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# taz.de -- Ferienlektüre für Kinder: 167 Tage im Kajak
> Drei neue Kinderbücher erzählen unverkrampft von außergewöhnlichen
> Reisen, Achtsamkeit, Selbstvertrauen und Mut. Sie sind virtuos
> illustriert.
Bild: Auf der Suche nach einem Jungen namens Wim
Aleksander Doba war bereits 65 Jahre alt, als er allein, in einem Kajak
paddelnd den Atlantik überquerte. Die erste seiner transatlantischen Reisen
führte den polnischen Ingenieur und Abenteurer in 98 Tagen vom Senegal nach
Brasilien. Danach überquerte der bärtige Abenteurer noch zweimal, 2013 und
2016, das Meer zwischen Amerika und Europa. Seine längste Kajaktour dauerte
167 Tage. Selbstverständlich fand Dobas Rekord Eingang ins Guinessbuch der
Rekorde. Doch wie geht man in einem Kajak auf Toilette, wo kann man
schlafen oder was passiert dort bei meterhohem Wellengang?
Diese und andere brennende Fragen beantworten die Autoren Agata
Loth-Ignaciuk und Bartlomiej Ignaciuk in ihrem detailreich illustrierten
Buch „14000 Meilen über das Meer“. Auf den kontrastreich und übersichtlich
gestalteten Bildseiten verfolgen wir Aleksander Dobas Abenteuer von der
ersten Entwurfsskizze seines ozeantauglichen Kajaks Olo über letzte
logistische Reisevorbereitungen bis hin zu den alltäglichen
Herausforderungen auf See. In kurze Abschnitte gegliedert erzählt der
Reisebericht von den Erfahrungen mit Meeresbewohnern, fatalen
Missgeschicken und notwendigen Reparaturen an Bord. Anschaulich wird die
Funktion einer Entsalzungsanlage oder eines Treibankers erläutert.
Trotzdem ist „14000 Meilen über das Meer“ weit mehr als ein lehrreiches
Sachbuch. Ungläubig staunend folgt man den Schilderungen dieser drei
unwirtlichen Fahrten, erleichtert über deren glücklichen Ausgang. Fast
automatisch weckt die Lektüre Fragen nach den eigenen Ängsten und Träumen.
Was den polnischen Abenteurer trotz aller Risiken und Strapazen zu dieser
Ausnahmeleistung antrieb, deutet er auf den ersten Seiten des Buches vage
an: „Kajakfahren ist ein großer Spaß. Ich kann es nur jedem empfehlen es
auszuprobieren. Um mit einem Kajak sicher den Atlantik zu überqueren,
braucht es aber viel Wissen, Erfahrung und Können. Erst als ich über all
das verfügte, konnte ich die Ozeanfahrten richtig genießen.“
## Drei große Koffer
Aber natürlich muss nicht jeder im Kajak den Atlantik bezwingen, um
glücklich zu sein. Der [1][Schriftsteller Christoph Hein] hat in seinem
Kinderbuch „Alles, was du brauchst“ in knappen, persönlich verfassten
Kapiteln über die 20 seiner Meinung nach wichtigsten Dinge im Leben
geschrieben, die dabei helfen, ein zufriedener Mensch zu werden. Schön ist
es einen Freund, ein Fahrrad, eine Katze, Geschichten oder den Mut zu haben
über den eigenen Schatten zu springen. Die durch den großen Erfolg ihrer
Wimmelbücher berühmt gewordene Illustratorin Rotraut Susanne Berner hat
dafür sehr prägnante Bilder gefunden, die Heins Ausführungen um eine
zusätzliche Ebene bereichern und eine verschmitzte Note hinzufügen.
Vielversprechend leuchtet es auf dem von ihr gestalteten Titel aus einem
schrankhohen, roten Koffer. Etwas ratlos schaut ein junger Mensch hinein.
In seiner Einleitung erzählt Hein, wie die Idee zu dem schmalen Band
entstand und was es mit dem Koffer auf sich hat: In seiner Kindheit sollte
er für einen längeren Krankenhausaufenthalt verschickt werden und packte
dafür drei große Koffer mit Dingen, von denen er annahm, dass er sie in
dieser einsamen Zeit unbedingt brauchen würde. Überraschenderweise blieben
die Koffer dann ungeöffnet in einer Ecke des Krankenzimmers stehen.
## Alltagsnahe Episoden
Mit einiger Lebenserfahrung ausgestattet richtet der 75-jährige
Schriftsteller seine Geschichten an Kinder. Sicher zuweilen in etwas
altväterlichem Ton, aber stets aufrichtig und gelassen erzählt er in
alltagsnahen Episoden von den verschiedensten Empfindungen – von Freunde,
Neid, Kummer oder dem erstem Verliebtsein. Spielerisch gelingt es „Alles,
was du brauchst“ Aufmerksamkeit für die eigenen Bedürfnisse und Gefühle zu
schaffen.
Auch in „Wim ist weg“ reagiert ein kleiner Junge mit unbändiger Freude auf
das Geschenk eines roten Fahrrads. (Eigentlich ist es ja nur ein Dreirad).
Unabhängig und furchtlos macht sich Wim auf die Suche nach Abenteuern. Er
will nach Spanien mit seinem neuen Rad, auch wenn es weit ist bis dorthin.
Das lebhaft kolorierte und in dynamischen Szenen erzählte Bilderbuch
erschien erstmals 1959. Bereits mit Anfang zwanzig, schrieb und zeichnete
der Illustrator Rogier Boon die Bildergeschichte in Zusammenarbeit mit der
renommierten niederländischen Kinderbuchautorin Annie M.G. Schmidt.
Mit seinem Fahrrad bricht Wim aus der modern organisierten Welt der
Erwachsenen auf. Allein unterwegs, lässt er die Siedlung, die Stadt und den
Verkehr hinter sich. Als Vater und Mutter sein Verschwinden bemerken,
verständigen sie verzweifelt die Polizei. Sofort senden Radio- und
Fernsehsender eine Beschreibung des kleinen vermissten Jungen in jedes
Wohnzimmer. Eine wilde Taschenlampen-Suche beginnt.
Die im Januar [2][verstorbene Schriftstellerin und Übersetzerin Mirjam
Pressler] übersetzte den lange vergriffenen Band aus dem Niederländischen.
Glücklicherweise liegt damit nun wieder eine Neuauflage des immer noch sehr
lebendig wirkenden Kinderbuchklassikers vor.
29 Jun 2019
## LINKS
[1] /Neuer-Roman-von-Christoph-Hein/!5421540
[2] /Autorin-und-Uebersetzerin/!5566209
## AUTOREN
Eva-Christina Meier
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