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# taz.de -- Urteil des Europäischen Gerichtshofes: Polens Justizreform nicht r…
> Mit einer Absenkung des Rentenalters wollte die polnische Regierung
> offenbar viele Richter loswerden. Nun verurteilte der EuGH das Land
> dafür.
Bild: Ein Transparent mit der Aufschrift „Verfassung“ am Obersten Gericht i…
Der Austausch vieler erfahrener Richter am Obersten Gericht Polens verstieß
gegen EU-Recht. Dies stellte der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Montag
in Luxemburg fest. Das Gericht verurteilte Polen damit erstmals im
Zusammenhang mit den rechtsstaatlich bedenklichen Justizreformen.
Seit 2015 regiert die nationalkonservative Partei PiS in Polen. Seitdem
versucht sie die polnische Justiz unter ihre Kontrolle zu bekommen.
Verschiedene Gesetze veränderten unter anderem die Regeln für die Besetzung
des Verfassungsgerichts, des Obersten Gerichts und des
Justizverwaltungsrats, der die Richter wählt.
Im konkreten Fall ging es um die [1][Absenkung des Pensionsalters am
Obersten Gericht von 70 auf 65 Jahre]. Die polnische Regierung erklärte,
dass sie damit nur die Pensionsgrenze an das allgemeine
Renteneintrittsalter in Polen anpassen wollte. Allerdings hatte dies zur
Auswechslung von 27 der 72 Richter des Gerichts geführt. Betroffen war auch
die Präsidentin des Gerichts, Malgorzata Gersdorf, eine vehemente
Kritikerin der bisherigen Justizreformen.
Die Maßnahmen, die im April 2018 in Kraft traten, wurden bereits im Oktober
2018 vom Europäischen Gerichtshof durch eine einstweilige Anordnung
gestoppt. Polen akzeptierte die Anordnung und nahm einen Monat später die
Reform sogar zurück, die pensionierten Richter wurden wieder in ihr Amt
eingesetzt. Die EU-Kommission nahm ihre Klage wegen der grundlegenden
Bedeutung des Falles aber nicht zurück.
Der Europäische Gerichtshof entschied nun, dass die polnische Reform die
Prinzipien der Unabhängigkeit der Gerichte verletzt hatte. Wenn das
Pensionsalter ohne Übergangsregelung abgesenkt wird, führe das zu einer
verkürzten Amtszeit von gewählten Richtern. Dies wecke ernsthafte Zweifel
an den wahren Zielen der Reform und beeinträchtige daher den Grundsatz der
Unabsetzbarkeit der Richter.
## Kein überraschendes Urteil
Auch die in der Reform vorgesehene Möglichkeit, dass der polnische
Präsident die Amtszeit der obersten Richter auf Antrag verlängern kann,
verletzte laut dem Gericht die Unabhängigkeit der polnischen Justiz. Denn
das Gesetz sah keine Kriterien und keine Begründungspflicht hierfür vor.
Der Präsident konnte also nach freiem Ermessen über die Amtszeit oberster
Richter entscheiden.
Das [2][Urteil kommt nicht überraschend]. Der EuGH folgte damit dem
Schlussantrag des unabhängigen Generalanwalts Evgeni Tanchev vom April
2019. Wie der Generalanwalt stützte sich der Europäische Gerichtshof auf
Artikel 19 des EU-Vertrags: „Die Mitgliedstaaten schaffen die
erforderlichen Rechtsbehelfe, damit ein wirksamer Rechtsschutz in den vom
Unionsrecht erfassten Bereichen gewährleistet ist.“
Der EuGH kann so die Justizstruktur in den EU-Staaten nicht nur (wie
früher) bei der konkreten Anwendung von EU-Recht kontrollieren, sondern
schon dann, wenn diese abstrakt für die Anwendung von EU-Recht zuständig
sein könnte. Diese Lösung hatte der EuGH bereits Anfang 2018 in einem
Urteil gegen Portugal entwickelt.
24 Jun 2019
## LINKS
[1] /EuGH-Anordnung-zu-Polens-Justizreform/!5544480
[2] /EuGH-Verfahren-zur-Justizreform/!5604981
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Polen
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