# taz.de -- Indigene in Brasilien unter Bolsonaro: Sie kommen mit Kettensägen | |
> Brasiliens rechtsextremer Präsident Jair Bolsonaro will das Land der | |
> Indigenen ausbeuten. Die stehen den Eindringlingen hilflos gegenüber. | |
Bild: Parakanã-Frauen in ihrem Dorf Apyterewa | |
APYTEREWA taz | Die zwei Hüter des Waldes halten Pfeil und Bogen in der | |
Hand, sitzen im Bug des schmalen Bootes, die Augen aufs Wasser gerichtet. | |
Bewegungslos. Stundenlang. Ohne sich zu unterhalten. Was sie bewahren | |
wollen, zieht links und rechts an ihnen vorbei. Der größte zusammenhängende | |
Regenwald der Erde. Manche sagen auch: die grüne Lunge der Welt. | |
Ein Teil Amazoniens ist im Besitz der Parakanã, des Stamms, zu dem die | |
beiden Männer im Boot gehören. Genau 7.738 von 8 Millionen | |
Quadratkilometern Regenwald. Gelegen im Bundesstaat Pará, am Rio Xingú, dem | |
letzten großen Nebenarm des Amazonas, bevor der in den Atlantik fließt. | |
Die Parakanã bekamen das Land vor zwölf Jahren zur alleinigen Nutzung | |
zugesprochen, weil schon ihre Vorfahren hier jagten, sammelten, Kinder | |
bekamen – lange bevor es den Staat Brasilien gab. Nie würden sie den Wald | |
für Viehweiden oder Sojaplantagen abholzen, den Boden auf der Suche nach | |
Erzen umgraben. Das verbietet ihre Kultur. | |
Die Parakanã können sich ohne Übertreibung die Hüter des Waldes nennen, aus | |
der Luft kann man gut erkennen, wo ihre Territorien liegen. Es sind die | |
durchgängig grünen Flächen. Wer genauer hinschaut, entdeckt an den Rändern | |
braune Flecken, die sich in die Gebiete hineinlegen wie Teppiche. | |
## Holzfäller und Goldsucher schlagen zu | |
Wegen der braunen Flecken sitzen wir in diesem Stahlboot mit Außenbordmotor | |
und zwei Sprittonnen. Wer im Regenwald auf dem Wasser unterwegs ist, | |
braucht genügend Diesel. Die Parakanã wollen uns deutschen Journalisten | |
zeigen, wo Holzfäller und Goldsucher mal wieder zugeschlagen haben. Dafür | |
fahren wir vom Hauptdorf Apyterewa den breiten Rio Xingú nach Süden, dann | |
den schmalen, verschlängelten São Sebastião entlang in Richtung Osten, | |
immer an den Grenzen des Parakanã-Territoriums entlang. | |
Schon drei Stunden sind wir unterwegs. Allen wird klar, warum die Jäger der | |
Parakanã, die sich zurzeit lieber Krieger nennen, ihr Gebiet nicht schützen | |
können. Die Entfernungen sind immens, der Regenwald ist in vielen Teilen | |
undurchdringlich. Die schnellsten und oft auch einzigen Wege sind die auf | |
dem Wasser. | |
Den Parakanã gelingt es kaum, sich den weißen Eindringlingen gegenüber | |
Respekt zu verschaffen – egal ob mit oder ohne Pfeil und Bogen. Deswegen | |
meiden sie direkte Konfrontationen. Meist sprechen sie auch nicht dieselbe | |
Sprache – weder kulturell noch linguistisch. | |
„Unsere große Aufgabe ist es, das Land zu schützen und zu bewahren“, sagt | |
Kawore, 31, schwarz glänzende Haare, ein Jaguarzahn am Lederband um den | |
Hals. Natürlich hat er den Jaguar selbst erlegt. Sein Nachname: Parakanã. | |
So heißen alle Mitglieder seiner Ethnie. Kawore ist einer der drei | |
gewählten Vertreter seines Dorfes, eine Art Vize-Kazike, verantwortlich für | |
den Kontakt nach außen, für Gespräche mit der Regierung, für Treffen mit | |
anderen indigenen Ethnien, die dieselben Probleme haben. Es gibt mehr als | |
300 in Brasilien. Als einer der ganz wenigen seines Volks spricht Kawore | |
Portugiesisch. | |
Lange waren die Kettensägen still, erzählt er, doch in letzter Zeit werde | |
