Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Mai Duong Kieu über Diversität in Serien: „Man muss ein dickes …
> Die Schauspielerin Mai Duong Kieu ist bekannt aus der Erfolgsserie „Bad
> Banks“. Uns erzählt sie, wann sie sich in ihrem Beruf Stereotypen
> widersetzt.
Bild: Mai Duong Kieu in ihrer Rolle als Thao Hoang in der Serie „Bad Banks“
taz am wochenende: Frau Duong Kieu, in der [1][Erfolgsserie „Bad Banks“]
spielen Sie die Bankerin Thao Hoang. Diese Rolle war ursprünglich als
Chinesin konzipiert, wurde durch Ihren Einfluss aber zur Vietdeutschen
umgeschrieben. Hat man als Darstellerin immer so viel Einfluss?
Mai Duong Kieu: Das kommt auf Autor und Produktion an. Ich bin zum Casting
gegangen und habe die Rolle „Bo“ bekommen, was anscheinend erst chinesisch
sein sollte. Danach wurde ich gefragt, was ein guter vietnamesischer Name
wäre, und so ging es dann los. Ich hatte auch viel Freiraum, was die
Dialoge anging, und konnte dadurch etwas von mir einfließen lassen.
Warum war es Ihnen wichtig, dass die Rolle mit Ihrem Hintergrund
übereinstimmt?
Ich habe als Schauspielerin kein Recht, die Rolle an mein eigenes Leben
anzupassen. Das wäre nur eine halbe Rolle – und ich möchte ja völlig in
meine Figur eintauchen. Andererseits ist es praktisch, sich das
Hintergrundwissen nicht erarbeiten zu müssen. Ich schätze mal, dass viele
Chinesen eine ganz andere Geschichte haben, und ich bin ja
Deutschvietnamesin, auch wenn ich noch in Vietnam geboren wurde. Da finde
ich es schön, Geschichten zu erzählen, die vorher niemand so gebracht hat.
Ich will die Geschichte der vietnamesischen Generation 1,5 ins deutsche
Fernsehen bringen.
Was bedeutet Generation 1,5?
Dass man in Vietnam geboren ist und dass zerrissene Familien durch den
DDR-Gastarbeiterprozess in Deutschland wieder zusammengekommen sind.
Sie sind mit fünf Jahren nach Chemnitz gekommen. Wie haben Sie das
Aufwachsen in den Neunzigern erlebt?
Ambivalent. Ich musste mich mit vielen Dingen auseinandersetzen. Einerseits
die Erziehung, die ich durch meine Eltern genoss und die nicht kongruent
war mit dem, was ich bei anderen Kindern gesehen habe. Morgens war es
vietnamesisches Essen, in der Schule kamen Kartoffeln auf den Tisch. Ich
musste als Kind lernen zu switchen, hin und her. Dann war da der
Alltagsrassismus im Chemnitz der Neunziger. Auch das war als Kind nicht
leicht. Man sieht das dann nicht als Rassismus, sondern denkt, die Menschen
behandeln mich halt so; aber ich konnte es schlecht adressieren, da ich
keinen Vergleich hatte.
Vor einem Jahr in Chemnitz kam es zu [2][Ausschreitungen rechter und
rechtsextremer Gruppen]. Menschen, die in den Augen der Rechten Migranten
waren, wurden angegriffen. Haben Sie die Eskalation kommen sehen?
Ich hab’s nicht kommen sehen, aber ich war auch nicht überrascht. Das
Potenzial war immer da, ich habe das ja jeden Tag erlebt. Aber es
verwundert mich, weil die Gegenbewegung doch groß ist, dennoch haben sich
die Rechten durchgesetzt. Ich bin mit diesen Kindern ja aufgewachsen, und
wenn sie nicht vom Gegenteil überzeugt werden oder sie ihr Leben ändern,
dann bleiben die so.
Sie hätten aus dem Osten wegziehen können, sind aber nach einer Station in
Berlin dann nach Leipzig gezogen. Warum?
Sie fragen, warum ich wieder nach Sachsen zurückgekommen bin? Man ist eben
nicht so ganz frei von seiner Sozialisierung. Ich habe diese Werte über
Familie schon verinnerlicht, für sie bin ich zurückgekommen. Der andere
Grund ist, dass ich in Berlin ein Netzwerk aufgebaut hatte und die Stadt
für meine Karriere nicht mehr brauchte. Mittlerweile ist mein Demoband im
Internet, niemand braucht mehr nach Leipzig zu kommen, um mich
kennenzulernen. Für ein Casting kann ich ja immer noch nach Berlin fahren.
Wäre es nach Ihren Eltern gegangen, hätten Sie deren Kampfsportschule
übernommen. Warum stattdessen Schauspielerin?
