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# taz.de -- Parteienbeteiligung an Klimademos: Protest lieber ohne Parteien?
> Bremens AktivistInnen fordern von den Parteien, sich wegen ihrer
> unzureichenden Klimaschutzpläne vom Streik fernzuhalten. Gut so? Ein Pro
> und Contra.
Bild: Klimaschutz jetzt – und zwar ohne Kompromisse, fordern Bremens Fridays …
## Ja!
Selbstverständlich dürfen die Fridays for Future-AktivistInnen die
[1][Parteien von ihrer Demo ausschließen]. Sie müssen es sogar: Ihr Streik
liefe sonst Gefahr, zur Wohlfühlveranstaltung zu verkommen, um die maximale
Einigkeit. Sind wir nicht alle Menschen? Wollen wir nicht alle, dass die
Welt bewohnbar bleiben sollte? Finden wir nicht alle Brot leckerer als
Scheiße?
Um solche Nullbotschaften geht es nicht am Freitag. Es geht um
naturwissenschaftlich fundierte, verbindliche Forderungen. Diese sind allen
in Bremen aktiven Parteien zu radikal. Sie betreiben alle Politik direkt
gegen FFF, auch die, die sich besonders nah wähnen. Ein
Flächenversiegelungsverbot? Nicht mit Die Linke, die [2][„auf größeren
Neubauflächen“] günstige Wohnungen schaffen will. Die Weser renaturieren?
Da ist die SPD vor!
Das beste Beispiel gibt allerdings Umweltsenatorin Maike Schaefer ab: FFF
zufolge hat zukunftstaugliche Politik in Bremen unter der Maxime zu stehen,
bis 2030 Klimaneutralität zu erreichen. Die Spitzenkandidatin der Grünen
hat diese Forderung aus dem Grünen-Wahlprogramm eigenhändig eliminiert, per
Änderungsantrag: Dieses [3][Ziel sei nicht zu erreichen]. Das mag stimmen.
Ihre Partei hat das ja auch so beschlossen. Aber eben drum ist es schon
mehr als nur ein bisschen schizo, jetzt fürs Gegenteil auf die Straße gehen
zu wollen.
Klar, alle haben ein begründetes Interesse, die schicken Bilder der
engagierten jungen Menschen für die eigene Parteipropaganda
auszuschlachten, so wie es der Dieselbetrugskonzern Volkswagen mit der
internationalen Ikone Greta Thunberg versucht hat. Aber erstens hat er
dafür [4][zurecht auf die Kühlerhaube bekommen]. Und zweitens: Etwas höhere
sittliche Ansprüche sollten die Parteien sich selbst schon abverlangen.
Moral ist aber nicht die entscheidende Kategorie: Auf die inhaltlichen
Differenzen kommt es an. Sie auszutragen: Das ist Politik. Sie stattdessen,
noch dazu aus einer Herrschaftsposition heraus, einzuebnen – und das ist es
ja, was die Parteien durch Selbstdarstellung im Demozug versuchen wollten –
das ist zutiefst undemokratisch.
Es zeugt vom guten politischen Gespür der jungen BremerInnen, wenn sie sich
gegen solche Versuche der Vereinnahmung sperren. Der Rest der Bewegung
sollte sich an ihnen ein Beispiel nehmen. Benno Schirrmeister
## Nein!
Wie frustrierend: Das fünfte Massenaussterben auf der Erde hat begonnen,
der Fortbestand der Menschheit steht auf dem Spiel – und die Regierungen
dieser Welt, sie reagieren träge bis gar nicht. Es wundert nicht, dass
Fridays for Future Bremen diese fahrlässige Politik lieber auffordert, ihre
Aufgaben zu machen, statt mitzustreiken.
Die Sicht auf Politik als Gegner ist allerdings nur bedingt geeignet. „Wir
würden gerne, aber uns sind die Hände gebunden“ – was wie eine Ausrede
klingt, trägt einen Funken Wahrheit in sich. Die Umwälzungen, die Fridays
for Future zu Recht fordert, sind radikal – alle werden davon betroffen
sein. Die Gelbwestenproteste in Frankreich aber zeigen, dass
Politiker*innen ohne gesellschaftlichen Rückhalt nicht einmal eine
Benzinsteuer umsetzen können.
Um zu handeln, sind Regierungen angewiesen auf große Bewegungen und
gesellschaftlichen Druck. Wenn Parteien an der „Alle fürs Klima“-Demo
teilnehmen, ist das vielleicht anbiedernd – aber es zeigt auch: Von euch
würden wir uns ganz gerne in eine Richtung drücken und pressen lassen.
Dort, wo Klimaschutz ein Lippenbekenntnis bleibt oder aktiv behindert wird,
muss Fridays for Future sich distanzieren. Doch Bremen zeigt [5][mit seinen
Zielen], etwa der Reduktion von Treibhausgasen um 80 Prozent bis 2030,
zumindest ein ehrliches (wenn auch unzureichendes!) Bemühen. Die Bremer
Regierungsparteien sind inkonsequente und fehlerhafte und kurzsichtige
Verbündete, die weiter getrietzt und geschubst werden müssen – aber eben
doch Verbündete.
Dazu kommt: Parteien sind keine Regierungen; sie wirken selbst bei der
politischen Willensbildung mit. Ein Parteibanner auf der Demo kann durchaus
helfen, dem Wähler oder der Sympathisantin noch einmal die eigene
Verantwortung dem Klima gegenüber bewusst zu machen. Und schließlich: Wenn
Parteien mit ihrer Teilnahme am Protest zeigen, dass auch sie mehr fordern,
als das, was ihnen angeboten wird, kann das den Druck auf Regierungen
durchaus erhöhen – in Bremen und in Berlin.
Klimaschutz verlangt der Welt alles ab. Wenn diese Demo ein Zeichen setzen
soll, das über bisherige Streiks hinausgeht, dann muss sie groß und breit
sein und Verbündete suchen. Nicht umsonst firmiert der Tag unter dem Motto
[6][„Alle fürs Klima“]. Lotta Drügemöller
19 Sep 2019
## LINKS
[1] /FFF-laedt-R2G-in-Bremen-aus/!5622925
[2] https://www.dielinke-bremen.de/fileadmin/user_upload/Wahlen_2019/Wahlprogra…
[3] /!5591156/
[4] https://meedia.de/2019/04/01/pr-eigentor-volkswagen-blamiert-sich-bei-golde…
[5] https://www.spd-land-bremen.de/Binaries/Binary6296/Entwurf-Koalitionsvertra…
[6] https://fridaysforfuture.de/allefuersklima/
## AUTOREN
Benno Schirrmeister
Lotta Drügemöller
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