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# taz.de -- Lebensmittelhersteller Veganz: Kooperation mit Discountern
> Der vegane Lebensmittelproduzent hat mit Lidl und Aldi neue Abnehmer für
> seine Produkte gefunden. Dagegen hatte sich der Gründer lange gesträubt.
Bild: Da funktionierte das Konzept veganer Supermarkt noch
Berlin taz | Seit Donnerstag sind bei Aldi Süd 13 Veganz-Produkte im
Angebot. Lidl führt acht Snackartikel. In der Region Hamburg stehen 31
Artikel in den Regalen, darunter Grillware, veganer Käse und Aufschnitt.
Die neue Kooperation zwischen Veganz und deutschen Discounter-Platzhirschen
ist das jüngste Zeugnis eines großangelegten Strategiewechsels bei der
einst größten veganen Einzelhandelskette Europas.
Für die Veganz GmbH ist es ein bedeutender Schritt. Der Hersteller veganer
Lebensmittel hat zwei neue Großabnehmer für seine Produkte gewonnen, eine
versuchsweise Kooperation mit Lidl und Aldi soll dem Berliner Start-Up neue
Absatzmärkte eröffnen. Es ist ein Testlauf, ein wichtiger für Veganz. Sind
die Supermärkte mit dem Absatz zufrieden, lockt dem ehemals schwächelnden
Start-Up eine langfristige Kooperation.
2011 gegründet, startete Veganz als kleine vegane Supermarktkette, vertrieb
sowohl eigene als auch eingekaufte Produkte. Bald nach der Expansion begann
das Geschäft zu stocken, immer häufiger stellten die großen Supermärkte
vegane Produkte in ihre Regale – und wurden zur großen Konkurrenz für die
kleinen Veganz-Filialen. Ende 2016 stellte die Veganz Retail GmbH, die die
Filialen außerhalb Berlins verwaltete, einen Antrag auf Insolvenz in
Eigenveranstaltung. „Das Konzept veganer Supermarkt funktioniert nicht
mehr“, teilte Gründer und Geschäftsführer Jan Bredack damals mit.
Die Muttergesellschaft Veganz GmbH verstärkte daraufhin ihren Kurs, den sie
ein Jahr zuvor eingeschlagen hatte: weg vom Einzelhändler, hin zur reinen
Produktmarke. Zwar gibt es in Berlin noch drei Filialen, doch fokussiert
sich Veganz seitdem vollständig auf die Herstellung pflanzlicher
Lebensmittel statt auf deren Vertrieb.
Dass man nun auch mit Discountern kooperiert, ist ein Novum für das
Unternehmen. In seinem 2014 erschienenen Buch „Vegan für alle“ äußert si…
Gründer Bredack noch kritisch gegenüber Billigmärkten: Discounter nutzten
die Preissensibilität der KonsumentInnen und führten „einen mörderischen
Wettbewerb um die günstigsten Preise“, heißt es darin. Das habe
schwerwiegende Konsequenzen für Landwirte, Produzenten und Beschäftigte und
führe zu einer „Abwärtsspirale mit Folgen, die wir eigentlich nicht
wollen“.
## Werte weiter hochhalten
Die Einstellung hat sich offenbar gewandelt. Man wolle „vegane Produkte und
die pflanzliche Lebensweise für so viele Menschen, wie möglich zugänglich
zu machen“, heißt es nun vonseiten des Unternehmens. Veganz-Produkte beim
Discounter seien „nicht so ungewöhnlich, wenn wir uns und unsere Werte
dabei hochhalten“. Die Frage, wie das gelingen soll, ließ das Unternehmen
bis Redaktionsschluss unbeantwortet.
Bislang fährt die 80-MitarbeiterInnen-Firma mit der neuen
Expansionsstrategie erfolgreich. Für das Geschäftsjahr 2019 rechnet sie mit
einer Umsatzsteigerung von rund 40 Prozent. Veganz verkauft insgesamt 160
pflanzliche Alternativspeisen aus eigener Produktion in 16 Ländern und
10.000 Verkaufsstellen, einige davon bei Rewe, Edeka, dm und Kaufland.
Damit sorgt derselbe Umstand, der Teile des Start-Ups damals an den Rand
der Existenz brachte, nun für seinen Erfolg: Supermärkte setzen immer
häufiger auf vegane Produkte. Der Umsatz mit vegetarischen und veganen
Produkten im Lebensmitteleinzelhandel hat sich innerhalb weniger Jahre auf
über eine Milliarde Euro im Jahr 2018 fast verdoppelt. Sowohl Lidl als auch
Aldi vertreiben seit diesem Jahr Veggie-Burger und Veggie-Hack aus eigener
Produktion.
## Hoffnung auf Markenbekanntheit
Beide unterhalten eine Homepage für „Veganes entdecken“ (Aldi) und eine
„vegane Werkstatt“ (Lidl), bei der KundInnen über veganes Essen informiert
werden. Lidl möchte künftig „mehr vegane und vegetarische Lebensmittel im
Sortiment oder als Aktion“ anbieten, Aldi rühmt sich damit,
„veganfreundlichster Discounter 2019“ zu sein.
Eine Kooperation lag somit für alle Parteien nahe. Der reine Absatz bei
Lidl und Aldi sei aber nicht das oberste Ziel, erklärt Bredack gegenüber
der taz. Von den Aktionswochen erhoffe sich das Start-Up in erster Linie
Markenbekanntheit. Umso mehr, als sich in dem hart umkämpften Vegan-Markt
mehr als 70 Hersteller pflanzlicher Lebensmittel tummeln. Bredack sieht
darin außerdem die Chance, viele bislang kritische KonsumentInnen von einer
veganen Ernährungsweise zu überzeugen. Ob die Zusammenarbeit langfristig
bestehen bleibt, ist noch unklar. Lidl und Aldi wollen dafür das
Kaufverhalten der KonsumentInnen in den kommenden Wochen beobachten. Für
das expansionswillige Start-Up, das auch einen Börsengang nicht
ausschließt, wäre es ein wichtiges Signal.
29 Sep 2019
## AUTOREN
Tobias Schmidt
## TAGS
Konsum
Veganismus
Discounter
Landwirtschaft
Bio-Supermarkt
Ernährung
Lebensmittelwirtschaft
Veganismus
Umsatz
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