| # taz.de -- Tourismus am Schutzgebiet: Petition gegen Ferien im Vogel-Koog | |
| > Der Tourismus im Dithmarscher Speicherkoog soll wachsen: Ein ganzes | |
| > Feriendorf soll entstehen. Der Nabu hat keine Einwände, erntet dafür aber | |
| > Kritik. | |
| Bild: Auch als Rastplatz beliebt: Der Speicherkoog | |
| Hamburg taz | Ein Feriendorf mit 70 Häusern soll in dem Naturschutzgebiet | |
| Dithmarscher Speicherkoog in Schleswig-Holstein errichtet werden. Seit fünf | |
| Jahren arbeitet das „Kommunalunternehmen Tourismusförderung Speicherkoog“ | |
| (KU) an einem Plan, der das Feriendorf möglich machen soll. | |
| Tanja Matthies, ehemalige Referentin beim Naturschutzbund Deutschland | |
| (Nabu), stellt sich mit einer Petition gegen das Vorhaben: Sie sieht den | |
| Artenschutz gefährdet. Es gebe viele störungsempfindliche Vogelarten im | |
| Speicherkoog, wie die Uferschnepfe, auf die sich die menschliche | |
| Anwesenheit negativ auswirken würde. | |
| Der Speicherkoog ist Ende der 70er-Jahre durch Eindeichung entstanden. | |
| Seitdem beschränkt sich das touristische Angebot auf einen Surfsee und | |
| einen Hafen-Kiosk sowie ein Nabu-Nationalparkhaus, in dem es eine | |
| Ausstellung über die Natur des Kooges gibt. | |
| Die Attraktionen konzentrieren sich auf den Hafenbereich des Speicherkoogs, | |
| der zwischen den Naturschutzgebieten liegt. Wie die Bürgermeisterin der | |
| Stadt Meldorf, Anke Cornelius-Heide (Bündnis 90/Die Grünen), berichtet, | |
| soll hier auch das Feriendorf entstehen, sodass die sensiblen Bereiche der | |
| Naturschutzgebiete unberührt blieben. | |
| ## Der Nabu war involviert | |
| Neben der Ferienhaussiedlung ist außerdem ein Stellplatz für 50 Wohnmobile | |
| geplant, der nächstes Jahr in Betrieb genommen werden soll. Bisher gab es | |
| einen Parkplatz, bei dem die Übernachtung teilweise schon geduldet wurde, | |
| sagt Cornelius-Heide. „Diese Übernachtungsmöglichkeiten sollen jetzt bloß | |
| legitimiert und gemäß den rechtlichen Vorgaben aufgewertet werden.“ | |
| Der Flächennutzungsplan sei in Abstimmung mit den Naturschutzverbänden | |
| entwickelt worden. Auch der Nabu Schleswig-Holstein war involviert. Dieser | |
| lehne das Vorhaben grundsätzlich nicht ab, sagt dessen Sprecher Ingo | |
| Ludwichowski: „Wir sehen durchaus die Möglichkeit, zu einer Entwicklung zu | |
| kommen, die beides miteinander vereint und sind da auch entsprechend dran | |
| beteiligt gewesen.“ | |
| Anfangs war es Matthies, die als Vertreterin des Nabu an den | |
| Planungs-Treffen teilnahm. Als sie feststellte, dass der Naturschutzbund | |
| die Situation anders bewertet als sie, trennten sich die Wege. Sie rief | |
| eine Bürgerinitiative ins Leben. Ihre Petition läuft bis zum 3. November | |
| und benötigt 2.000 Unterschriften aus Schleswig-Holstein. | |
| „Ich verlange vom Land Schleswig-Holstein, dass ein Vogelschutzgebiet | |
| Vogelschutzgebiet bleibt und dass das nicht nur dran steht, sondern auch | |
| drinnen ist“, sagt Matthies. Sie sieht keinen Grund, die Leute im Gebiet | |
| übernachten zu lassen, selbst nicht im Hafenbereich des Speicherkoogs, der | |
| nicht zum Naturschutzgebiet gehört. Die Auswirkungen wären auch dort | |
| verheerend, denn mehr Menschen bedeuteten mehr Lärm, mehr Müll und mehr | |
| Verkehr auf der Straße, die durch die Schutzgebiete führt. Insbesondere | |
| nachts habe man die Gäste kaum unter Kontrolle. | |
| ## Bürgermeisterin will kein Tourismus-Verbot | |
| Cornelius-Heide versichert, sie sei sich der hohen Anforderungen an den | |
| Naturschutz bewusst und spricht von einer naturnahen Ausgestaltung des | |
| Feriendorfes. Als Vorstand des Kommunalunternehmens wolle sie ein ganz | |
| bestimmtes Gäste-Klientel ansprechen: „Wir wollen nicht die, die Remmidemmi | |
| machen, sondern die, die die Natur zu schätzen wissen.“ Dazu solle gezielt | |
| bei Naturinteressierten geworben werden. | |
| Cornelius-Heide versichert, ihr gehe nicht darum, den Tourismus allgemein | |
| zu fördern, sondern gezielt den Naturtourismus auszubauen. Bislang werde | |
| das Angebot im Speicherkoog nur von Einheimischen genutzt. Touristen seien | |
| nicht das Problem für den Artenschutz, sagt die Bürgermeisterin, sondern | |
| Beutegreifer wie Füchse und Marderhunde, die die Vogelnester ausrauben. | |
| Auf die Frage hin, wie sie auf die Petition reagieren wolle, antwortet | |
| Cornelius-Heide, sie nehme sachliche Argumente ernst, aber wehre sich gegen | |
| ein grundsätzliches Verbot der weiteren touristischen Entwicklung im | |
| Speicherkoog: „Das werden wir so nicht hinnehmen“, sagt die | |
| Bürgermeisterin. „Die mit maßgeblichen Verbänden wie dem Nabu abgestimmte | |
| Planung soll weitergeführt werden.“ | |
| Das schleswig-holsteinische Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, | |
| Umwelt, Natur und Digitalisierung (Melund) bestätigt, dass der Naturschutz | |
| bei der Planung des touristischen Konzepts berücksichtigt wurde. | |
| Wie Sprecher Patrick Tiede erläutert, ist es allerdings in den vergangenen | |
| Jahren in den Schutzgebieten des Dithmarschen Speicherkoogs vermehrt zu | |
| Verstößen gekommen gegen das Badeverbot, Betretungsverbot und | |
| Übernachtungsverbot. Tiede fordert deshalb, die zukünftigen Besucher | |
| entsprechend zu lenken und die Natur zu schützen. | |
| 18 Aug 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Carlotta Kurth | |
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