wieder viel gerodet, fast tausend Hektar im September letzten Jahres. Das | |
zeigen Luftaufnahmen, die die Parakanã mit Hilfe der Indigenenbehörde Funai | |
gemacht haben. Mehrfach haben sie Anzeige erstattet, doch nichts ist | |
passiert. | |
Finden sie bei Polizei, Politik und Justiz kein Gehör, sind die Indigenen | |
machtlos. Die Parakanã im Apyterewa-Reservat sind nur 470 Menschen – ohne | |
Finanzkraft und ohne wichtige Player in ihren Reihen. Seit vierzig Jahren | |
kämpfen sie für ihr Land, sagt Kawore. „Die aktuelle Regierung taugt | |
nichts. Wir merken schon jetzt, dass sie indigene Gebiete freigeben und | |
Eindringlinge stärken will.“ Der Umweltminister, den der rechtsextreme | |
Präsident Jair Bolsonaro für seine Regierung gewählt hat, [1][wandte sich | |
vor Kurzem an die Holzfäller im Amazonasgebiet]: „Ihr seid die Guten in | |
diesem Land, die, die arbeiten.“ | |
436.600 Quadratkilometer Regenwald wurden im brasilianischen Teil des | |
Amazonasgebiets seit 1988 abgeholzt. Das ist deutlich mehr, als Deutschland | |
groß ist (353.500 Quadratkilometer). Der Höhepunkt der Rodungen war Mitte | |
der neunziger Jahre, mit rund 29.000 Quadratkilometern pro Jahr. 2004 starb | |
noch einmal fast so viel Wald. Dann gingen die Zahlen wegen besserer | |
Überwachungsmöglichkeiten zurück, um seit 2015 wieder anzusteigen. | |
Menschen drängen in den Regenwald, die Rinder züchten, Gensoja anbauen und | |
Bodenschätze finden wollen. Bäume stören da nur. Das findet auch Jair | |
Bolsonaro. Immer wieder fordert der Präsident mehr Platz fürs Agrobusiness. | |
„Wir wollen die Natur schützen, aber ohne dabei Hindernisse für den | |
Fortschritt zu schaffen“, sagte er vor seinem Amtsantritt. | |
Links Indigenengebiet, dichter Regenwald, ab und zu Schilder: nicht | |
betreten. Rechts das Brasilien für jedermann, oft mit unklaren | |
Landverhältnissen, doppelten Urkunden, löchrigem Waldbestand. Je weiter wir | |
nach Osten kommen, umso häufiger sehen wir, dass Wald fehlt, dass das grüne | |
Uferband durchbrochen ist – auch auf der geschützten Seite. | |
Die Grenze, wo Weideland auf Wald stößt, rückt aus dem Gensoja-Bundesstaat | |
Mato Grosso im Süden und von der Küste im Osten immer weiter vor. Noch hält | |
der kleine Fluss, auf dem wir fahren, die Mehrheit der Siedler, Viehbauern, | |
Minenarbeiter und Zuckerrohrpflanzer ab. Doch wie lange noch? | |
## Anführerin der Aggrarlobby als Ministerin | |
Da vorn: Ein Seil hängt über den São Sebastião. Irritierte Blicke der | |
Parakanã. Der Bootsführer drosselt den Motor. Kein Mensch zu sehen. Einer | |
muss das Seil hochheben, damit wir darunter durchgleiten können. Wer einen | |
Beweis dafür sucht, wie regelmäßig Fremde ins Gebiet der Indigenen | |
vordringen, hat ihn gefunden: ein Seil über den Fluss, an dem man sich | |
hinüberziehen kann, um Holz wegzubringen und vielleicht schon Rinder | |
hinzubringen. Die Regierung dürften solche Übergriffe nicht stören, denn | |
Bolsonaro hat Tereza Cristina Corrêa zur Agrarministerin gemacht. Sie ist | |
die Anführerin der Agrarlobby im Parlament und plädierte immer für die | |
Ausweitung von Weide- und Ackerflächen. | |
Hinter der nächsten Biegung liegt ein Floß. Die beiden Jäger an der Spitze | |
des Bootes haben es gesichtet: Ein Ponton aus Holz, darauf ein Gerüst, das | |
Dach ist aus zerschlissenen Planen, die man seitlich herunterziehen kann, | |
