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# taz.de -- „Blaue Partei“ in Sachsenwahl chancenlos: Frauke Petrys letzter…
> Die ehemalige AfD-Chefin wird mit ihrer neuen rechten Partei wohl kaum in
> Sachsens Landtag einziehen. Das Ende einer schillernden Politkarriere?
Bild: Anständig wird Frauke Petry vermutlich vor allem verlieren
Pirna taz | Es ist noch nicht lange her, da wurde sie von AnhängerInnen als
erste mögliche Kanzlerin der AfD gehandelt, GegnerInnen sahen in ihr eine
Gefahr für die Demokratie. Wenn [1][Frauke Petry] öffentlich auftrat,
bildeten sich schnell Trauben von Menschen um sie und GegendemonstrantInnen
waren nicht weit. An diesem Mittwochvormittag Mitte August nun steht die
44-Jährige im sächsischen Pirna auf dem Marktplatz und kaum jemand
interessiert sich für sie.
[2][Die „Blaue Partei“, die Petry nach ihrem Ausstieg aus der AfD gegründet
hat], hat an einer Ecke des Markts einen Stand aufgebaut, nebenan werden
Blumen verkauft. „Konservativ. Aber anständig“ steht groß auf dem Plakat,
das mit einer lächelnden Petry wirbt. Und klein: „Make Sachsen scheen
again!“ Nur sehr vereinzelt kommen Leute an den Stand, fast alle von ihnen
stellen irgendwann diese eine Frage: Was das denn solle mit der neuen
Partei?
Petry, Jeans, weißes T-Shirt, blaues Jackett, erklärt es stets mit der
gleichen Formel und wirkt dabei doch offen und zugewandt. „Die CDU ist
nicht mehr konservativ, die AfD nicht mehr anständig“, sagt sie. Und dass
es deshalb gerade in Sachsen Bedarf für ihre Partei gebe. 2017 hat Petry
bei der Bundestagswahl hier noch [3][für die AfD das Direktmandat geholt].
Bei der Landtagswahl am kommenden Sonntag dürfte die AfD wieder stark
abschneiden. Die Zustimmung zu Petrys „Blauen“ aber ist so gering, dass die
Partei bei Umfragen in der Rubrik „Sonstige“ nicht einmal einzeln
aufgeführt wird. Es ist ein aussichtsloser Kampf, den Petry da führt. Dabei
hatte sie eine neue Bewegung im Sinn, als Vorbild dafür hat sie einmal
[4][Emmanuel Macrons La République en Marche] angeführt.
## Chancenlos in der Heimat
In einer Pause beim Wahlkampf in Pirna sitzt Petry im Büro der „Blauen“
unweit vom Markt. Das Jackett hat sie abgelegt und nun die drei Monate alte
Tochter im Arm, sie stillt. Es ist ein Bild, das man aus dem
Bundestagswahlkampf kennt. Damals war ihr fünftes leibliches Kind immer
dabei, ihr erstes mit dem Ex-AfD-Politiker Marcus Pretzell. Dieses Bild ist
Teil der Marke Frauke Petry geworden.
Frau Petry, warum tun Sie sich diesen aussichtslosen Kampf an? „Wir haben
immer gesagt, wir treten in Sachsen an, weil wir hier zu Hause sind und
weil es nötig ist“, antwortet Petry. Sie sei von Natur aus Optimistin. „In
den Umfragen tauchen wir nicht auf, aber das Potenzial ist da.“
Petry ist in Sachsen geboren und aufgewachsen, kurz nach der Wende siedelte
die Familie nach NRW über. Es folgten Einser-Abitur, Chemiestudium samt
Promotion, erste Ehe mit vier Kindern, Umzug in die Nähe von Leipzig. Petry
gründete ein Unternehmen und ging damit pleite. Dann machte sie Karriere
in der AfD.
Anfangs galt sie als das nette, ostdeutsche Gesicht an der Seite von Bernd
Lucke. Doch Petry ist ehrgeizig, diszipliniert und kann auch hart gegen
sich selbst sein, manche nennen sie „machtgeil“ und „verbissen“. So st�…
sie im Sommer 2015 Bernd Lucke von der Spitze der AfD und ließ sich mit den
Stimmen des radikal rechten „Flügels“ um Björn Höcke an seine Stelle
wählen. Doch als sie zunehmend im Alleingang agierte und sich außerdem
gegen Höcke stellte, zerbröckelte ihre Macht.
## Versuch eines Kurswechsels
Ihren letzten richtig großen Auftritt hatte Petry einen Tag nach der
Bundestagswahl. Da verkündete die AfD-Chefin vor der versammelten
Hauptstadtpresse und im Beisein der restlichen AfD-Spitze, dass sie der
AfD-Fraktion nicht angehören werde, weil die Partei zu sehr nach rechts
gerückt sei. Als hätte sie daran nicht fleißig mitgewirkt. Doch anders, als
sie hoffte, blieb die Spaltung der AfD aus.
Im sächsischen Landtag, wo Petry seit 2014 sitzt, folgten ihr vier
Abgeordnete, im Bundestag ging nur einer mit. „Das Verhalten der Gemäßigten
in der AfD ist das gleiche wie das der Mitläufer in der NSDAP“, sagt sie
heute. „Am Ende trägt man den Kurs des Restes mit.“
Im Rampenlicht stand Petry noch einmal im Dresdner Landgericht, ungewollt.
Sie war wegen des Verdachts angeklagt, im Wahlprüfungsausschuss des
Landtags einen Meineid geleistet zu haben. Selbst die Staatsanwaltschaft
rückte irgendwann von diesem Vorwurf ab. An einem Prozesstag aber wurde sie
nach ihrem persönlichen Werdegang befragt. Und die stets so diszipliniert
wirkende Frau weinte. „Das alles war ein wahnsinniger Kraftakt“, sagt Petry
dazu Monate später in ihrem Pirnaer Büro. „Ich war in den ganzen Monaten im
emotionalen Ausnahmezustand.“ Früher hätte sie so etwas nicht gesagt, auf
keinen Fall aber die Zitate später freigegeben.
Zuletzt versuchte Petry, mit den Freien Wählern in Sachsen ins Geschäft zu
kommen, die zumindest eine Chance haben, die Fünfprozenthürde zu
überspringen. „Es gab die Idee, sich zusammenzutun, wir haben Frau Hermenau
die Spitzenposition angeboten.“ Antje Hermau, die nach rechts gerutschte
Ex-Grüne, habe aber abgelehnt.
Nach der Sachsenwahl dürfte es mit Petrys neuer Partei also zu Ende gehen.
„Wenn wir die Fünfprozenthürde nicht schaffen, dann war’s das“, hatte s…
vor Monaten dem WDR gesagt. Wiederholen will sie das so kurz vor der Wahl
nicht. „Was nach dem 1. September kommt, darüber rede ich dann“, sagt sie.
Schon vorstellbar, dass Petry, ohne Zweifel eine Frau mit politischem
Talent, noch einmal woanders auftaucht.
26 Aug 2019
## LINKS
[1] /Frauke-Petry/!t5008269
[2] /Die-Blaue-Wende-in-Sachsen/!5465372
[3] /AfD-Fraktion-konstituiert-sich/!5450306
[4] /La-Republique-en-Marche-in-der-EU/!5496850
## AUTOREN
Sabine am Orde
## TAGS
AfD Sachsen
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