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# taz.de -- Görlitzer Park Berlin: Pseudodebatte um Zaun
> Nach einer Äußerung des SPD-Innenstaatssekretärs ist die Aufregung
> riesig: Wird jetzt der Görlitzer Park eingezäunt? Spoilerwarnung: Nein.
Bild: Eine von vielen Razzien im Görli: Suche nach Drogenbunkern
Rot-Rot-Grün sollte künftig besser pünktlich sein. Weil Finanzsenator
Matthias Kollatz (SPD) am Montag verspätet in den Innenausschuss kam, hat
die Landesregierung nun eine weitere unnötige Diskussion an der Hacke. Um
die Wartezeit zu überbrücken, hatte der Ausschussvorsitzende den
Tagesordnungspunkt „Besondere Vorkommnisse“ vorgezogen. Und so kam eins zum
anderen.
„Ein Zaun wäre aus unserer Sicht eine gute Lösung“, antwortete
Innenstaatssekretär Torsten Akmann (SPD) auf eine Frage des
CDU-Fraktionsvorsitzenden Burkard Dregger. Der hatte sich nach den laut RBB
angeblich um 50 Prozent gestiegenen Straftaten im Görlitzer Park erkundigt.
Der Görli ist zwar auch jetzt schon von einer Mauer umgeben, der Park kann
aber rund um die Uhr betreten werden. Nein, nicht irgendein Zäunchen,
präzisierte Akmann, der in der Ausschusssitzung Innensenator Andreas Geisel
(SPD) vertrat. Ein neuer hoher Zaun, so wie am Tempelhofer Feld, der das
ganze Areal umgibt, und den man 22 bis 8 Uhr abschließen könne, so Akmann.
Ein Zaun um den Görli? Die Presse war elektrisiert. Ein halbe Stunde später
hatten Tagesspiegel und Morgenpost die Nachricht rausgehauen. Spiegel
online, B.Z. und alle anderen folgten im Laufe des Nachmittags, obwohl alle
wissen: So ein Zaun wird nie kommen. Auch Akmann dürfte das klar gewesen
sein, zumindest machte er zu dem Thema am Montag längere Ausführungen.
## Probleme verdrängt
Der für den Görlitzer Park zuständige Polizeiabschnitt habe den Zaun ins
Spiel gebracht, erklärte er. „Das können wir aber nicht alleine machen, das
muss der Bezirk machen.“ Eine Schließung würde die „Tatgelegenheiten“ im
Görlitzer Park zwar mindern, weil schwere Straftaten dort zumeist nachts
stattfänden – allerdings würden die Probleme dann in angrenzende Gebiete
wie die Oberbaumbrücke und das RAW-Gelände verdrängt.
Der CDU-Abgeordnete Dregger hatte einen am 25. Juli ausgestrahlten Beitrag
des RBB-Magazins Kontraste zum Anlass für seine Frage genommen. Die Zahl
der Gewalttaten im Görlitzer Park habe seit dem vergangenen Jahr erheblich
zugenommen, meldete der RBB. In den ersten vier Monaten des Jahres 2019 sei
die Zahl der Körperverletzungsdelikte um 50 Prozent im Vergleich zum
Vorjahr gestiegen.
In absoluten Zahlen liest sich der Anstieg laut Polizei allerdings so, dass
die Körperverletzungsdelikte von 18 (im ersten Quartal 2018) auf 27 (ersten
Quartal 2019) gestiegen sind. Beim Raub wurde eine Steigerung von 13 auf 17
verzeichnet. Bei Zahlen im ein- oder zweistelligen Bereich sei eine
Steigerung um 50 Prozent „ganz schnell erreicht“, versuchte
Polizeipräsidentin Barbara Slowik am Montag Sachlichkeit in die Debatte zu
bringen. „Überwiegend handelt es sich dabei um körperlich ausgetragene
Rivalitäten im Bereich des Verkaufs“, so Slowik, die damit den Drogenhandel
meinte.
Akmann teilte mit, dass die Polizei ihre Einsätze bereits jetzt auf hohem
Niveau fahre und auch verstärkt Rauschgiftspürhunde einsetze. Das Problem
sei, dass es sich bei den Dealern zumeist um ausreisepflichtige Personen
aus Gambia und Neuguinea handele, die in anderen Bundesländern Asyl
beantragt hätten und eigentlich räumlichen Beschränkungen unterlägen – �…
werden das auch mit anderen Bundesländern angehen“.
## Nur ein erster Schritt
Am Ende kam es so, wie es immer kommt. [1][Befeuert durch die Medien bleibt
nur das Großgedruckte hängen]. Die CDU teilte nach der Sitzung in einer
Presseerklärung mit: Man begrüße die Ankündigung des Innenstaatssekretärs,
den Görlitzer Park nachts zu schließen. Das könne aber nur ein erster
Schritt sein. „Wir wollen darüber hinaus im Görli und in der Hasenheide zur
Null-Toleranz-Strategie zurückkehren und die Eigenbedarfsmenge in unserer
Stadt deutlich senken“, so Fraktionschef Dregger.
Wenn die Lawine rollt, dann ist sie nicht mehr aufzuhalten. Da kann sich
die Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann
(Grüne), noch so sehr um Differenzierung bemühen: „Dieser Vorschlag ist
nicht neu. Bisher gab es in der Anwohnerschaft dafür keine Akzeptanz. Er
erscheint mir auch sehr kurz gesprungen, da es auch außerhalb des Parks
ebenfalls viele Dealer in den Straßen des Wrangelkiezes und auf dem
U-Bahnhof Görlitzer Park gibt.“ Ein nachts geschlossener Park führe also
lediglich zur Verdrängung in die Kieze oder in den Schlesischen Busch.
Niklas Schrader, innenpolitischer Sprecher der Linken, kann ob dieser
Dynamik nur staunen. Wäre Finanzsenator Kollatz pünktlich zu der im
Innenausschuss anberaumten Aussprache über die Zentralisierung der
Personalpolitik erschienen, wäre es nicht zu diesen Überschriften gekommen.
Denn die „Besonderen Vorkommnisse“ sind eigentlich auf eine Frage und eine
Antwort beschränkt. Um die Wartezeit zu überbrücken hatte der
Ausschussvorsitzende das nicht so streng genommen. „Der Zaun ist ein
abwegiger Vorschlag“, sagt Schrader. „Bitte schnell zu den Akten legen.“
12 Aug 2019
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[1] /Probleme-im-Goerlitzer-Park/!5617823
## AUTOREN
Plutonia Plarre
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