# taz.de -- Straße von Hormus: Was, wenn es tatsächlich knallt? | |
> Wer den Handelsweg sichern will, muss sich um ein UN-Mandat bemühen. Denn | |
> ohne russische Zustimmung ist der Weltfrieden noch gefährdeter. | |
Bild: Soll in Zukunft vermieden werden: Ein britischer Tanker wird von einem ir… | |
Nach dem Zweiten Weltkrieg hat die Staatengemeinschaft eine neue | |
Institution geschaffen, die Älteren unter uns haben vielleicht schon einmal | |
von ihr gehört. Man nannte sie Vereinte Nationen. Heute ist kaum noch von | |
ihr die Rede, was betrüblich ist. Denn für bestimmte Aufgaben – wie | |
beispielsweise die Sicherung von Handelswegen – wäre sie vorzüglich | |
geeignet. | |
Genug des Spotts. Es ist bezeichnend für den Bedeutungsverlust der UNO, | |
dass bei der Diskussion über einen internationalen Militäreinsatz [1][in | |
der Straße von Hormus] von ihr überhaupt nicht die Rede gewesen ist. Der | |
Grund dafür liegt ja auch auf der Hand: Wer sie ins Spiel bringt, setzt | |
sich dem Verdacht der Naivität aus. | |
Es sei doch ohnehin klar, so der vorhersehbare Einwand, dass Russland gegen | |
eine solche Mission im Weltsicherheitsrat ein Veto einlegen würden, jeder | |
Versuch eine Einigung in diesem Gremium zu erzwingen, müsse scheitern. Und | |
dann sei die Lage noch verfahrener als vorher. | |
Nun ist unbestreitbar, dass die UNO sich in den letzten Jahren immer wieder | |
selbst gelähmt hat, weil die einzelnen Staaten eben nicht plötzlich | |
aufhören, eigene Interessen zu verfolgen, nur weil sie Mitglied einer | |
internationalen Institution sind. Daran wird sich auch nichts ändern, das | |
sind die Gegebenheiten, von denen auszugehen ist. Aber das macht das Ringen | |
um eine Einigung ja nicht weniger notwendig, im Gegenteil. Denn ohne die | |
Zustimmung oder zumindest die Duldung Russlands ist ein Militäreinsatz in | |
der Strasse von Hormus noch gefährlicher für den Weltfrieden als er es | |
ohnehin wäre. | |
## Die Alternative ist Krieg | |
Das einzusehen bedeutet nicht, die menschenverachtende Politik des | |
russischen Diktators Putin in der Region zu billigen. Es ist lediglich die | |
Anerkennung der realen Machtverhältnisse dort und andernorts auf der Welt, | |
anders ausgedrückt: die Voraussetzung für jegliche Form der internationalen | |
Diplomatie. Schöner ist eine friedliche Koexistenz mit Staatschefs, mit | |
denen man privat nicht einmal einen Kaffee trinken möchte, nicht zu haben. | |
Die Alternative ist Krieg. | |
Das Problem mit allen Militäreinsätzen entsteht da, wo etwas schief geht. | |
Das gilt auch für eine rein europäische Mission. Der Vorschlag klingt so | |
nett und friedlich. Aber es ist davon auszugehen, dass die Vereinigten | |
Staaten ebenfalls in der Straße von Hormus unterwegs sein werden. | |
Was, wenn die USA auf eine – vermeintliche oder reale – Provokation seitens | |
des Iran hin überreagieren? Wenn es tatsächlich knallt? Was tun dann die | |
netten und friedlichen Europäer? Fallen sie ihrem NATO-Verbündeten in den | |
Arm? Und falls ja – so unvorstellbar das auch erscheint –: auf welcher | |
internationalen Rechtsgrundlage? Nein, wer die Straße von Hormus sichern | |
will, muss sich um ein UN-Mandat bemühen. | |
Lustig ist an dieser Situation nichts – na ja, fast nichts. Was sich in | |
Berlin abgespielt hat, war schon komisch. Da die Bundeskanzlerin im Urlaub | |
weilt, fühlten sich alle möglichen Leute aufgerufen, die | |
Richtlinienkompetenz an sich zu reißen und die Strategie der bedeutenden | |
Seemacht Deutschland zu erläutern. Bei der Verteidigungsministerin und dem | |
Außenminister wirkte das noch nachvollziehbar. | |
Aber dann kam plötzlich der Finanzminister um die Ecke – was hat denn Olaf | |
Scholz mit dem Thema zu tun? Ach, richtig, [2][er ist ja Vizekanzler]. Und | |
hielt dies offenbar für eine gute Gelegenheit, sich mal in Stellung zu | |
bringen. Da hat jemand seinen Anspruch auf die Kanzlerkandidatur | |
angemeldet. So ernst kann eine Situation gar nicht sein, dass jemand von | |
der SPD einen nicht trotzdem noch zum Lachen bringt. | |
3 Aug 2019 | |
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## AUTOREN | |
Bettina Gaus | |
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