Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Programm für Regierungsbeteiligung: Sachsen-AfD droht schon mal
> Die sächsische AfD gibt bekannt, was sie im Fall eines Wahlsiegs ändern
> würde. Initiativen für Demokratie und Flüchtlinge bekämen Probleme.
Bild: AfD-Demonstration im Juni in Dresden
Zeuthen taz | Die AfD in Sachsen strotzt nach den Erfolgen zur Europa- und
Kommunalwahl Ende Mai vor Selbstbewusstsein. „Früher oder später werden wir
hier regieren“, verkündet der Landesvorsitzende Jörg Urban auf einer
Pressekonferenz am Montag. Die 9,7 Stimmenprozente von 2014 möchte man zur
Landtagswahl am 1. September am liebsten verdreifachen.
Mit den Worten „Auf dem Weg zur stärksten Fraktion“ war die Einladung für
die Veranstaltung überschrieben. Weil man sich als sächsischer
Landesverband wegen des aussichtsreichen Machtkampfes auch bundesweit für
bedeutsam hält, wählte die AfD ein idyllisches Seehotel in Zeuthen bei
Berlin für die Präsentation, um auch Hauptstadtjournalisten der
„Leitmedien“ anzulocken. Mit Erfolg.
Weil die CDU mit Ministerpräsident Michael Kretschmer Koalitionen mit AfD
und Linken nach wie vor ausschließt, scheint der AfD Sachsen nach dem
1.September nur die Rolle einer „starken Opposition“ zu bleiben. Sollte die
AfD aber wider Erwarten doch von der CDU angesprochen werden, will man die
Mitglieder befragen. Eigentlich aber hatte Urban als Bedingung für eine
denkbare „bürgerliche Koalition“ mit der Union die eigene „intellektuelle
Führung“ genannt.
Zugleich sieht er aber Chancen für den Plan B, „Leute aus anderen
Fraktionen herauszubrechen“, die zu einer Regierungsmehrheit verhelfen
könnten. Kandidaten dafür will er in allen Parteien entdeckt haben. Die
Tolerierung einer Minderheitsregierung unter CDU-Führung schließt er aus.
## AfD will das Innenministerium
Das am 1. Juni von einem Parteitag beschlossene sächsische Wahlprogramm
wird nach langer Redaktionszeit erst Ende dieser Woche veröffentlicht. Im
Vertrauen auf einen Wahlsieg verteilt die AfD Sachsen aber bereits jetzt
das sprichwörtliche Fell des Bären, bevor er erlegt ist. So beansprucht man
ein Super-Bildungsministerium, das aus den bisherigen Ressorts für Kultus
und Wissenschaft und Kunst gebildet werden soll. Auch das Innenministerium
möchte die AfD besetzen.
Nach fünf Jahren im Landtag wussten Urban und seine mitgebrachten
Fachpolitiker übrigens nicht, dass Kultur und Kunst bereits im
Wissenschaftsministerium angesiedelt sind. Das sei zwar „nicht die größte
Baustelle im Land“, man wolle aber Kultur nicht abschaffen, versicherte der
Landesvorsitzende. Allerdings will man „linksextremen Vereinen“ und
Demokratieinitiativen genauer auf die Finger schauen und Fördergelder
streichen, darunter dem Sächsischen Flüchtlingsrat. Anders als noch vor
fünf Jahren besteht die AfD nicht mehr auf der Schließung der
Landeszentrale für Politische Bildung.
Inhaltlich hat die AfD für ihre ersten Regierungsvorhaben zahlreiche
populäre Anleihen bei CDU, Linken und Grünen aufgenommen. Der
sozialpolitische Sprecher André Wendt verkündete Wohltaten wie
Landarztquote, Pflegefördergeld, erweitertes Landeserziehungsgeld,
kostenfreies Schulessen und mittelfristig die Abschaffung aller
Kita-Gebühren. Finanzieren will das Haushaltspolitiker André Barth aus
eingesparten Geldern bei der Flüchtlingsintegration, bei der Imagekampagane
„So geht sächsisch“ und durch globale Minderausgaben für Personal.
## Volksentscheide über Moscheen
Über alle wesentlichen Fragen soll es Volksentscheide geben, auch bei
Sakralbauten wie Moscheen sollen Bürger befragt werden. Ähnlich wie die
polnische PiS-Partei weiß die AfD, dass sie Erfolge vor allem in
strukturschwachen Gebieten hat und erklärt deshalb die ländlichen Räume zu
einem Schwerpunkt ihrer Politik.
André Barth wagte weitere Erklärungsversuche für den AfD-Erfolg im Osten:
Mangelnde Erfahrung mit Ausländern, die Überforderung durch
Transformationsprozesse nach 1990 und das Selbstbewusstsein eines
Regimesturzes 1989 nannte er als Faktoren. „In der DDR wurde man
sozialistisch, aber auch nationalistischer erzogen“, stellte er die
Ost-Prägungen dem vermeintlich üblen Einfluss der West-Achtundsechziger
gegenüber. Selbstentlarvend klang die Feststellung, dass das heute links
dominierte Leipzig „schon immer weltoffener gewesen ist“.
Dass die AfD repressiver gegen Kriminalität vorgehen will, überrascht
nicht. Eher schon die Behauptung, dass der erste Bundeskanzler Konrad
Adenauer heute gewiss AfD-Mitglied wäre.
25 Jun 2019
## AUTOREN
Michael Bartsch
## TAGS
Schwerpunkt Landtagswahlen
Schwerpunkt AfD
Sachsen
Holger Stahlknecht
AfD Sachsen
Schwerpunkt Landtagswahlen
Schwerpunkt Landtagswahlen
Kulturkampf
Schwerpunkt AfD
## ARTIKEL ZUM THEMA
Rainer Wendt doch kein Staatssekretär: Hochgradig verantwortungslos
Dass die Koalitionspartner in Sachsen-Anhalt die Personalie Rainer Wendt
blockieren würden, war klar. Was sollte das Ganze also?
AfD in Sachsen: Wut, Trotz und Selbstmitleid
Auf die eingekürzte Landesliste der AfD reagieren die anderen Parteien noch
nicht wahltaktisch. In der Bevölkerung sind die Reaktionen gemischt.
Kommentar AfD-Liste Sachsen: Ein Aufschub schadet nur
Die AfD kann vor den Landtagswahlen in Sachsen keine Rechtsmittel gegen die
kürzere Liste einlegen. Die Regelung ist sinnvoll – aber nicht in diesem
Fall.
Vor der Landtagswahl in Sachsen: #Unteilbar plant Großdemo
In den kommenden Wochen will „Unteilbar“ in Sachsen ein Zeichen für
Solidarität setzen. In Leipzig und Dresden sind Demonstrationen geplant.
Kulturpolitik in der sächsischen AfD: Der Beginn eines Kulturkampfes
Die Kulturpolitik der AfD in Ostdeutschland ist von klaren patriotischen
Interessen geleitet. Gleichzeitig zeugt sie von wenig Kompetenz.
Parteien in Sachsen-Anhalt: Der AfD-Fanclub in der CDU-Spitze
Führende CDU-Politiker in Sachsen-Anhalt wollen eine Koalition mit der AfD
vorbereiten. Sie könnten die Regierung mit SPD und Grünen sprengen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.