# taz.de -- Polizeigewalt: Einsatz am Görli in Kritik | |
> Die Zeugin eines Polizeieinsatzes wurde von Beamten geschlagen. Angeblich | |
> wollte sie einen Verdächtigen befreien, ein zweiter Zeuge weist das | |
> zurück. | |
Bild: Polizeistreife im Görlitzer Park | |
Nach einem Polizeieinsatz am Montagmittag vor dem Görlitzer Park gibt es | |
erneut Kritik. Mehrere Beamte seien „unverhältnismäßig brutal“ gegen ein… | |
offenbar verdächtigen Afrikaner vorgegangen, sagten zwei ZeugInnen der taz. | |
Beide arbeiten beim Verein Joliba, vor dessen Büroräumen in der Görlitzer | |
Straße der Vorfall stattfand. Eine von ihnen wurde von Polizisten erst | |
geschlagen, dann weggestoßen, sodass sie unglücklich fiel. Sie liegt | |
seither mit Rippenbrüchen und einem Lungenriss im Krankenhaus. | |
Die Polizei erklärte, die Frau habe versucht, den Verdächtigen zu befreien. | |
Der zweite Zeuge namens Martin Breger weist dies entschlossen zurück. Seine | |
Kollegin habe lediglich verbal ins Geschehen eingegriffen. | |
Begonnen hatte der Einsatz mit dem Notruf einer Frau bei der Polizei, die | |
angab, im Park in der Nähe des ehemaligen Café Edelweiß von einem Mann mit | |
Schusswaffe bedroht worden zu sein. Laut Polizei identifizierten die | |
eintreffenden Beamten dann aufgrund der Täterbeschreibung einen jungen | |
Mann, der vor dem Joliba-Büro stand, als den Verdächtigen. Er habe sich der | |
versuchten Festnahme widersetzt, eine hinzukommende Frau habe die | |
„Maßnahmen“ der Beamten kritisiert und wiederholt versucht, die Beamten | |
„von dem Tatverdächtigen wegzuziehen“, so die Polizeipressestelle auf | |
Anfrage. Sie sei „mittels einfacher körperlicher Gewalt beiseite gestoßen“ | |
worden, als sie noch mal „nach dem Tatverdächtigen griff“, sei sie nochmals | |
gestoßseien ihmen wurden, wobei sie gefallen sei. | |
Die Darstellung der ZeugInnen klingt völlig anders. Der verdächtige | |
Afrikaner, der ihnen seit Langem bekannt sei, sei nur mit kurzer Hose und | |
Flipflops bekleidet gewesen. „Man konnte sehen, dass er keine Waffe trug“, | |
so Breger, seine Kollegin sagt dasselbe. Dennoch hätten ihn die Beamten | |
sogleich brutal zu Boden geschmissen, sein Gesicht auf den Boden gedrückt, | |
zu dritt auf ihm gehockt, so Breger. Mehrere Passanten hätten empört | |
reagiert, ein Beamter habe sie mit Pfefferspray auf Abstand gehalten und | |
Verstärkung angefordert. | |
Zeugen schockiert von Gewalt | |
Seine Kollegin schildert, sie habe die Polizisten angerufen, was sie da | |
machten, der Mann sei zwar psychisch krank, aber harmlos. Darauf habe sie | |
ein Beamter mit der Faust ins Gesicht geschlagen, sodass sie zu Boden | |
gegangen sei. Sie habe sich aufgerichtet und geschrien, die Beamten sollten | |
aufhören, der Mann habe keine Waffe. Da sei sie weggestoßen worden und mit | |
dem Rücken auf eine Hochbeet-Umzäunung gefallen. | |
„Das alles war so brutal von Anfang an“, sagt die Frau, die noch zwei Tage | |
später, als die taz sie am Mittwoch im Krankenhaus besucht, fassungslos | |
wirkt und Schmerzmittel nehmen muss. Sogar nach ihrem schweren Sturz habe | |
ein Beamter ihr noch Handschellen anlegen wollen, nur das Eingreifen einer | |
Beamtin, die „zu mir sehr nett war“, habe dies verhindert. Ob sie Anzeige | |
erstattet gegen die Beamten, weiß sie noch nicht. „Eigentlich sollte man | |
das ja, aber es bringt sowieso nichts“, sagt sie. | |
In der Tat werden Anzeigen gegen Polizisten in aller Regel eingestellt, im | |
Gegenzug hagelt es Anzeigen wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, | |
sagt unter anderem die [1][Kampagne für Opfer rassistisch motivierter | |
Polizeigewalt (KOP), die über solche Fälle seit 2000 eine Online-Chronik | |
führt.] Im aktuellen Fall gibt es allerdings – anders als meistens – | |
mehrere aussagewillige Zeugen, die sich inzwischen beim Verein Bantabaa | |
gemeldet haben. Dieser hatte den Vorfall gemeinsam mit dem Parkrat bekannt | |
gemacht. | |
Mit einem dieser Zeugen, einem zufällig vorbeikommenden Radfahrer, konnte | |
die taz am Mittwoch Abend sprechen, er bestätigte die Darstellung der | |
Joliba-MitarbeiterInnen in den wesentlichen Punkten. Auch er betonte die in | |
seinen Augen überzogene Gewaltanwendung der Beamten, die zu fünft auf dem | |
am Boden liegenden halbnackten Mann gesessen hätten. Auch seien ihm | |
Drohungen gegenüber den Passanten, man könne sie gleich mit verhaften, wenn | |
sie sich weiter einmischten, als übertrieben vorgekommen. | |
Weder bei dem Verdächtigen noch bei einer Durchsuchung im Park wurde laut | |
Polizei eine Waffe gefunden. Er sei nach Feststellung seiner Identität aus | |
dem Gewahrsam entlassen worden. | |
28 Aug 2019 | |
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## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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