gegen den Regen. Drinnen: eine kleine Küche, Hängematten, eine | |
provisorische Dusche. Daneben stehen schwere Gerätschaften aus Metall, | |
Pumpen und Trommeln sowie Schläuche, die ins Wasser ragen und das Flussbett | |
absaugen. | |
Ein paar Quadratmeter nur groß, Arbeitsplatz und Wohnort zugleich. Wir | |
sehen Garimpeiros – so heißen illegale Goldsucher in Brasilien. Ein paar | |
Männer mit Shorts und freiem Oberkörper, wenige Kilometer weiter wird es | |
eine Familie mit Kindern sein. Die Parakanã beäugen die Garimpeiros | |
misstrauisch. Sie sind es, die mit Quecksilber und Cyanid den Fluss | |
verschmutzen, in dem die Parakanã schwimmen und Wäsche waschen. Sie | |
vergiften die Fische, die die Parakanã essen. | |
„Der Fluss und der Fisch sind das Wichtigste in unserem Leben“, sagt am | |
nächsten Tag Woxeyma, sie ist klein, hat lange Haare, ein rundes, fast | |
faltenloses Gesicht und bemalte Waden. Die Parakanã malen grafische Muster | |
auf ihre Haut, Doppelspitzen auf ihre Wangen. Die Farbe mischen sie aus dem | |
Saft der Jenipapofrucht und Asche. Ältere Männer tragen noch den | |
Lippenpflock, ein Stück Holz, das ihnen als Jugendlichen durch ein Loch in | |
der Unterlippe geführt wurde. | |
Auch Woxeyma lebt im Dorf Apyterewa. Ihr Alter weiß sie nicht. Über sechzig | |
jedenfalls, denn sie bekommt Rente. Wie die anderen wohnt sie in einer der | |
mit Palmwedeln oder Wellblech gedeckten Holzhütten, zwischen denen kleine | |
Kinder, Hunde und Hühner herumrennen. | |
Die Frauen treffen sich vor Woxeymas Hütte, sitzen in Hängematten, auf | |
kleinen Schemeln, auf Schildkrötenpanzern. Über einem niedrigen Lagerfeuer | |
gart Fisch. Es sind auch Frauen aus anderen Parakanã-Dörfern da, die | |
verteilt im Territorium liegen. Gekommen sind sie auf dem Sozius eines | |
Mopeds oder stehend auf einem der ganz wenigen Pick-ups. | |
Sie wollen wissen, wie viele Garimpeiros wir gestern gesehen haben. Keine | |
von ihnen war jemals in dieser Richtung unterwegs, vor allem nicht so weit. | |
„Wir hatten schon Hautausschläge wegen dem Schmutz im Fluss“, sagt eine. | |
Sie reden in Akwáwa, einem Dialekt des Tupi-Guaraní, miteinander. Eine von | |
ihnen übersetzt. | |
Sie erzählen, wie es früher war, als das Wasser noch so klar war, dass man | |
den Boden sehen konnte. Als im Fluss viel mehr Arten schwammen, auch | |
Zierfische, Stechrochen und Schildkröten. | |
„Wir finden noch genügend Fisch zum Essen.“ | |
„Aber der Geschmack ist bitter.“ | |
„Wir wissen auch nicht, was mit dem Fluss passiert.“ | |
„Er hat keine Trinkwasserqualität mehr.“ | |
„Vor Kurzem wurde das Wasser untersucht, es ist sehr verseucht.“ | |
Die Frauen beklagen, dass das industrialisierte Essen sie krank mache, dass | |
man sich inzwischen an Milch und Limonade gewöhnt habe, die Männer an | |
Alkohol. Dass Bolsonaro die kubanischen Ärzte, die in den entlegenen | |
Gebieten arbeiteten, mit seinen Anfeindungen verscheuche. Und dass die | |
Staudammgesellschaft Norte Energia nur einen Teil der Schulen, | |
Trinkwasserreservoirs und Gesundheitsposten gebaut hat, die sie versprochen | |
hatte, um im 400 Kilometer entfernten Altamira den drittgrößten Staudamm | |
der Welt bauen zu dürfen. Für den Staudamm wurden Zehntausende Hektar Wald | |
gerodet. | |
## Reservate in der Verfassung verankert | |
0,4 Prozent der brasilianischen Bevölkerung gehören indigenen Ethnien an, | |
manche davon meiden jeden Kontakt zu Weißen. Nachdem in den Sechzigern und | |
