# taz.de -- Aktivistin über Antiziganismus: „Es durchzieht unseren Alltag“ | |
> Diana Preda erlebt täglich in der Sozialberatung für Sinti und Roma, wie | |
> aus Vorurteilen Diskriminierung wird – und was das mit den Betroffenen | |
> macht. | |
Bild: Diana Preda, 29, arbeitet beim Förderverein Roma e.V. und engagiert sich… | |
taz: Frau Preda, Sie engagieren sich bei Amaro Drom gegen die | |
Stigmatisierung von Sinti und Roma. Wie kam es dazu? | |
Diana Preda: Ich arbeite als Dolmetscherin und Vermittlerin in einer | |
Sozialberatung für Sinti und Roma. In meiner Arbeit werde ich immer wieder | |
mit den Stereotypen konfrontiert, denen wir ausgesetzt sind. Viele Menschen | |
in Deutschland kennen unsere Geschichte nicht, wissen nicht, dass wir | |
verfolgt wurden. Was sie glauben zu wissen, ist, dass Sinti und Roma | |
klauen, betteln, stinken. Das stimmt aber nicht. Ich will zeigen, dass es | |
anders ist. | |
Was sind denn die größten Probleme? | |
Es durchzieht einfach unseren Alltag. Sobald wir sagen, dass wir Roma sind, | |
werden wir mit anderen Augen angesehen. Von Polizisten, Lehrern, | |
Behördenmitarbeitern, Ärzten. Ich erinnere mich, wie wir mal einen | |
Bekannten im Krankenhaus besucht haben. Wir waren mehrere Besucher. Dort | |
hieß es dann gleich: „Wir haben einen Clan hier.“ Ich hasse dieses Wort. | |
Warum? | |
Weil es uns sofort als ganze Gruppe mit Kriminalität in Verbindung bringt. | |
Angeblich arbeiten wir nicht, schicken unsere Kinder nicht zur Schule oder | |
erschleichen Sozialleistungen. Aber das stimmt nicht. Viele von uns | |
arbeiten, viele haben studiert. Natürlich gibt es auch schlechte Beispiele. | |
Aber die gibt es überall. Bei Sinti und Roma werden aber fast nur die | |
negativen Beispiele öffentlich thematisiert – sei es in den Medien, oder | |
wenn es, wie in Berlin, [1][extra in die polizeiliche Kriminalstatistik | |
geschrieben wird]. | |
Was hat das für Konsequenzen? | |
Diese Vorurteile haben auch direkte Folgen für Sinti und Roma. Ich arbeite | |
in einer Beratungsstelle. Ich saß mal mit einer Familie in einem Amt, da | |
wurde mit den Menschen so herablassend umgegangen. „Ich bin auch eine von | |
ihnen, ich bin auch Romni“, habe ich gesagt. „Aber Sie sind anders“, war | |
die Antwort. Können Sie sich das vorstellen? Auch im Arbeitskontext wurde | |
mir mal gesagt, ich sehe genau wie eine Romni aus. Und in einer | |
Frauenberatungsstelle wurde ich mal gefragt, wie es sein kann, dass alle | |
Romnja alleinerziehende Mütter sind, die Geld brauchen. Aber natürlich | |
kommen nur die Frauen zu der Beratung, die Hilfe brauchen. Wer einen guten | |
Job hat oder einen Partner, der genug verdient, taucht dort doch nicht auf. | |
Die Leipziger Mitte-Studie hat 2018 gezeigt, wie verbreitet diese | |
Vorurteile sind. 60 Prozent der Befragten glauben, dass Sinti und Roma zu | |
Kriminalität neigen. 56 Prozent sagen, sie hätten ein Problem damit, wenn | |
Sinti und Roma in ihrer Nachbarschaft leben, und 49 Prozent wären dafür, | |
sie aus der Innenstadt zu verbannen. | |
Dafür habe ich keine Worte. Es gibt Menschen, die nie akzeptieren werden, | |
dass wir gleich sind. Dass wir auch nur Menschen sind. Und es sind diese | |
Vorurteile, die dann zu Diskriminierung auf dem Arbeits- oder Wohnungsmarkt | |
führen und am Ende dafür sorgen, dass Sinti und Roma wirklich arbeits- oder | |
obdachlos sind. | |
Sie engagieren sich seit letztem Jahr bei der Jugendorganisation Amaro | |
Drom, auf deren Bundeskonferenz haben Sie am vergangenen Wochenende selbst | |
einen Workshop zur Sensibilisierung für Diskriminierung angeleitet. Warum? | |
Ich habe selbst bei Amaro Drom am Projekt „Opre Romnja“ teilgenommen, das | |
Frauen empowern will. Ich habe mich außerdem zur Teamerin bei „Dikhen amen“ | |
ausbilden lassen, einem Projekt für mehr Sichtbarkeit von Sinti und Roma. | |
Ich habe viel Solidarität und Hilfe bei Amaro Drom gefunden. Früher habe | |
ich mich nicht immer getraut, zu sagen, wer ich bin. Heute sage ich das mit | |
Stolz: „Ich bin Romni.“ Das möchte ich gerne an andere weitergeben. | |
7 Oct 2019 | |
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[1] /Polizei-unter-Diskrimierungsverdacht/!5626822 | |
## AUTOREN | |
Dinah Riese | |
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