# taz.de -- Dieselaffäre bei VW-Tochter Audi: Ex-Chef Stadler soll vor Gericht | |
> Vor vier Jahren flog der Dieselskandal bei Audi auf. Jetzt will die | |
> Münchner Staatsanwaltschaft dem damaligen Chef Rupert Stadler den Prozess | |
> machen. | |
Bild: Hat eine persönliche Mitwisserschaft oder gar Beteiligung stets bestritt… | |
MÜNCHEN dpa | Der ehemalige Audi-Vorstandschef Rupert Stadler ist von der | |
Münchner Staatsanwaltschaft unter anderem wegen Betrugs in der Dieselaffäre | |
angeklagt worden. Das teilte die Ermittlungsbehörde am Mittwoch mit. | |
Stadler soll Dieselautos mit manipulierter Abgasreinigung wissentlich in | |
den Verkehr gebracht haben. | |
Die Staatsanwaltschaft München II legt Stadler und drei weiteren | |
Angeklagten „Betrug, mittelbare Falschbeurkundung sowie strafbare Werbung“ | |
zur Last. Die drei anderen Beschuldigten sollen Motoren für Fahrzeuge der | |
Marken Audi, VW und Porsche entwickelt haben, deren Steuerung mit einer | |
unzulässigen Softwarefunktion ausgestattet gewesen sei. | |
Dem 56-jährigen Stadler wirft die Behörde vor, „spätestens ab Ende | |
September 2015 von den Manipulationen Kenntnis gehabt und gleichwohl weiter | |
den Absatz von betroffenen Fahrzeugen der Marken Audi und VW veranlasst | |
bzw. den Absatz nicht verhindert zu haben“. Ob es wirklich zu einem Prozess | |
kommt, hängt vom Landgericht München II ab, das entscheidet, ob es die | |
Anklage zulässt. | |
Die VW-Tochter Audi betonte, dass die Anklage gegen drei ehemalige und | |
einen aktiven Mitarbeiter getrennt von dem Verfahren gegen die Audi AG zu | |
sehen sei, das im Oktober 2018 mit einem Bußgeldbescheid [1][in Höhe von | |
800 Millionen Euro] abgeschlossen wurde. Für alle Beschudligten gelte | |
zunächst die Unschuldsvermutung. „Gleichzeitig liegt es im Interesse der | |
Mitarbeiter, der Anteilseigner und des ganzen Unternehmens, die | |
Sachverhalte, die zur Dieselkrise geführt haben, juristisch restlos | |
aufzuklären.“ Audi kooperiere mit den Ermittlern. | |
Die Anklage umfasst den Angaben zufolge 250.712 Fahrzeuge von Audi, 71.577 | |
Fahrzeuge von VW und 112.131 Fahrzeuge von Porsche. „Die Fahrzeuge sind | |
insbesondere auf dem US-amerikanischen und europäischen Markt veräußert | |
worden“, hieß es in der Mitteilung der Staatsanwaltschaft. | |
## Beschwerde gegen Kontaktverbot abgewiesen | |
Stadler hatte eine persönliche Mitwisserschaft oder gar Beteiligung an | |
Diesel-Manipulationen stets bestritten. Die Ermittler hatten bei Razzien in | |
der Audi-Zentrale in Ingolstadt und im Werk Neckarsulm Material | |
sichergestellt, sein Privathaus in Ingolstadt durchsucht und sein Telefon | |
abgehört. | |
Wegen Verdunklungsgefahr war er Mitte Juni 2018 als Vorstandschef verhaftet | |
worden und hatte bis Ende Oktober vier Monate lang in Augsburg in | |
Untersuchungshaft gesessen. [2][Nach Aufgabe seiner Ämter als Audi-Chef und | |
VW-Konzernvorstand] und der Ernennung von Bram Schot zu seinem Nachfolger | |
war Stadler Ende Oktober unter Auflagen aus der U-Haft entlassen worden. | |
Die Verfassungsbeschwerde des 56-Jährigen gegen ein umfassendes | |
Kontaktverbot hatte das Bundesverfassungsgericht im April abgewiesen. Das | |
Landgericht München muss jetzt über die Zulassung der Anklage entscheiden | |
und gegebenenfalls einen Prozesstermin festsetzen. | |
## Mehr als 20 Verdächtige im Visier | |
Im April hatte die Staatsanwaltschaft Braunschweig Anklage gegen [3][den | |
ehemaligen VW-Konzernchef Martin Winterkorn] erhoben. Er soll nicht erst im | |
September 2015, sondern bereits Mitte 2015 von der illegalen Motorsteuer | |
gewusst haben, die die Abgasreinigung bei Tests laufen lässt, aber auf der | |
Straße abschaltet. | |
Audi soll in den USA und Europa von 2009 an rund 220. 000 große | |
Sechszylinder-Dieselautos mit Schummelsoftware verkauft haben. Der Skandal | |
hat Audi seit 2015 rund 3,4 Milliarden Euro gekostet. | |
In Deutschland ermittelt die Staatsanwaltschaft Braunschweig gegen 49 | |
mutmaßlich Beteiligte am VW-Abgasskandal. | |
Die Münchner Staatsanwaltschaft hat mehr als 20 Verdächtige im Visier. Ein | |
ehemaliger Chef der Audi-Motorenentwicklung und | |
Porsche-Entwicklungsvorstand und ein ehemaliger leitender Ingenieur in | |
Neckarsulm hatten in München in Untersuchungshaft gesessen. | |
Stadler hatte lange das Vertrauen der Familien Porsche und Piëch genossen, | |
die einen Großteil der VW-Aktien halten. Mehr als elf Jahre lang stand er | |
an der Spitze der Volkswagen-Tochter in Ingolstadt. Er hatte den Umsatz auf | |
60 Milliarden Euro verdoppelt, Mercedes beim Absatz überholt und Audi zu | |
einem globalen Unternehmen gemacht. Seit der Aufdeckung des Dieselskandals | |
galt er jedoch als Chef auf Abruf, auch geschäftlich ging es bergab. | |
Bei der Bilanz-Pressekonferenz im März 2019 lobte Schot Stadlers | |
Lebensleistung ausdrücklich. Aber so etwas wie die Dieselkrise hätte | |
niemals passieren dürfen, und das werde sich auch nicht wiederholen. | |
Heute ist Audi geschäftlich weit hinter Mercedes und BMW zurückgefallen. | |
Seit Ende 2015 gab es neun Wechsel im Vorstand. Schot will Audi mit einem | |
Sparprogramm und dem Fokus auf Elektroautos wieder auf Kurs bringen. | |
31 Jul 2019 | |
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