Ich hatte einerseits das Glück, dass meine Eltern recht kreativ sind. Mein
Vater spielt Instrumente, sie tanzen. Sie hatten natürlich ihre
Erwartungen. Meine Mutter wollte, dass ich Anwältin werde, mein Vater, dass
ich oder eins meiner Geschwister die Schule übernimmt. Sie haben aber
irgendwann gemerkt, dass sie das nicht erwarten können. Ich war
wahrscheinlich so schlau und stark, mich Anfang meiner Zwanziger auch gegen
sie aufzulehnen. Viele schaffen das nicht und werden in die Wunschkarriere
ihrer Eltern gedrängt. Vielleicht ist es auch deren Ding, aber meins war es
nicht. Ich habe so viele Emotionen und Prägungen in mir, dass ich das gut
ins Schauspiel einbringen kann.
In „Bad Banks“ haben Sie die toughe Thao gespielt, in anderen Rollen wurden
Sie als Thailänderin mit Fake-Akzent besetzt. Werden Sie oft in Klischees
gepresst?
Auf den ersten Blick ist das so – wir haben ja schon über Strategien
gesprochen, sich das schönzureden. Zumindest am Anfang der Karriere ist es
nützlich, sich das schönreden zu können. Man muss sich entscheiden, ob man
beleidigt ist oder ob man sein Netzwerk aufbauen möchte. Dieses
Stereotypieren betrifft ja nicht nur mich, sondern vielleicht auch die
blonde Kollegin, die immer als Püppchen besetzt wird. Da fühle ich mich
nicht so angegriffen. Wenn man das nicht abkann, dann ist man vielleicht
auch etwas falsch in der Schauspielbranche. Man muss ein dickes Fell haben
und manchmal sogar froh sein, gewisse Nischen zu bedienen. Später in der
Karriere kann man sich entscheiden, aber am Anfang muss man sich auch über
stereotype Rollen freuen, solange das Drehbuch und die Rolle passen. Ich
habe immer versucht, starke Frauen zu spielen, die gegen etwas kämpfen
müssen, und das erfüllt mich auch mit Spiellust, wenn ich so eine Figur
verkörpern kann.
Wie divers ist die deutsche Schauspiellandschaft?
Ich sehe eine starke Entwicklung in Richtung Diversität. Es ist mein
zehntes Jahr, und ich merke, wie sich Drehbücher, aber auch Angebote
ändern. Es gibt jetzt Netflix und immer wieder neue Serienformate. Es ist
eine große Chance für Deutschland, bei den Global Playern mitzumachen. Wenn
man will, dass die eigenen Formate gesehen werden, dann kommt man nicht um
Diversität herum. Andererseits gibt es noch viele Klischees. Ich sehe das
etwas neutral. Man muss von innen heraus arbeiten und kann nicht immer nur
schimpfen. Dann machen die Leute zu.
Was soll man statt schimpfen tun, um sich weiterzuentwickeln?
Anfangs habe ich angeboten, den Akzent zu reduzieren. Dann habe ich
angeboten, mal ganz ohne Akzent zu spielen. Das sind Menschen, mit denen
man reden kann. Man muss nur wissen, wie – und ob man dazu in der Position
ist.
4 Aug 2019
## LINKS
[1] /Neue-Miniserie-Bad-Banks/!5488516
[2] /Eine-ostdeutsche-Grossstadt-in-Aufruhr/!5532080
## AUTOREN
Nhi Le
## TAGS
Serien-Guide
Diversität
Sachsen
Mai Duong Kieu
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
Neukölln
Modelabels
## ARTIKEL ZUM THEMA
Roman über Queere in TV-Serien: Der Himmel ist für Verräter
Die Hauptfigur in Stephan Phin Spielhoffs Debütroman schreibt an einer
Serie mit queeren Protagonisten. Und scheitert daran, diese zu verkaufen.
Realityshow „Queer Eye“: Solidarisch heulen
Die populäre Netflix-Serie „Queer Eye“ geht in die vierte Staffel. Ihr
Erfolgsrezept: maximale Empathie und null toxische Männlichkeit.
ZDF-Sendung über Clans in Neukölln: So in echt jetzt, als Doku
„Frontal 21“ verfällt in Neukölln-Stereotype. Kriminelle Araber hier, Wei…
in Wohnungsnot da. Als hätte „4 Blocks“ für die Sendung Pate gestanden.
Influencer in der Modeindustrie: Leben für die Reichweite
Tribes, Leader, Mikro- und Makro-Influencer: In der heutigen Marketing-Welt
wird die Persönlichkeit zur Marke und die Reichweite zur Währung.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.