# taz.de -- Kohleausstiegsdemo in Sachsen: Leipzig als Vorbild | |
> Sofortiger Kohleausstieg statt Kompromiss: In Leipzig demonstrieren 1.500 | |
> Klimaschützer gegen die Empfehlung der Kohlekommission. | |
Bild: Will nicht länger warten: Demonstrantin in Leipzig | |
LEIPZIG taz | Auf dem Leipziger Augustusplatz vor der Universität steigen | |
aus dem turmartigen Notausgang der Tiefgarage dicke schwärzliche | |
Rauchwolken auf. Aktivisten in weißen Schutzanzügen an der Spitze des | |
herannahenden Demonstrationszuges halten sich die Nasen zu und torkeln. | |
Es ist die angekündigte „spektakuläre Aktion“ zum Abschluss einer | |
Demonstration „Hey KoKo – Kohleausstieg jetzt“ durch die Leipziger | |
Innenstadt. Die Polizei wird von dieser Art Performance offenbar überrascht | |
und nimmt zwei Akteure fest. Demonstranten umringen daraufhin die beiden | |
Mannschaftswagen. | |
Die von „Ende Gelände“ und einem lokalen Bündnis von Klimaschützer*innen | |
organisierte Demonstration reiht sich ein in eine Aktionswoche gegen den | |
vor einer Woche [1][erzielten Kohleausstiegskompromiss] der so genannten | |
Kohlekommission. Am Morgen hatten bereits etwa 150 Befürworter eines | |
schnelleren Abschieds von der Kohle das Rheinhafen-Dampfkraftwerk in | |
Karlsruhe blockiert. | |
In Leipzig folgten bis zu 1.500 Gegner der fortgesetzten Kohleverstromung | |
dem Aufruf. Über den Lautsprecherwagen wurden Passanten über die Absicht | |
der Demonstranten informiert. Der Kompromiss genügt ihnen nicht, sie | |
fordern den sofortigen Kohleausstieg. | |
„Wir sind viele, wir sind laut, weil man uns die Zukunft klaut“, rief der | |
Zug, in dem junge Leute und Familien dominierten. „Das Problem heißt | |
Kapitalismus“, skandierte die Spitze des Zuges. Redner verlangten, den | |
Energiekonzernen nicht noch „Milliarden hinterherzuwerfen“. Die Stadt | |
Leipzig, die ihre Energieversorgung mittelfristig von der Kohle unabhängig | |
machen will, wurde als vorbildlich hingestellt. | |
## „Kein Verlass mehr“ auf die Politik | |
Auf Kreuzen standen Namen von Orten, die nach wie vor von der Abbaggerung | |
für erweiterte Braunkohletagebaue bedroht sind. Das endgültige | |
Kohleausstiegsdatum 2038 sei ein „klimapolitisches Desaster“, sagte Jens | |
Hausner von der Bürgerinitiative zur Rettung [2][des Dorfes Pödelwitz im | |
Südraum Leipzigs]. | |
Dort fand im Sommer des vorigen Jahres ein Klimacamp statt. „Es geht nicht | |
zuerst um Arbeitsplätze, sondern um globale Klimagerechtigkeit“, rief | |
Hausner und appellierte an die Einsicht der Ministerpräsidenten der vier | |
Kohleländer. „Wir sind nicht Menschen zweiter Klasse“, fügte er hinzu. | |
Zu den Rednern zählte auch der ehemalige Landessprecher der sächsischen | |
Grünen, Jürgen Kasek. Er sei sprachlos, wenn dem mitteldeutschen | |
Energieversorger MIBRAG der Ausstieg immer noch zu schnell komme. Kasek | |
erinnerte an den Erfolg der damaligen DDR-Umweltschützer, die noch 1990 die | |
Abbaggerung der Gemeinde Cospuden im Süden Leipzigs verhindern konnten. | |
Heute sei leider auf die Politik „kein Verlass mehr“, für die zu | |
liqudierenden Dörfer gebe es auch im Kompromiss keine Sicherheiten. Im | |
Gespräch bestatigte Kasek, dass auch die Grünen in der Bewertung des | |
Abschlussberichtes gespalten seien. | |
Gespalten reagierten auch die Leipziger in der Einkaufszone. Einige | |
schlossen sich der Demonstration an. „Die sollen mal ihre Hirne | |
einschalten“, riefen andere, vorwiegend ältere Männer. Das seien doch alles | |
„junge Hüpfer“, die auf Windräder setzten, wo es doch zur Kohle keine | |
Alternative gebe. „Wascht Euch erst mal“, wurde sogar gehetzt. | |
2 Feb 2019 | |
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## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
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