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# taz.de -- Psychotherapie-Kongress in Würzburg: Helfen und heilen?
> Christliche Psychotherapeut*innen vernetzen sich auf einem Kongress.
> Manche haben ein Problem mit selbstbestimmter Sexualität.
Bild: 2009 wurde der Kongress dafür kritisiert, dass sogenannte Konversionsthe…
„Nicht die Gesunden bedürfen des Arztes, sondern die Kranken“, soll Jesus
laut Neuem Testament gesagt haben. Ob auch Homosexuelle krank sind und ob
religiöse Schriften als Grundlage für die Medizin taugen – darüber gibt es
nun allerdings scharfe Auseinandersetzungen in Würzburg.
Anlass dafür ist ein Kongress der „Akademie für Psychotherapie und
Seelsorge“ (APS) im städtischen Congress Centrum. Der Verein organisiert
vom 5. bis zum 8. Juni zum zehnten Mal die Tagung, auf der christliche
Gläubige aus Seelsorge und Psychotherapie sich vernetzen und austauschen
wollen. Thema dieses Jahr ist die Digitalisierung.
2009 wurde der Kongress dafür kritisiert, dass Vertreter*innen sogenannter
Konversionstherapien auftraten. [1][Solche Therapien betrachten
Homosexualität als psychische Krankheit und versprechen vermeintliche
Heilung.] Im aktuellen Programm finden sich solche Vorträge nicht.
Allerdings wird etwa eine „Sexualisierung“ der Gesellschaft beklagt,
beispielsweise durch Pornografie und Dating-Apps.
Dennoch wird nun wieder Kritik an dem Kongress laut. „Würzburg darf keine
Bühne bieten für jegliche Art von Diskriminierung und
Menschenfeindlichkeit“, heißt es in einem offenen Brief, der von einem
linken Bündnis veröffentlicht wurde. Zusammengetan haben sich für den Brief
unter anderem die Antifa Würzburg, die Gruppe MissMutig sowie die
Würzburger Ableger der Grünen Jugend und der Linksjugend. Insbesondere das
religiöse Verständnis von Psychotherapie sei falsch, finden sie, die Bibel
solle vielmehr „vielseitig und vielerorts konflikthaft“ verstanden werden.
Der Kongress sei von religiösem Fundamentalismus getragen.
## „Reisen zum Mannsein“
Der offene Brief kritisiert insbesondere die frühere Teilnahme einzelner
Institute und Therapeut*innen, die vermeintliche Beratungen gegen
Homosexualität anbieten. Beispielhaft hierfür nennen die Gruppen das
„Institut für dialogische und identitätsstiftende Seelsorge und Beratung“,
das bereits 2009 im Zentrum der Kritik stand.
Der Verein bietet nach eigenen Angaben etwa „Reisen zum Mannsein“ an, zu
denen Männer eingeladen werden, die „Kontakte zu anderen Männern oder deren
Stärken erotisieren und sexualisieren“. Für die Verfasser*innen sind solche
Angebote „menschenverachtend“. Studien zeigen, dass diese zu Depressionen
und sogar Selbstmorden der Patient*innen führen können.
„Hier liegt ein zentrales Missverständnis vor, wenn nicht absichtliche
Unterstellung“, so Martin Grabe zur taz. Der Vorsitzende der APS und
Organisator des Kongresses beschreibt den Kongress als
konfessionsübergreifend, der Vorwurf des Fundamentalismus sei falsch.
Wissenschaftlichkeit sei dem Verein wichtig. Diese würde „für einen
christlich gläubigen Menschen immer auch Einsicht in
Schöpfungszusammenhänge“ bedeuten, so der APS-Vorsitzende.
„Homosexualität, Bisexualität oder Transsexualität sind keine Krankheit
oder psychische Störung“, betont Grabe. Die kritisierten Vereine wären
nicht Teil der APS, die außerdem kein Dachverband sei. Die Kongresse seien
„Plattform für Gespräche unter Christen über ihre seelsorgerliche oder
therapeutische Berufstätigkeit“. Und von diesen will er „niemanden
ausschließen, der zuhörbereit ist“.
## „You can’t pray the gay away“
Auf der Internetseite des Kongresses heißt Würzburgs Oberbürgermeister
Christian Schuchardt (CDU) den Verein willkommen und betont Würzburgs
„lange Tradition christlich motivierten Helfens und Heilens“. Auf Anfrage
der taz teilte Schuchardt mit, dass ihm die Kritik am Kongress nicht
bekannt gewesen sei und ein Standard-Grußwort auf Anfrage einer Klinik
gesendet wurde. „Wenn die Kritik zutrifft, ist dies weder meine Einstellung
noch Auffassung“, so Schuchardt mit Verweis auf seine Schirmherrschaft des
Würzburger „Christopher Street Day“.
Das Protestbündnis ruft unter dem Slogan „You can’t pray the gay away“ f…
Freitag zu einer Demo auf. Zum Kongressauftakt am Mittwoch ist eine
Kundgebung angekündigt.
5 Jun 2019
## LINKS
[1] /Politik-gegen-Konversionstherapien/!5573010
## AUTOREN
Kevin Culina
## TAGS
Psychotherapie
Fundamentalismus
Konversionstherapie
Homophobie
Schwerpunkt LGBTQIA
Lesestück Interview
Bundesministerium für Gesundheit
Konversionstherapie
Grüne Schleswig-Holstein
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