# taz.de -- Neue Fraktionsspitze der Grünen: Özdemir will’s wissen | |
> Kirsten Kappert-Gonther und Cem Özdemir wollen die neue | |
> Grünen-Fraktionsspitze werden. Dabei spielt ihnen einiges in die Hände. | |
Bild: Spitzenduo? Kirsten Kappert-Gonther und Cem Özdemir | |
Am Samstag haben Cem Özdemir und Kirsten Kappert-Gonther ihre Bewerbung | |
abgeschickt. An alle Abgeordneten der Grünen-Fraktion ging das zweiseitige | |
Schreiben. Darin kündigen die beiden an, am 24. September für die | |
Fraktionsführung zu kandidieren und damit Katrin Göring-Eckardt (KGE) und | |
Anton Hofreiter herauszufordern. | |
„Liebe Freundinnen und Freunde“, heißt es in dem Brief. „Wir treten | |
gemeinsam als Team an, weil wir uns schätzen und ergänzen. Unsere | |
unterschiedlichen Erfahrungen aus einem rot-grün-rot regierten Stadtstaat | |
und einem grün-schwarz regierten Flächenstaat bringen wir gemeinsam ein.“ | |
Beide Parteiflügel bedienen – das kleine Einmaleins der Grünen haben die | |
KandidatInnen drauf. | |
Zumindest im Fall von Cem Özdemir ist das auch kein Wunder. Fast ein | |
Jahrzehnt, bis 2018, war er Parteichef. Zur Bundestagswahl 2017 trat er als | |
Spitzenkandidat an. Seitdem spielt er aber nur noch in der zweiten Reihe | |
und leitet den Verkehrsausschuss im Bundestag. | |
Dass ihm das auf Dauer nicht reicht, ist bekannt. Erst im Juni [1][sagte er | |
im taz-Interview], dass er im Fall einer Regierungsbeteiligung als Minister | |
zur Verfügung stünde. Auch als Ministerpräsident in Baden-Württemberg ist | |
er immer wieder im Gespräch. Ob und wann aus diesen Posten etwas wird, ist | |
aber schwer planbar. Und sollten irgendwann tatsächlich Jobs zu vergeben | |
sein, hat ein Fraktionschef bessere Chancen als ein Ausschussvorsitzender. | |
So gesehen ist die Kandidatur bei den turnusmäßigen Fraktionswahlen | |
sinnvoll. | |
Da die Grünen Wert auf die Parität von Geschlechtern und Parteiflügeln | |
legen, überrascht es auch nicht, dass Özdemir ein Tandem mit einer linken | |
Frau bildet. Prominente Abgeordnete wie Agnieszka Brugger oder Katja Dörner | |
wollte oder konnte er aber offenbar nicht überzeugen. Kappert-Gonther hat | |
lange Zeit Landespolitik in Bremen gemacht und sitzt erst seit 2017 im | |
Bundestag. Dort arbeitet sie im Gesundheitsausschuss, unter anderem mit den | |
Schwerpunkten Drogenpolitik und Frauengesundheit. Sie gilt als kompetente | |
Fachpolitikerin, höhere Ambitionen waren bisher aber nicht bekannt. | |
Ob das Duo dennoch Chancen hat, die Abstimmung in zwei Wochen zu gewinnen? | |
Mit Göring-Eckardt und Hofreiter sind viele Abgeordnete unzufrieden. Ihre | |
Strahlkraft nach außen ist gering, intern gibt es zudem Beschwerden über | |
den Führungsstil. Anders als früher ist die Fraktion auch nicht mehr auf | |
Augenhöhe mit der Partei: Gegen die Popularität der Parteichefs Baerbock | |
und Habeck kommen die beiden nicht an. | |
Allerdings hat Özdemir in der Fraktion auch nicht viele Anhänger. Als | |
überzeugter Realo polarisiert er. In seiner Zeit als Parteichef wirkte er | |
außerdem nicht sehr integrativ. | |
Sogar aus Reihen der Realos heißt es daher, dass das KandidatInnenduo | |
momentan wohl keine Mehrheit hätte. Bis zur Wahl könne sich aber noch eine | |
Dynamik entwickeln. Die Kandidatur könne zum Ventil für die latente | |
Unzufriedenheit werden. Und vielleicht sei ja auch ein ungewöhnlicher | |
Wahlausgang denkbar, munkelt ein Abgeordneter: Die Fraktionsregeln sehen | |
vor, dass über die KandidatInnen einzeln abgestimmt wird. Die Flügelparität | |
sei nicht festgeschrieben. Möglich sei also auch ein Realo-Duo an der | |
Spitze: Özdemir und KGE. | |
8 Sep 2019 | |
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[1] /Gruene-und-Bundeswehr/!5601987 | |
## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
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