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# taz.de -- Protest gegen Braunkohle: Britney und das Klimacamp
> Beim Klimacamp im Leipziger Land wird für den von der Braunkohle
> bedrohten Ort Pödelwitz geschwitzt. Und „Merle“ sitzt in U-Haft.
Bild: Hier wurde Merle festgenommen: Kohle-Gegner besetzen einen Bagger des Tag…
Neukieritzsch taz | Toxic. Die AktivistInnen des „[1][Klimacamps Leipziger
Land]“ führen am Samstag eine Choreografie von Britney Spears Hit vor dem
Braunkohlekraftwerk Lippendorf auf. Danach wird weiter zu Popmusik getanzt,
unterbrochen von kurzen Redebeiträgen. Die Tanzdemo war mit rund 500
AktivistInnen am Bahnhof Neukieritzsch gestartet. Motto: „Tanz und Schwitz
für Pödelwitz“. Die Menschen sind bunt, die Stimmung ist ausgelassen.
Während vor dem Kraftwerk getanzt wird, hat „Merle“ in der U-Haft wenig zu
lachen. Am vergangenen Montag um sechs Uhr hatte „Merle“ zusammen mit neun
weiteren Aktivistinnen einen [2][Tagebaubagger im benachbarten Schleenhain
besetzt]. Zwei Stunden später traf die Polizei ein und drohte mit Räumung.
Daraufhin stiegen zwei der Protestler freiwillig vom Bagger herunter.
Nach drei Durchsagen zur Auflösung der nicht genehmigten Versammlung wurden
um 12 Uhr die restlichen Menschen von #vereinigtgegenschleenhain unter
„Androhung von Gewalt und teils mit Schmerzgriffen“ von einen
Sondereinsatzkommando vom Bagger geholt und dann in die
Gefangenensammelstelle (GeSa) in Leipzig gebracht – so sagt es Besetzerin
Sophie. Dort seien sie dann fest gehalten worden, weil keiner der
Beteiligten seine Identität angegeben hatte.
Nachdem ein Amtsarzt durch Ansicht der Personen festgestellt hatte, dass
zumindest acht der zehn minderjährig seien, wurden sie gegen 23:30 Uhr zur
Jugendnothilfe überstellt und umgehend freigelassen. Bei der Ankündigung
der Einzeluntersuchung durch den Einsatzleiter der Polizei wurde
„allerdings der Eindruck erweckt, dass es sich um eine körperliche
Untersuchung handeln würde“, sagt Liam, einer der Aktivisten, der taz.
Ein Mensch habe daraufhin die Identität preisgegeben und wurde entlassen,
berichtet Liam weiter. Nach dem Haftprüfungstermin der beiden verbleibenden
Personen am Dienstagmittag wurde eine weiterer Aktivist nach Angabe seiner
Personalien freigelassen.
„Merle“ hingegen sitzt noch immer in U-Haft. Der Tatbestand:
Hausfriedensbruch. Im Rahmen der Ende-Gelände-Proteste sind hingegen in den
letzen Jahren mehrfach Urteile gesprochen worden, die Tagebaue als nicht
ausreichend umfriedet definieren, um diesen Tatbestand zu erfüllen.
Die zuständige Staatsanwältin aber sehe das anders, berichtet Liam. Sie hat
„vor zwei Monaten mit einem Kollegen eine Radtour rund um den Tagebau
unternommen und dabei festgestellt, dass die Umfriedung in Schleehain
absolut ausreichend ist“. Die nach eigenen Angaben autonome Kleingruppe von
Sophie und Liam, die mit Klarnamen anders heißen, findet das vollkommen
absurd. Sie fordert die sofortige Freilassung „Merles“ ([3][#freemerle]).
TeilnehmerInnen des Camps protestierten teilweise die ganze Nacht vor der
GeSa für „Merle“. Das Urteil der beiden über verschiedene Formen des
Protests ist folgendes: Das Camp fänden sie gut, Fridays for Future
gegenüber seien sie solidarisch, aber es muss „im Kampf für das Klima
unterschiedliche Ebenen und Wege geben“, betont Sophie und plädiert für
weitere Aktionen, die die Bevölkerung wachrütteln sollen.
## Kein Showdown in Pödelwitz
Wach sind auch die vielen hundert PolizistInnen bei „Tanz und Schwitz für
Pödelwitz“. „Sie warten hier auf ein Showdown, so wie letztes Jahr, als die
Eingänge zum Kraftwerk besetzt wurden. Aber den wird's hier heute nicht
geben“, sagt Thilo Kraneis von der Bürgerinitiative (BI)
„[4][ProPödelwitz]“. Und er ist sich sicher: „Die Familienväter und Mü…
in den blauen Uniformen sind lieber hier als bei irgendeinem
DFB-Pokalspiel.“
Jens Hauser von der BI kämpft seit 2009 gegen die Umsiedlung der vom
Tagebau Schleenhain bedrohten Einwohner von Pödelwitz. Die Mitteldeutsche
Braunkohlengesellschaft (MIBRAG) will das Dorf abbaggern – trotz des
beschlossenen Kohleausstiegs. Heute leben nur noch 27 von ehemals 120
Menschen dort.
Mit der Klimabewegung hatte Hausers Tun damals eher wenig zu tun. Dan
begann ein Prozess des Umdenkens: „Ich habe erst in den letzten Jahren die
globale Reichweite des Problems und des Protestes begriffen.“ Deshalb
setzte er sich dafür ein, dass das Klimacamp bereits 2018 in Pödelwitz
stattfand. Seitdem engagiert sich ein breites Bündnis für
„#Pödelwitzbleibt“. Währenddessen werden weitere Choreografien aufgeführ…
Mit einem breiten Lächeln im Gesicht sagt Hauser: „Tanzen vor dem
Kraftwerk, weil die Fossilen vorbei sind. Das ist ein Bild – Wahnsinn.“
12 Aug 2019
## LINKS
[1] https://www.klimacamp-leipzigerland.de/
[2] https://twitter.com/VereinigtS
[3] https://twitter.com/hashtag/freemerle
[4] ttps://twitter.com/hashtag/prop%C3%B6delwitz
## AUTOREN
Patrick Loewenstein
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