Siebzigern Genozide verübt wurden, setzte sich die Einsicht durch, dass | |
Reservate nötig sind. Seit 1988 ist das in der Verfassung verankert. Zwar | |
gehören den Indigenen diese Gebiete nicht, aber nur sie dürfen sie nutzen. | |
Damit ein Stück Land zum Reservat wird, müssen viele Schritte gegangen | |
werden, am Ende muss der Präsident unterschreiben. Gerade befinden sich 128 | |
Gebiete in diesem Prozess. | |
Lula da Silva hat in seiner Amtszeit 88 anerkannt, Dilma Rousseff 18, | |
Michel Temer eines und Jair Bolsonaro keins, bisher. Niemand erwartet, dass | |
sich daran etwas ändern wird. | |
Im November 2018 sagte Bolsonaro: „In Bolivien gibt es einen Indianer, der | |
Präsident ist. Warum sollen wir sie in Brasilien in Reservaten wegsperren | |
als wären sie Tiere im Zoo?“ Und weiter: „Der Indianer will sich | |
entwickeln, will einen Arzt, Zahnarzt, Internet, ein Auto, eine Flugreise. | |
Wenn er Kontakt mit der Zivilisation hat, passt er sich langsam an eine | |
andere Lebensweise an, die viel besser ist als seine.“ | |
Der rechtsextreme Präsident hat angekündigt, bestehende Reservate zu prüfen | |
und wenn möglich abzuerkennen. Ihn stört der Sonderstatus, dem 12,5 Prozent | |
des Landes unterliegen. „Unter dem indigenen Land liegt Wohlstand“, hat er | |
verheißungsvoll angekündigt. Bolsonaro lobte den Stamm der Paresí, der sich | |
selbst über das Verbot hinwegsetzt und Gensoja anbaut. | |
Die Funai, die Behörde, die seit 1967 für den Schutz der Indigenen und der | |
Reservate zuständig ist, wurde von Bolsonaro im Januar quasi entmachtet. Er | |
hatte die Behörde aufgeteilt und dem Agrarministerium sowie dem | |
Familienministerium unterstellt. Ein Gericht untersagte das vorläufig. | |
Jetzt ist wieder das Justizministerium zuständig. Vor ein paar Tagen | |
stellte Bolsonaro einen neuen Mann, Marcelo Xavier da Silva, an die Spitze | |
der Funai – ein Freund der Agrarbusiness-Lobby. | |
## Brandanschläge und Gummigeschosse | |
Innerhalb der ersten vier Monate nach Bolsonaros Wahlsieg im Oktober gab es | |
16 schwere Übergriffe auf Indigene, davon 4 Morde. Außerdem haben Farmer | |
Gesundheitszentren angezündet und Dörfer mit Gummigeschossen attackiert. | |
Das dokumentierten indigene Organisationen und berichteten es der | |
Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte. Schätzungen des | |
Indigenenmissionsrats zufolge gab es von Januar bis Mai zweieinhalb Mal so | |
viele Angriffe auf Reservate wie zuvor. Die ersten indigenen Ethnien gehen | |
mit ihrer Angst vor einem Genozid an die Öffentlichkeit. | |
Einer der beiden Krieger im Bug unseres Bootes war schon oft dabei, wenn | |
die Parakanã Anzeige erstattet oder Proteste gestartet haben. „Einmal in | |
Brasília stand ich mit Pfeil und Bogen 800 Polizisten gegenüber“, erinnert | |
er sich. „Wir sind ein friedliches Volk“, sagt er dann. „Wir streiten uns | |
nicht. Suchen den Dialog. Doch wo ist er?“ | |
Er erzählt, dass er schlecht schlafe, seit Jair Bolsonaro an der Macht ist. | |
Und dass er wieder mehr Pfeile schnitze – gegen die Angst und gegen das | |
Gefühl der Machtlosigkeit. | |
Es wird Abend und es ist anzunehmen: Heute schaffen wir es nicht zurück ins | |
Dorf. Da rücken die Parakanã mit dem eigentlichen Plan raus. Ihr wahres | |
Ziel: die Station der Funai, die noch ein Stück den Fluss hoch liegt. Sie | |
wollen die Zerstörung ihres Landes durch Eindringlinge noch einmal | |
anzeigen. Wir Journalisten sollen das dokumentieren und in die Welt tragen. | |
