kreuzungen | |
| herum, um Forderungen in die Tagesschauen und die Timelines zu spülen, die | |
| verdächtig nach „Life of Brian“ klingen. Dort will bekanntlich die | |
| Volksfront von Judäa (oder die Judäische Volksfront?) die Frau von Pontius | |
| Pilatus entführen, um die Auflösung des Römischen Reiches zu fordern. | |
| Extinction Rebellion fordert die Auflösung eines auf fossilen Brennstoffen | |
| basierenden weltweiten Imperiums (die Weltwirtschaft) bis 2025. Ihr | |
| Druckmittel: Auf Kreuzungen sitzen, sich von der Polizei friedlich | |
| wegtragen lassen, dabei mit den Beamten freundlich über CO2-Emissionen | |
| reden. Sie wollen sozusagen unsere Mobilität entführen. Bis das System | |
| überlastet ist: Wenn ein paar Millionen in Deutschland mitmachen, dann geht | |
| hier nichts mehr. | |
| Das bringt was, weil es funktioniert. Wer heute eine Bewegung daran | |
| bemisst, wie realistisch ihre Forderungen politisch, demokratisch und | |
| ökonomisch durchsetzbar sind, der denkt ahistorisch. Es ist die verdammte | |
| Pflicht von sozialen Bewegungen, genauso radikal traumtänzerisch zu sein, | |
| wie Extinction Rebellion, kurz XR, es ist. | |
| Da machen sich dann Kommentatoren drüber lustig, ein paar Alt-Linke sind | |
| sauer, dass die Welt heute nicht mehr auf sie hören will, aber die | |
| Botschaft ist draußen, sickert in die Köpfe, verändert den Kurs der | |
| öffentlichen Debatte: Undenkbares wird denkbar, nicht Umsetzbares möglich – | |
| wer hätte vor fünf Jahren gedacht, dass es heute zumindest eine | |
| realistische Option ist, bis 2030 [2][aus der Kohle auszusteigen]? | |
| Genau so machen es Rechte, wenn sie Rassismus und Hass verbreiten: | |
| Unsagbares salonfähig machen. Man muss sie dafür ächten, aber jetzt haben | |
| wir diese Waffe der [3][Diskursverschiebung] mal in den Händen derer, die | |
| damit Gutes tun wollen. Radikaler, schneller umsteuern, um die Klimakrise | |
| zu bekämpfen. | |
| ## Im Kern elitenfeindlich | |
| Gefahren birgt allerdings auch diese Bewegung: Im Kern ist ihre Erzählung | |
| auch elitenfeindlich. XR erzählt implizit, dass alle, die nicht so radikal | |
| denken wie sie, versagen. Dabei wäre es politisch eher ein Versagen, die | |
| Ideen der Rebellen tatsächlich aufzugreifen. Klimaneutral bis 2025 würde | |
| bedeuten, Millionen von Pkws stillzulegen. Würden die Grünen das fordern, | |
| ihr Wählerpotenzial wäre mindestens halbiert. Für den Klimaschutz wäre | |
| nichts gewonnen. | |
| Sagen wir mal so: Die Bewegung will sich nicht durch mühsame Kompromisse in | |
| ihrem Lauf blockieren lassen. Sie ist nicht Partei oder Verband, sondern | |
| ein Katalysator, der die Abwehr der Gesellschaften gegen eine vernichtend | |
| langsame Klimapolitik beschleunigt. Hoffentlich zumindest. | |
| 8 Oct 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Ingo Arzt | |
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