# taz.de -- Apfelernte in Brandenburg: Die Apfelernte fällt mies aus | |
> Nachtfrost im April schmälert den Ertrag erheblich. Aber es werden auch | |
> immer weniger Äpfel in Brandenburg angebaut. Bitte mehr Streuobstwiesen! | |
Bild: Obstbauer Horst Sigeris hat in diesem Jahr bei den Äpfeln einen Ausfall … | |
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Aber in diesem Jahr fällt er | |
bedeutend weniger, jedenfalls in Brandenburg. Seit zwei Frostnächten im | |
April war abzusehen, dass die Apfelernte 2019 in der Mark eine der | |
schlechtesten seit Langem sein wird. Eisige Temperaturen von bis zu sieben | |
Grad minus waren für die Blütenstände zu viel, die Fruchtreife fiel aus. | |
Den Wetterkapriolen sind vor allem die Kleinbauern hilflos ausgeliefert. | |
Berufsrisiko eben. „Ich haben in diesem Jahr bei den Äpfeln einen Ausfall | |
von 90 bis 95 Prozent“, berichtet Obstbauer Horst Sigeris aus Glindow, das | |
zum traditionellen Anbaugebiet in Werder vor den Toren Berlins zählt. Glück | |
im Unglück: Aprikosen und Birnen, die einige Tage früher oder später | |
blühten, bringen normale Ernten. | |
Die Schadensgebiete für den Apfel verteilen sich unterschiedlich. In der | |
Summe geht das Potsdamer Landwirtschaftsministerium davon aus, dass in 2019 | |
die Erntemenge bei rund 15.000 Tonnen liegt, auf einer Anbaufläche von 901 | |
Hektar. Im Vorjahr wurden noch doppelt so viele Äpfel, genau 28.928 Tonnen, | |
in Brandenburg gepflückt. | |
## Der schwere Stand des Apfels | |
Als im vergangenen Monat in den Hallen des Terra Naturkost-Großhandel | |
60.000 Bio-Brotboxen für die Erstklässler in Berlin und Brandenburg gepackt | |
wurden, da durfte im gesunden Frühstück auch ein knackiger roter Apfel | |
nicht fehlen. Während das Biobrot vom Märkischen Landbrot beigesteuert | |
wurde, hatten die Äpfel einen weiteren Weg hinter sich: Sie kamen aus dem | |
Alten Land vor Hamburg. „Brandenburg kann für diese Aktion nicht genügend | |
Äpfel liefern“, begründeten die Veranstalter die Ausnahme von der | |
Regional-Regel. | |
Ein Blick in die amtliche Statistik erhellt den Hintergrund. Wurden 1990 in | |
Brandenburg noch Äpfel auf einer Fläche von 10.652 Hektar angebaut, so | |
waren es 2010 nur noch 1.197 Hektar und 2016 lediglich 809 Hektar. Die | |
Lieblingsfrucht der Deutschen hat in der Mark Brandenburg einen schweren | |
Stand. Auch die Zahl der Anbaubetriebe ging zurück. Von 115 im Jahr 2002 | |
blieben 2017 nur noch 88 Brandenburger Obstbaubetriebe übrig. | |
„Wir befinden uns in der Umstrukturierungsphase“, erklärt der | |
Gartenbauingenieur Thomas Bröcker die Entwicklung. „Viele Betriebsinhaber | |
hören aus Altersgründen auf und finden keine Nachfolger für ihre Höfe.“ | |
Auch die Direktvermarktung in den Städten sei „in den letzten Jahren | |
merklich schwieriger geworden“. | |
Der Lebensmitteleinzelhandel dominiere stärker denn je den Markt. Und die | |
Supermärkte stellen vor allem Standardware ins Regal: Elstar, Boskoop, | |
Jonagold und Gala Royal sind hier die am häufigsten georderten und | |
verkauften Apfelsorten. Teilweise deckt sich das mit dem Angebot aus der | |
Region, wo Jonagold, Idared und Pinova und Elstar die häufigsten Sorten | |
sind. | |
## Streuobstwiesen: Hort der Artenvielfalt | |
Probleme bereitet neben dem Nachtfrost, wenn er kurzfristig zuschlägt, auch | |
der langfristige Klimawandel. „Insgesamt stellen wir fest, dass | |
katastrophale Wettereignisse wie Hagelstürme oder Perioden extremer | |
Trockenheit häufiger auftreten als noch vor 10, 20 Jahren“, berichtet | |
Bröcker. „Statt einmal in zehn Jahren kommen sie mittlerweile fünfmal in | |
zehn Jahren vor.“ Sein Wunsch: „Wir Obstbauern brauchen unbedingt ein paar | |
gute Jahre in Folge und wünschen uns, dass die Brandenburger fleißig | |
brandenburgische Äpfel essen.“ Natürlich sollten auch die Berliner in den | |
hoffentlich nicht sauren Apfel beißen. | |
Der Weg dahin führt auch über eine neue Wertschätzung der Äpfel und der | |
anderen Kernobstsorten. Daran arbeitet seit dem vorigen Jahr die | |
„Brandenburger Kompetenzstelle Streuobstwiesen“, die vom | |
Landwirtschaftsministerium gefördert und von der Hochschule für nachhaltige | |
Entwicklung Eberswalde (HNEE) fachlich begleitet wird. Streuobstwiesen | |
gelten als Hort der Artenvielfalt, sowohl bei den Obstsorten wie bei den | |
Insekten, die sich von ihnen ernähren. | |
Um die Früchte im Herbst einzusammeln und zu Obst-Mostereien zu bringen, | |
werden neuerdings auch freiwillige Helfer eingesetzt. Koordiniert wird die | |
Aktion über eine Webseite vom Verein „Äpfel & Konsorten“. Auf den rund | |
2.000 Hektar Streuobstwiesen in Brandenburg seien derzeit knapp 90 | |
Erntehelfer im Einsatz, berichtet Vereinssprecher Oliver Exner. Allerdings | |
ist bei den Äpfeln nicht so viel zu tun. „Die Ernte ist relativ gering“, | |
haben die Streuobst-Freunde festgestellt. | |
19 Sep 2019 | |
## AUTOREN | |
Manfred Ronzheimer | |
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