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# taz.de -- Bekämpfung von Unternehmenskriminalität: Kriminelle Konzerne soll…
> Geldsanktionen sollen künftig auch Unternehmen treffen, plant
> Justizministerin Lambrecht. Bisher können nur Manager und Mitarbeiter
> belangt werden.
Bild: Lambrecht betont, das Gesetz sei „im Interesse der Wirtschaft“
Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) plant ein Gesetz zur Bekämpfung
von Unternehmenskriminalität. Künftig sollen Unternehmen mit
„Geldsanktionen“ bis zu 10 Prozent des Jahresumsatzes belegt werden können.
Das sieht ein Gesetzentwurf vor, der der taz vorliegt.
Anders als in den meisten europäischen Nachbarländern ist das Strafrecht in
Deutschland auf individuelle Menschen ausgerichtet. Nur sie können Schuld
auf sich laden, deshalb können Gerichte auch nur gegen konkrete Manager und
Mitarbeiter Geld- oder Freiheitsstrafen verhängen. Ein Strafrecht für
Unternehmen ist in Deutschland durch die Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts ausgeschlossen.
Bei Unternehmen und anderen juristischen Personen ist bisher nur die
Abschöpfung illegaler Gewinne möglich sowie die Verhängung von Bußgeldern
nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz – maximal 10 Millionen Euro. Für
Großkonzerne ist das lächerlich gering. Dabei ist es doch oft das
Unternehmen, das von Straftaten der Mitarbeiter profitiert und diese duldet
oder gar fördert.
Das will Lambrecht in ihrem neuen Gesetz ändern. Künftig sollen Unternehmen
bis zu 10 Prozent ihres Umsatzes als Geldsanktion bezahlen, wenn eine
„Leitungsperson“, so der Entwurf, eine vorsätzliche Straftat begeht. Bei
Fahrlässigkeit ist die Obergrenze 5 Prozent.
## „Der Ehrliche darf nicht der Dumme sein“
Der Jahresumsatz von VW lag 2018 bei 235 Milliarden Euro. Die höchste
Geldsanktion wäre damit 23,5 Milliarden Euro. Es geht der Ministerin also
nicht um neue Delikte, sondern um neue Sanktionen für bekannte Delikte wie
Betrug, Verkauf verdorbener Lebensmittel oder Umweltstraftaten.
Neben Straftaten von Leitungsperson muss sich das Unternehmen auch für
Delikte sonstiger Mitarbeiter verantworten – wenn die Leitung diese durch
gute Organisation und Aufsicht (Compliance) hätte verhindern können.
Sanktionen können, so der Entwurf, auch „unter Vorbehalt“ verhängt werden,
etwa wenn das Unternehmen verspricht, strenge Compliance-Regeln
einzuführen. Sanktionen können außerdem reduziert werden, wenn das
Unternehmen „interne“ Untersuchungen anstellt und dabei mit der
Staatsanwaltschaft kooperiert. Im Extremfall kann ein Unternehmen auch
aufgelöst werden, wenn die Gefahr besteht, dass im Rahmen des Unternehmens
weiterhin erhebliche Straftaten begangen werden.
Lambrecht betonte, das Gesetz sei ein Gesetz „im Interesse der Wirtschaft“.
Sie gehe davon aus, dass sich fast alle Unternehmen an die Gesetze halten.
Die ehrlichen Unternehmen sollten deshalb keine Nachteile haben, wenn sich
Konkurrenten zum Beispiel durch Korruption illegale Vorteile sichern. „Der
Ehrliche darf nicht der Dumme sein“, sagte sie bei der Vorstellung des
Gesetzentwurfs.
Der stellvertretende CSU-Landesgruppenvorsitzende Hans Michelbach
kritisierte die Pläne dennoch als „Generalangriff auf die Unternehmen“. Er
wertete das geplante Gesetz als „Anreizprogramm für
Investitionsverlagerungen“. Lambrecht geht aber davon aus, dass die Union
das Gesetz letztlich mitträgt. Schließlich stehe das Vorhaben detailliert
im Koalitionsvertrag, den sie nur „eins zu eins“ umgesetzt habe.
23 Aug 2019
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Christine Lambrecht
Justizministerium
Unternehmenskriminalität
Tagebau
Wahlkampf
Dieselskandal
Sommerserie
Volkswagen
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