| # taz.de -- Kongolesische Kunst in Berlin: Die Ahnen heraufbeschwören | |
| > Die Ausstellung „Yambi – Our House is your House“ in der Acud Galerie in | |
| > Mitte zeigt Kontraste und Gemeinsamkeiten zwischen Kinshasa und Berlin. | |
| Bild: Viele einzelne Geschichten: In der Acud-Galerie trifft zurzeit der Kongo … | |
| Melodische Klänge durchdringen die Ruhe in der Acud Galerie. Nebel steigt | |
| auf, der Gesang wird lauter. Jeannette Banwata Mansanga Beki interpretiert | |
| Gesänge der Ngunza, einer traditionellen Guru-Gemeinschaft. Sie schließt | |
| die Augen, wirkt wie in Trance. Ihre Stimme füllt den Raum, obwohl sie nur | |
| auf einem Bildschirm anwesend ist. | |
| Sechs Künstler*innen aus Kinshasa und Berlin haben in den vergangenen drei | |
| Wochen gemeinsam an der [1][Ausstellung „Yambi – Our House is your House“] | |
| gearbeitet, die am Freitag eröffnet worden ist. Elemente aus Musik, Film, | |
| Fotografie und bildender Kunst sind dabei entstanden. Sie zeigen Kontraste | |
| und Gemeinsamkeiten zwischen Berlin und dem kongolesischen Kinshasa. Dabei | |
| erzählt jedes Element eine Geschichte. | |
| In der Zeit, als Belgien die Kolonialmacht im Kongo war, wurden | |
| traditionelle Gurus und Heiler*innen wie die Familie Bekis verfolgt. In | |
| einem Video wird sie von ihrem Enkel Wilfried Luzele Vuvu interviewt, der | |
| die Familientradition fortführt und in seiner Rolle als Ngunza-Guru bei | |
| musikalischen Darbietungen die Ahnen heraufbeschwört. So auch bei der | |
| Eröffnungsshow. Mit rotem Umhang und Zepter singt er sich in Trance. Auf | |
| moderne Rumba-Rhythmen legt er die traditionellen Gesänge, die er von | |
| seiner Oma gelernt hat. Sie sind schrill und gleichzeitig euphorisch. | |
| Fußspuren auf dem Boden des Ausstellungsraums deuten den Weg. Sie sind | |
| flankiert von kleinen Bong-Skulpturen des Berliner Künstlers Matti Schulz. | |
| Am Ende der Spuren steht eine Holzinstallation von Orakle Ngoy. Sie ist | |
| angelehnt an der Wand und macht einen wackeligen Eindruck. Zugleich wirkt | |
| sie wie eine harte Grenze. Denn die Fußspuren laufen direkt auf die Wand | |
| zu. Die Installation zeigt den oft empfindlichen Übergang zwischen Grenzen | |
| und Freiheit. Mit der Nebelmaschine, die Teil der Installation ist, wird | |
| der Übergang noch trüber. | |
| In Kinshasa treffen Tradition und Moderne aufeinander | |
| Im Raum hängen Folk-Kostüme und eine Regenjacke aus recycelten Wassertüten | |
| zusammen an einer Kleiderstange. Das Material kommt von der Straße. Die | |
| Kreationen von Chris Shongo symbolisieren Vergangenheit und Zukunft. Denn | |
| Kinshasa ist eine der am schnellsten wachsenden Metropolen der Welt. | |
| Tradition und Moderne treffen dort aufeinander. | |
| Im Nebenraum ist das Heute zu sehen, kongolesische Popkultur. Eine Ecke des | |
| Raums ist regelrecht tapeziert mit Postern. Sie zeigen die Hoffnungen und | |
| Träume der Kongoles*innen. Erfolgreiche Fußballer und Rapper*innen aus | |
| ganz Afrika sind vertreten. Die Poster wirken wie Heiligenbilder. Andere | |
| zeigen schnelle Autos und große Häuser mit viel Prunk und Kitsch. Im | |
| Mittelpunkt dieser Szenen stehen Macht, Reichtum und Geld. | |
| Direkt gegenüber zeigen Fotografien von Chris Shongo den Alltag in | |
| Kinshasa: bunt angezogene Straßenkünstler*innen und gelbe Kleinbusse. Aber | |
| vor allem: viele Menschen und wenig Raum. Die Fotografien zeugen von der | |
| urbanen Geschwindigkeit, die Kinshasa und Berlin eint. | |
| Dass jene Geschwindigkeit der globalisierten Welt zum Problem werden kann, | |
| symbolisiert eine Skulptur von Lucile de Witte: eine Weltkugel, die von | |
| zwei Händen getragen wird. Dabei sind Weltkugel und Hände trennbar. Vorbild | |
| war eine größere Installation in Kinshasa, die ein Kleinbus zerstört hat. | |
| Sie steht für die Empfindlichkeit des Friedens, für die Vergänglichkeit des | |
| Jetzt. Mitten im Raum wirkt sie wie eine Mahnung. Sie ist zugleich ein | |
| Aufruf, sich die Hände zu reichen. | |
| 4 Sep 2019 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Kongolesische-Strassenkunst-in-Berlin/!5617604 | |
| ## AUTOREN | |
| Gabriel Rinaldi | |
| ## TAGS | |
| Kunst Berlin | |
| Politische Kunst | |
| Ausstellung | |
| Kinshasa | |
| Kongo | |
| Afrika | |
| Kunst | |
| Mode | |
| Kunst Berlin | |
| Belgien | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Afrikanische DesignerInnen in Berlin: Modische Zuversicht | |
| Das Berliner Kunstgewerbemuseum übt sich mit „Connecting Afro Futures. | |
| Fashion. Hair. Design“ in Zeitgenossenschaft. | |
| Kongolesische Straßenkunst in Berlin: Freundliche Übernahme aus Kinshasa | |
| Im Kunsthaus Acud arbeiten deutsche und kongolesische Künstler*innen | |
| zusammen, um die Straßenkunst des Kongos nach Berlin zu bringen. | |
| Kongo-Kunst im Brüsseler Afrikamuseum: Leopold wohnt jetzt im Keller | |
| Das Brüsseler Afrikamuseum glorifizierte einst die belgische | |
| Kongo-Kolonialherrschaft. Nun soll es den Kongo feiern. Wie kann das | |
| gelingen? |