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# taz.de -- Comics für Kinder: Farbenpracht und feiner Humor
> Ob Ketchup, Duden oder Rotkäppchen: Drei Graphic Novels für junge Leser
> beschreiben die Welt auf unkonventionelle Weise.
Bild: Aus dem Comic „Ketchup für die Königin“ von Rutu Modan.
BERLIN taz | Angeregt durch eine kuriose Unterhaltung mit ihrer kleinen
Tochter über Tischmanieren begann die israelische Comic-Autorin Rutu Modan
erstmalig eine Geschichte für Kinder zu zeichnen. Ihr Buch „Ketchup für die
Königin“ ist nun gerade auch auf Deutsch erschienen.
Eltern und Kinder kennen jene nervenaufreibenden Szenen, in denen
verzweifelt um den Gebrauch von Messer und Gabel gerungen wird. Oder um die
Nutzung von Servietten: mehr Varianz beim Essen und etwas weniger Action am
Tisch. Solch eine Situation, in der niemand besonders gut abschneidet,
nimmt in Rutu Modans Comic jedoch eine ganz und gar überraschende Wendung.
Als Ninas Vater von seiner Tochter nach dem Sinn dieser ganzen Manieren
gefragt wird, kontert er vermeintlich originell: „Und was machst du, wenn
dich die Königin von England zum Essen in den Buckingham-Palast einlädt?“
Da klingelt es an der Tür, und schon steht ein Fanfarenträger seiner
britischen Majestät in der Küche, um die kleine Nina zu einem festlichen
Dinner im königlichen Palast abzuholen.
Auf Socken und leicht beunruhigt macht sich das Mädchen im Privatflugzeug
der Royals auf den Weg nach London, wo sie die Königin, deren Erscheinung
an Hergés Operndiva in „Die Juwelen der Sängerin“ erinnert, mit ihrer
Entourage erwartet. Rutu Modans Zeichenstil ist detailreich, aber nicht
überladen, farbenprächtig, aber nicht bunt.
Mit einem feinen Gespür für Humor gelingt es ihr in unaufgeregten
szenischen Bildern und mit überraschenden Perspektiven, den nun folgenden
„Clash der Kulturen“ packend darzustellen. Ninas Neugier für diese ihr
fremde Welt, aber auch ihre mutige Selbstbehauptung bei Hofe beeindrucken
am Ende nicht nur die englische Königin.
## Eine Art Kinderduden
Auch der in Leipzig lebende US-Amerikaner James Turek zeichnet Comics.
Diesen Stil hat er nun für das Englisch-Wimmelbuch „Make My Day!“
adaptiert. Mit kräftigem Strich entwirft er darin ziemlich dynamische
Alltagsszenen – zu Hause, in der Schule, beim Arzt und im Zoo. Entstanden
ist eine Art zeitgenössischer Kinderduden für den ersten englischen
Grundwortschatz. Tiere und tierähnliche Charaktere sind die sympathischen
Protagonisten auf den turbulenten, randvollen Seiten dieses Buchs.
Doch trotz des vordergründigen Chaos erschließen sich die den Abbildungen
zugeordneten englischen Begriffe erstaunlich eindeutig. Und auch das
Verstehen der kurzen Texte in den Sprechblasen wird im Zusammenhang mit den
dargestellten Szenen leichter.
Einen sehr eigenen, unverwechselbaren und irgendwie aus der Zeit gefallenen
Zeichenstil pflegt der italienische Kinderbuchillustrator Roberto
Innocenti. In dem ungewöhnlichen Bilderbuch „Das Mädchen in Rot“ verlegt
der vielfach ausgezeichnete Autodidakt das grimmsche Märchen vom
Rotkäppchen in eine heruntergekommene, düstere Landschaft mit Highways,
trashigen Shopping Malls und heruntergekommenen Sozialblöcken.
Auf dem Weg zu ihrer kranken Großmutter bewegt sich Sophia, das Mädchen im
roten Mantel schlafwandlerisch durch einen städtischen Albtraum aus
Blechlawinen, Menschenmassen und Leuchtreklamen. Von ihrem Weg abgekommen,
begegnet sie dem Wolf, einem breitschultrigen, schwarz gekleideten
Motorradtypen. Auch das Happy End kommt für Sophia und ihre Großmutter
nicht in Gestalt eines rettenden Jägers, sondern einer Spezialeinheit der
Polizei.
Innocenti gelingt es mit dieser magisch realistischen Bildgeschichte ein
Interesse und eine ambivalente Faszination für eine Welt herzustellen, die
nicht in Ordnung ist. Der begleitende Text von Aaron Frisch schafft es
allerdings in keinem Moment, mit den starken Illustrationen Schritt zu
halten.
28 Sep 2013
## AUTOREN
Eva-Christina Meier
## TAGS
Comic
Graphic Novel
Kinder
Jugendliche
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Piraten
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