Spannend. Hier passiert was. Und wir mittendrin. | |
Ist das, was die Parakanã vorhaben, eine gute Idee? Oder eine überstürzte | |
Aktion? Sie haben uns nicht die Wahrheit gesagt. Wir fühlen uns benutzt. | |
Was, wenn jemand von uns täglich Medikamente gebraucht hätte? Wir haben | |
nicht viel Wasser dabei, das Handy ohne Ladegerät. Den Parakanã war die | |
ganze Zeit klar, dass das kein Nachmittagsausflug wird. | |
Das Boot hat kein Licht. Dörfer haben wir lange nicht gesehen. Es ist | |
dunkel. Der Bootsführer leuchtet notdürftig mit einer Taschenlampe. Kurz | |
vor der Funai-Station müssen wir bei einem Goldgräber-Floß nach dem Weg | |
fragen. „Ihr bleibt im Boot!“, bedeuten uns die Parakanã, als wir endlich | |
an der Station auf der Indigenen-Seite des Flusses anlegen. Der Vize-Kazike | |
kommt eine Viertelstunde später zurück. Kleinlaut: „Sie werden euch in den | |
nächsten Ort bringen.“ Hier in der Station dürfen nur Indigene übernachten. | |
## Kraterlandschaft für die Handyproduktion | |
Polizisten der Força Nacional fahren uns in Jeeps über eine Brücke, hinaus | |
aus dem Reservat und durch eine Kraterlandschaft. Erdhügel überall, 10 | |
Minuten, 15 Minuten, immer mehr, immer wieder. Die ursprüngliche Landschaft | |
ist kaum noch auszumachen. Hier wird nach dem Zinnerz Kassiterit für | |
Handys, Notebooks und Digitalkameras gesucht und nach Gold gegraben. Alles | |
illegal. Aber geduldet. | |
Die Polizisten, die uns begleiten und die hier für den Schutz der | |
Indigenengebiete zuständig sind, kommen täglich an diesen informellen Minen | |
vorbei, wenn sie in den nächsten Ort fahren. Keiner der illegalen Arbeiter | |
läuft bei ihrem Anblick weg, keiner versteckt sich. | |
Im Bergarbeiterort Taboca reihen sich an einer langen Straße Shops, die | |
Kettensägen und Minenzubehör verkaufen, Bordelle, Pizzerien, Diskotheken. | |
Wie weit sich die Menschen durch den Boden gewühlt haben, kann man auf | |
Google Maps sehen, auch wenn der Ort dort keinen Namen hat. | |
Wie viele Gifte hier wohl im Boden stecken? Allein der Gedanke, etwas aus | |
den Quellen oder dem Fluss in der Gegend zu trinken, ist gruselig. | |
Rund 450 informelle Minen soll es im brasilianischen Amazonasbecken geben. | |
Auch in 18 Reservaten wird abgebaut. Obwohl das dort grundsätzlich | |
untersagt ist. Doch das könnte sich bald ändern, Bolsonaro ist stolz | |
darauf, dass auch sein Vater Goldsucher war. Er hat sich bereits dafür | |
ausgesprochen, den Bergbau auch in den Reservaten zu legalisieren. Tausende | |
Anträge für Bergbaukonzessionen auf indigenem Territorium liegen den | |
Behörden vor. | |
Am nächsten Morgen wird klar: Die Parakanã haben doch nicht Anzeige | |
erstattet. Vielleicht bekamen sie angesichts der Maschinenpistolen der | |
Sicherheitskräfte Angst. „Wir haben uns verfahren“ soll alles gewesen sein, | |
was sie der Behörde und der Força Nacional gesagt haben. | |
Nach vielen Stunden Rückfahrt entschuldigt sich der Vize-Kazike Kawore | |
abends beim Stammestreffen ausführlich und sehr bedrückt dafür, dass sie | |
uns überrumpelt haben. Er sagt, Kazikes anderer Dörfer hätten ihn | |
überredet. Die einmalige Gelegenheit, Journalisten im Gebiet zu haben, | |
müsse man nutzen. | |
Die Parakanã sind hilflos. Unter Bolsonaro mehr denn je. | |
30 Jul 2019 | |
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## AUTOREN | |
Anja Martin | |
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