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# taz.de -- Hauptversammlung Deutsche Wohnen: Aktionäre haben Angst
> Der Vorstand des Immobilienkonzerns versucht, die Sorgen wegen
> Mietendeckel und Enteignung zu zerstreuen. So ganz klappt das aber nicht.
Bild: Uuuuh, ein Gespenst geht um – und will den Immobilienkonzern Deutsche W…
Frankfurt am Main taz | Auf dem Gelände der Frankfurter Messe bedrohen die
scharfen Zähne eines überlebensgroßen Hais Passanten. Gegen „Miethaie“
demonstrieren hier AktivistInnen von Attac und Mieterinitiativen. Sie haben
sich weiße Betttücher übergeworfen und umschwärmen heulend die Besucher der
Hauptversammlung des umstrittenen Unternehmens. „Deutsche Wohnen –
Enteignen! Ein Gespenst geht um“ steht auf ihren Plakaten.
Aufgebracht redet ein weißhaariger älterer Herr auf die Quälgeister ein.
„Seid froh, dass ich meine Ersparnisse zur Verfügung stelle, damit Sie eine
Wohnung kriegen“, sagt er. Ein anderer Aktionär argumentiert: „Woher soll
das Geld für die energetischen Sanierungen der Altbauten kommen, wenn
Wohnungsbauunternehmen keinen Gewinn mehr machen dürfen?“
Für die Deutsche Wohnen, der deutschlandweit 167.000 Wohnungen gehören,
sind die Zeiten unbequem: Ihre Geschäftspolitik steht in der öffentlichen
Kritik. Die Bürgerinitiative „Deutsche Wohnen und Co enteignen“ hat in
Berlin [1][77.000 Unterschriften gesammelt] und strebt einen Volksentscheid
an. Und anlässlich der Hauptversammlung demonstriert am Dienstag die
Berliner Kampagne mit anderen Mieterinitiativen in Frankfurt gegen den
Konzern.
Drinnen, im Saal des Kongresszentrums, scheint die Welt des Unternehmens
zunächst noch in Ordnung. Das letzte Geschäftsjahr war für die Anleger
erfolgreich: Mehr als 340 Millionen Euro Gewinn, 18 Prozent Wertsteigerung
des Wohnungsbestands, eine Aktionärsrendite von 21 Prozent.
## Kritische Aktionäre
Den Gegenwind, den die Aktionäre vor der Tür erlebt haben, nennt der
Vorstandsvorsitzende Michael Zahn „Reibung“. Er räumt das [2][schlechte
Image des Unternehmens] ein. „Um die gesellschaftliche Akzeptanz ist es
schlecht bestellt“, sagt er und verspricht, noch mehr über das Gute zu
reden, was das Unternehmen leiste. „Wir halten die Gesetze ein und
gestalten die Modernisierungen sozialverträglich“, sagt Zahn.
Mietsteigerungen von durchschnittlich 3,4 Prozent und 1,4 Prozent im
Bestand nennt er maßvoll. „Wir sind nicht das Problem, sondern ein Teil der
Problemlösung, bezahlbare Wohnungen zu schaffen“, sagt der
Unternehmenschef.
In der Aussprache zeichnen dann kritische Aktionäre ein völlig anderes
Bild. Der Berliner Politikprofessor Peter Grotian ruft der Versammlung zu:
„Es brodelt in Berlin. Da gibt es Existenzangst und Wut, die auch
unkontrollierbar werden kann!“ Grotian bietet sich als Brückenbauer an und
fordert einen konstruktiven Dialog mit der kritischen Öffentlichkeit.
Susanne Raab von der Berliner Kampagne „Deutsche Wohnen enteignen!“ nennt
die Geschäftspolitik des Unternehmens aggressiv; Schimmel und kaputte
Heizungen gehörten zum Alltag in den Berliner Mietwohnungen. In die hohe
Bewertung des Bestands seien drastische Mieterhöhungen eingepreist, warnt
sie.
## Enteignung nur „mediales Getöse“?
Wortreich antworten die Verantwortlichen auf die Fragen, etwa zum
verbesserungswürdigen Service des Unternehmens, zur Kommunikation mit den
Mietern und nach den Investitionen in Pflegeimmobilien. Viele Aktionäre
sind wegen der kritischen Debatte irritiert und machen sich Sorgen um ihre
Renditen. Die Initiatoren des Frankfurter Mietentscheids sind längst
Verhandlungspartner des Magistrats. Der [3][Berliner Senat berät zeitgleich
zur Hauptversammlung], ob in der Hauptstadt ein Mietendeckel für fünf Jahre
verhängt werden soll.
Ein Aktionär stellt dem Vorstand die Gretchenfrage: „Haben Sie einen Plan
B, wenn der Mietendeckel oder die Enteignung kommt?“ Der
Vorstandvorsitzende verspricht, den Dialog mit der Öffentlichkeit zu
intensivieren. Man habe sich für den Konflikt juristischen Sachverstand
gesichert. Sein Stellvertreter Philip Grosse nimmt die Enteignungsforderung
indes nicht wirklich ernst: „Das ist mediales Getöse, das kommt sowieso
nicht“, sagt er.
19 Jun 2019
## LINKS
[1] /Volksbegehren-zur-Deutsche-Wohnen/!5600293
[2] /Mietenstreit-in-Berlin/!5600170
[3] /Mietendeckel-in-Berlin/!5604224
## AUTOREN
Christoph Schmidt-Lunau
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