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# taz.de -- Ex-Ministerpräsident Stanislaw Tillich: Scharfe Kritik an Seitenwe…
> Von der Spitze der Kohlekommission an die Spitze des Kohlekonzerns:
> Stanislaw Tillichs neuen Posten bei Mibrag sehen Umweltverbände als
> Problem.
Bild: Hatte schon immer ein Herz für die Braunkohle: Stanislaw Tillich
Berlin taz | Der Wechsel des ehemaligen sächsischen Ministerpräsidenten
Stanislaw Tillich (CDU) zum Braunkohlekonzern Mibrag ist bei
Umweltverbänden auf scharfe Kritik gestoßen. Das Unternehmen, das die
Tagebaue und Kraftwerke im mitteldeutschen Revier betreibt, hatte am
Dienstag bekannt gegeben, dass Tillich neuer Aufsichtsratsvorsitzender
wird.
Bis Februar war Tillich einer von vier Vorsitzenden der Kommission, die im
Auftrag der Bundesregierung ein Konzept für den Kohleausstieg erarbeitete.
Dies sieht vor, dass der [1][Ausstieg erst 2038] erfolgt und dass die
Betreiber für das Abschalten der Kraftwerke in der Regel eine Entschädigung
erhalten sollen – obwohl Gutachten ergeben hatten, dass das rechtlich nicht
notwendig sei. Zudem sorgen die Vorgaben der Kommission faktisch dafür,
dass der Braunkohleausstieg im rheinischen Revier beginnt und in der
Lausitz sowie im Mitteldeutschen Revier erst später Kraftwerke stillgelegt
werden.
Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser, der ebenfalls in der
Kohlekommission saß, sieht diese Entscheidung sehr kritisch. Tillich habe
sowohl als Ministerpräsident als auch als Co-Vorsitzender der
Kohlekommission Entscheidungen getroffen, von denen die Mibrag direkt
profitiere, sagte Kaiser der taz. „Wenn er jetzt nach kurzer Pause in den
Aufsichtsrat des Konzerns wechselt, sendet das ein fatales Signal von
Klientelpolitik als Drehtür zu lukrativen Wirtschaftsposten..“
## Forderung nach Karenzzeit
Auch Timo Lange von der Organisation Lobbycontrol warnt: „Durch den Wechsel
entsteht der Eindruck, hier ließe sich jemand seine kohlefreundliche
Haltung als Politiker versilbern.“ Dieses Vorgehen gefährde „die
gesellschaftliche Akzeptanz des Kohlekompromisses“, meint Lange. Er
forderte zudem, auch in Sachsen eine Karenzzeit für den Wechsel von
Regierungsmitgliedern in die Wirtschaft einzuführen. Im Bund und in einigen
anderen Bundesländern gelten dafür Fristen von 12 bis 24 Monaten. Tillich
war bis Dezember 2017 Ministerpräsident.
Die Mibrag begründete Tillichs Berufung damit, dieser genieße „neben seiner
hohen politischen Reputation auch den Ruf eines ausgewiesenen Fachmanns,
der sich als gebürtiger Sorbe und Lausitzer intensiv mit dem Thema Bergbau
auseinandersetzt“. Wie hoch die Vergütung für Tillichs neuen Posten ist,
wollte das Unternehmen auf taz-Anfrage nicht mitteilen. Laut
Geschäftsbericht erhalten die zwölf Mitglieder des Aufsichtsrats zusammen
211.000 Euro; in der Regel erhalten Vorsitzende eines Aufsichtsrats
deutlich mehr Geld als einfache Mitglieder.
Das Bundeswirtschaftsministerium, das für die Berufung der Mitglieder der
Kohlekommission hauptverantwortlich war, wollte Tillichs Wechsel auf
Anfrage nicht kommentieren. Eine Sprecherin verwies lediglich darauf, dass
die Tätigkeit der Kohlekommission im Februar geendet habe.
25 Sep 2019
## LINKS
[1] /Empfehlung-der-Kohlekommission/!5568296
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
## TAGS
Braunkohle
Stanislaw Tillich
Lobbyismus
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