# taz.de -- Parlamentswahlen in der Ukraine: Selenski kann jetzt durchziehen | |
> Im Konflikt mit der Ostukraine sind nach dem Wahlsieg von Selenskis | |
> Partei echte Veränderungen zu erwarten. Fortschritt in anderen Feldern | |
> eher nicht. | |
Bild: Die Opposition kann Selenski nach der Parlamentswahl nicht mehr aufhalten | |
Nach der Parlamentswahl in der Ukraine ist jetzt mit bis noch vor kurzem | |
undenkbaren Kompromissen zu rechnen. [1][Wirkliche Veränderungen] wird es | |
nach dem erdrutschartigen Sieg der Partei von Wolodimir Selenski bei den | |
Bemühungen um einen stabilen Waffenstillstand in der Ostukraine geben – | |
allerdings wohl auch nur dort. | |
[2][Selenski] wird die von der Ukraine bei den Friedensverhandlungen in | |
Minsk gemachten Zugeständnisse, wie etwa die Wiederaufnahme der | |
Wirtschaftsbeziehungen mit der gesamten Ostukraine und die Herstellung | |
eines Sonderstatus von Donezk und Luhansk, umsetzen. | |
Auch das Sprachengesetz, das das Russische und andere Sprachen zurückdrängt | |
und somit eine Rückkehr von Donezk und [3][Luhansk] in die Ukraine | |
erschwert, wird wohl liberalisiert werden. | |
Doch dies dürften die einzigen Neuerungen sein. Orientieren wird sich der | |
neoliberale Selenski an Brüssel, Paris und Berlin, den Städten also, die er | |
als neuer Präsident zuerst aufgesucht hatte. | |
## Keine Stärkung der Demokratie zu erwarten | |
Selenski wird alle Gefolgsleute von Petro Poroschenko entlassen. Doch mit | |
Inhalten oder gar Korruptionsbekämpfung hat das wenig zu tun. Schon bei | |
seinem Wahlparteitag im Juni hatte Selenski gezeigt, dass er Loyalität | |
erwartet. Nicht eine einzige kritische Stimme war auf dem nur 70-minütigen | |
Parteitag zu hören gewesen. Gewählt hatte man per Akklamation. Und auch | |
noch nach dem Wahlparteitag strich eine kleine Gruppe um den Parteichef | |
unliebsame Parteigänger wieder [4][aus der Wahlliste]. Wer so viel | |
innerparteiliche Demokratie pflegt, wird kaum ein Vorreiter bei der | |
Stärkung der Demokratie im Land sein können. | |
Auch umweltpolitisch dürften keine Fortschritte zu erwarten sein. Erst | |
kürzlich hatte Selenski geschwärmt, wie sich die Natur in Tschernobyl ihr | |
Leben zurückhole, und dabei völlig ausgeblendet, dass das Gebiet um | |
Tschernobyl für Menschen lange unbewohnbar bleiben wird. Und in Odessa hat | |
er beklagt, dass die Umweltkontrollen im Hafen schlecht für die Wirtschaft | |
seien. | |
Nun kann Selenski alles durchziehen. Die [5][zersplitterte Opposition] wird | |
ihn nicht aufhalten. Bleibt nur zu hoffen, dass Bürgerrechtler, | |
Umweltschützer und Medien die neuen Herrscher kritisch begleiten. | |
22 Jul 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Politologe-zu-Ukraine-Wahlsieger-Selenski/!5586253 | |
[2] /Kommentar-Stichwahl-in-der-Ukraine/!5586197 | |
[3] /Krieg-in-der-Ostukraine/!5604076 | |
[4] /Parlamentswahl-in-der-Ukraine/!5605418 | |
[5] /Vor-der-Parlamentswahl-in-der-Ukraine/!5607494 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
## TAGS | |
Wolodymyr Selenskij | |
Ukraine | |
Ukraine-Konflikt | |
Odessa | |
Tschernobyl | |
Ukraine | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Ostukraine | |
Ukraine | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Ukraine setzt russischen Tanker fest: Der Geist des Sieges | |
Ein russischer Tanker ist in einem ukrainischen Hafen durchsucht worden. | |
Hinter dem Vorfall steckt der Konflikt um die Hoheit auf See in der Region. | |
Vor der Parlamentswahl in der Ukraine: Zerreißprobe auf Ukrainisch | |
Am Sonntag wählt die Ukraine ein neues Parlament. Im Wahlkampf wollen die | |
Parteien sowohl mit Nationalstolz als auch mit Europa punkten. | |
Krieg in der Ostukraine: Dem Frieden ein Stück näher | |
Pro-russische Kämpfer lassen vier ukrainische Gefangene frei. Im Ort | |
Staniza Lugansk unweit der Front beginnt die militärische Entflechtung. | |
Parlamentswahl in der Ukraine: Linke dürfen nicht mehr mitspielen | |
Die Partei des ehemaligen Gouverneurs von Odessa Michail Saakaschwili wurde | |
von der ukrainischen Parlamentswahl ausgeschlossen. |