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# taz.de -- Gutachten Enteignungs-Volksbegehren: Enteignung zum Schnäppchenpre…
> Bei einer Enteignung der Wohnungskonzerne muss nicht der Verkehrswert
> gezahlt werden. Auch das Interesse der Allgemeinheit ist zu
> berücksichtigen.
Bild: Wer spekuliert muss mit bösen Geistern rechnen
Berlin taz | Als „sehr pfiffig“ bewertet Joachim Wieland das Modell, das
sich die Initiative Deutsche Wohnen und Co. enteignen erdacht hat. Der
Rechtsprofessor der Universität Speyer hat deutlich mehr zu dem
Enteignungsbegehren zu sagen, doch in dieser Anerkennung für die
Mietenaktivisten bringt er es auf den Punkt. In einem Gutachten, das die
Linksfraktionen aus Bundestag und Abgeordnetenhaus bei ihm in Auftrag
gegeben haben, kommt Wieland zu dem Schluss: Die Enteignung der privaten
Wohnungskonzerne mit mehr als 3.000 Wohnungen durch das Land Berlin ist
rechtlich zulässig.
Das hatte vergangene Woche auch der [1][Wissenschaftliche Dienst des
Abgeordnetenhauses gesagt]. Wielands Studie hat aber eine Überraschung
parat: Demnach könnte die Vergesellschaftung deutlich günstiger werden als
bislang angenommen.
Seit 25 Jahren beschäftigt sich Wieland, so sagt er es am Mittwoch bei der
Vorstellung seines Gutachtens, mit dem Artikel 15 des Grundgesetzes, der
die Vergesellschaftung unter anderem von Grund und Boden regelt. „Als
„reine Rechtstheorie“ habe er das verstanden, nun aber freue er sich, dass
der Artikel erstmals „praktische Bedeutung bekommt“. Die Vergesellschaftung
ist für Wieland ein „Prüfstand“, ob die Marktwirtschaft wirklich sozial
sei. Mit der Einführung des Sozialismus habe sie nichts zu tun, „auch wenn
das Grundgesetz das zulassen würde“.
Weil der Bund vom Artikel 15 bislang keinen Gebrauch gemacht habe, stehe
der Überführung in Gemeineigentum durch das Land Berlin nichts im Wege.
„Ein milderes Mittel zur Erreichung der Vergesellschaftung ist nicht
ersichtlich“, heißt es in dem Gutachten. Zumutbar für die Betroffenen wird
der Akt durch die zwingend zu erfolgende Entschädigung.
## Unter dem Verkehrswert
Diese müsse nicht nach dem aktuellen Verkehrswert erfolgen, so Wieland. In
seiner Studie zitiert er das Bundesverfassungsgericht. Demnach sei „eine
‚starre, allein auf den Marktwert orientierte Entschädigung‘ dem
Grundgesetz fremd“. Vielmehr müsse die Höhe der Entschädigung ein
Interessenausgleich zwischen Eigentümern und der Allgemeinheit sein. Diese
Abwägung obliegt dem Senat im Enteignungsgesetz.
Den Verkehrswert gab dieser bislang mit bis zu 36 Milliarden Euro an. Darin
enthalten sind die spekulativen Preissteigerungen der vergangenen Jahre,
denen „keine eigenständige Leistung der Wohnungsunternehmen zugrunde
liegt“, wie Wieland sagt. Eine Entschädigungssumme könne sich vielmehr an
dem Wert der Wohnungen vor einigen Jahren orientieren. Auch die ab 2020
geltende Schuldenbremse sei für das Vorhaben kein Problem, denn die zu
gründende Anstalt öffentlichen Rechts ist dieser nicht unterworfen.
Linksfraktionschef Udo Wolf nannte die Studie „wichtig für den
Meinungsbildungsprozess der Koalitionspartner“. Die Linke hat unterdessen
bei den Grundbuchämtern das Eigentum der Deutsche Wohnen abgefragt. Einzig
das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg habe sich geweigert, die Daten
herauszugeben. Dagegen werde nun geklagt. Michal Prütz von [2][Deutsche
Wohnen und Co. enteignen] sprach auf Twitter von einem „Bomben-Gutachten“.
11 Sep 2019
## LINKS
[1] /Enteignung-von-Wohnungskonzernen/!5620766
[2] /Deutsche-Wohnen-und-Co-enteignen/!t5562213
## AUTOREN
Erik Peter
## TAGS
Die Linke Berlin
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