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# taz.de -- SPD gegen Sarrazin: Dritter Anlauf zum Parteiausschluss
> Zum wiederholten Male versucht die SPD, Thilo Sarrazin wegen seiner
> islamfeindlichen Aussagen aus der Partei zu werfen. Der gibt sich
> siegessicher.
Bild: Findet, er hat Recht: Thilo Sarrazin, (noch) SPD
Berlin taz | „Die rote Linie ist schon x-Mal überschritten worden“, poltert
ein älteres SPD-Mitglied in der Verfahrenspause. Bereits eine Stunde lang
hat er im Rathaus Berlin-Charlottenburg den Auftakt des
[1][Ordnungsverfahrens gegen den ehemaligen SPD-Politiker Thilo Sarrazin]
mitverfolgt. Hier soll eine Schiedskommission über Sarrazins Verbleib in
der Partei entscheiden.
Für die SPD ist es der dritte Versuch, Sarrazin loszuwerden. Vor dem
Auftakt des Verfahrens gab dieser sich siegessicher. Er habe ein „sehr
gutes Gefühl“, sagte der 74-Jährige. „Wenn man recht hat, kann man immer
auch ein gutes Gefühl haben.“
Schon im vergangenen Dezember hatte die Parteiführung das Verfahren
angekündigt, nachdem Sarrazin wenige Monate zuvor sein islamfeindliches
Buch „Feindliche Übernahme“ veröffentlicht hatte. Sarrazin habe der Partei
geschadet, seine Thesen seien mit „nicht mit den Grundsätzen der SPD
vereinbar“, erklärte damals SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil. Er stützte
sich dabei auf eine parteiinterne Untersuchungskommission.
Bereits vor zehn Jahren hatte der Kreisverband Berlin-Spandau einen
Ausschluss Sarrazins gefordert. Der damalige Bundesbankvorstand Sarrazin
hatte damals mit einem Interview in der Kulturzeitschrift Lettre
International unter anderem den Integrationswillen von Türken und Arabern
in Berlin infrage gestellt.
## „Nicht meine Absicht“
„Ich muss niemanden anerkennen, der vom Staat lebt, diesen Staat ablehnt,
für die Ausbildung seiner Kinder nicht vernünftig sorgt und ständig neue
kleine Kopftuchmädchen produziert“, so Sarrazin damals. Kurz darauf
entschuldigte er sich. Es sei nicht seine Absicht gewesen, einzelne
Volksgruppen zu diskreditieren. Die Landesschiedskommission der Berliner
SPD lehnte den Ausschluss ab.
Kaum ein Jahr später kehrte Sarrazin allerdings umso krachender in die
Schlagzeilen zurück. Mit seinem Buch „Deutschland schafft sich ab“ belegte
er für Monate den ersten Platz der Spiegel-Bestsellerliste. Darin hatte
Sarrazin unter anderem die These vertreten, dass Deutschland schrumpfe und
verdumme, weil bildungsferne und muslimische Migranten mehr Kinder bekämen
als Menschen mit einer höheren Bildung. Die Partei hatte ihn daraufhin
unter Führung von Generalsekretärin Andrea Nahles zunächst ausschließen
wollen. Letztlich einigte sie sich noch vor Abschluss des Verfahrens mit
dem Rechtsaußen.
Sarrazin hatte damals versprochen, sein Bekenntnis zu sozialdemokratischen
Grundsätzen in Diskussionsbeiträgen nicht mehr infrage zu stellen. In den
Jahren danach verdingte sich der ehemalige Berliner Finanzsenator
allerdings weiter als Bestsellerautor und veröffentlichte fast jährlich
neue fragwürdige Bücher.
## Leichter Dämpfer für SPD-Führung
Seine Zukunft in der SPD liegt nun in der Hand eines Parteigerichts unter
der Führung des früheren Verwaltungsgerichtspräsidenten Hans-Peter Rueß.
Die Verhandlung vor einem solchen Gericht ist mit das schärfste Schwert,
mit dem die SPD noch gegen Sarrazin vorgehen kann. Nur wer „erheblich gegen
die Grundsätze oder die Ordnung der Partei verstoßen hat“, kann laut den
Parteistatuten ausgeschlossen werden.
Bereits vor Beginn des Verfahrens hatte die SPD-Führung allerdings einen
leichten Dämpfer einstecken müssen: Die zuständige Schiedskommission hatte
dem Vorstand mitgeteilt, dass dessen Vorwürfe mit Bezug auf Sarrazins
jüngstes Buch „dem Begründungserfordernis nicht entsprechen“ würden. Der
Vorstand solle die umstrittenen Aussagen konkret darlegen, die „den Vorwurf
eines parteischädigenden Verhaltens rechtfertigen“, hieß es in einer
schriftlichen Mitteilung, die dem Spiegel vorlag.
Ob der Ausschluss Sarrazins aus der SPD diesmal gelingt, bleibt abzuwarten,
das Urteil soll innerhalb der nächsten drei Wochen verkündet werden.
26 Jun 2019
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## AUTOREN
Julian Schmidt-Farrent
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