# taz.de -- Demonstrantin in Dresden: Eine Frau gegen Pegida | |
> Seit fünf Jahren demonstriert Rita Kunert in Dresden gegen Pegida. Sie | |
> wurde beschimpft, bespuckt und von Gegnern fotografiert. Angst hat sie | |
> keine. | |
Bild: Auf den Anti-Pegida-Demos kennen sie alle, auch die Polizisten: Rita Kune… | |
DRESDEN taz | „Anständig zu sein genügt nicht. Man muss es auch zeigen. Wer | |
schweigt, stimmt zu!“ – so ist ein Transparent beschriftet, mit dem Rita | |
Kunert aus Dresden [1][gegen Pegida] demonstriert. Sie steht mit ihrer | |
Gruppe auf der Westseite des Altmarkts. Hier gibt es von Nazis seit etwa | |
einem Jahr jeden Montag parallel zur Pegida-Kundgebung zusätzlich einen | |
Stand zur Solidaritätsbekundung für Ursula Haverbeck. | |
Die 90-jährige Haverbeck sitzt seit Mai 2018 wegen Volksverhetzung und der | |
Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener im Gefängnis, sie hat wiederholt | |
den Holocaust geleugnet. Ein paar Meter vom Stand der Nazis entfernt steht | |
Rita Kunert mit anderen Gegendemonstrant*innen. Auf dem Transparent, das | |
sie hochhält, steht: „Na, Dresden, alles wie immer? Wird hier gerade der | |
Holocaust geleugnet?“ | |
Damit spielt sie auf etwas an, was auch auf dem Weg durch Dresden zum | |
Altmarkt am späten Montagnachmittag auffiel: „Man hat den Eindruck, dass | |
alles ganz normal ist.“ Aber Rita Kunert möchte es nicht als normal | |
hinnehmen, dass Pegida nach fünf Jahren immer noch jeden Montag – im Sommer | |
jeden zweiten – etwa 1.500 Menschen dafür mobilisiert, sich auf dem | |
Dresdner Altmarkt zu treffen und gegen Geflüchtete zu hetzen. | |
„Am Anfang von Pegida, als noch bis zu 30.000 Menschen kamen, waren sie ja | |
gegen alles Mögliche. Aber heute sind sie eigentlich nur noch gegen | |
Geflüchtete“, erzählt Kunert. Sie hat eine weiße Bluse an, die Haare zu | |
einem Zopf zusammengebunden, sie ist klein – wirkt aber unerschütterlich. | |
Alle anderen Gegendemonstrant*innen scheinen sie zu kennen, auch einzelne | |
Polizisten. Auf dem dritten Transparent, das ihre Mitdemonstrant*innen | |
halten, steht „Besorgt ist hier keiner. Hier wird gehasst und gehetzt. Wer | |
schweigt, stimmt zu!“ Angemeldet ist die Gegendemo von der kleinen | |
Aktivist*innengruppe „Nationalismus raus aus den Köpfen“ (NradK). | |
## „Herz statt Hetze“ | |
Immer wieder gehen verschiedene Menschen zu Kunert oder den anderen, | |
meistens Tourist*innen, die wissen wollen, was es mit diesen | |
Menschengruppen hier auf sich hat. Später schließt sich die NradK-Gruppe | |
der zweiten Gegendemo von „Hope – fight racism“ an und geht auch auf den | |
Altmarkt, der Pegida-Kundgebung gegenüber. | |
Jetzt kommen immer wieder Pegida-Teilnehmer*innen auf die Gegendemo zu. | |
Manche machen Fotos von der Gegendemo, andere kommen näher, wollen einzelne | |
Gegendemonstrant*innen in Gespräche verwickeln. „Das ist heute ja harmlos“, | |
meint Kunert. „Wir sind auch schon oft beschimpft und angespuckt worden.“ | |
Angst hat sie trotzdem keine. „Sie sagen dann, dass wir ungewaschen und | |
arbeitsscheu sind“, erzählt sie und lacht. Kunert ist dreifache Mutter und | |
Geschäftsführerin eines Reiseveranstalters in Dresden. | |
Auch bei Veranstaltungen von „Herz statt Hetze“ ist Rita Kunert oft dabei, | |
ein Zusammenschluss engagierter Einzelpersonen und Initiativen, die größere | |
Veranstaltungen organisieren. „Herz statt Hetze“ gibt es seit September | |
2015. Einen Monat später feierte Pegida sein einjähriges Bestehen, „das war | |
ein einprägsames Ereignis“, erinnert sich Kunert. Den etwa 20.000 Menschen | |
bei Pegida standen damals bis zu 19.000 Gegendemonstrant*innen gegenüber, | |
es kam zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit Verletzten. | |
Die Teilnehmer*innenzahlen sind jedenfalls auf beiden Seiten stark | |
zurückgegangen: Bei den montäglichen Gegendemos sind nur noch bis zu 150 | |
Leute dabei. „Es fehlen vor allem die Studentenschaft und sozusagen die | |
coolen Leute aus der Dresdner Neustadt und auch die Clubszene“, findet | |
Kunert. Dass es in Dresden mehr Potenzial gibt, habe man etwa bei der Demo | |
„Seebrücke Dresden“ im Juli 2018 gesehen, als rund 2.000 Menschen auf die | |
Straße gingen. | |
Ein großes Zeichen werde deswegen hoffentlich die unteilbar-Demo in Dresden | |
am 24. August dieses Jahres. Auch hier ist Rita Kunert bei der Organisation | |
für „Herz statt Hetze“ dabei. | |
13 Aug 2019 | |
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[1] /Angriff-bei-Pegida-Demo-in-Dresden/!5613847 | |
## AUTOREN | |
Juliane Fiegler | |
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