# taz.de -- Sarah Connor über ihr neues Album: „Ich hasse Ungerechtigkeiten�… | |
> Sarah Connor war nie rebellisch – doch jetzt weigern sich Radiostationen, | |
> ihren neuen Song zu spielen. Ein Gespräch über Gesellschaft und | |
> Philosophie. | |
Bild: Bezeichnet sich als emotionalen Menschen: Sängerin Sarah Connor | |
taz am wochenende: Frau Connor, der erste Satz, den Sie auf Ihrem neuen | |
Album singen, lautet: „Vincent kriegt keinen hoch.“ | |
Sarah Connor: Stimmt, so fängt die Platte an. | |
Es gibt Radiosender, die den Song nicht senden. Haben Sie plötzlich die | |
Lust an der Provokation entdeckt? | |
Nö, jedenfalls nicht plötzlich. Ich hatte schon immer Lust an Provokation. | |
Ich finde auch nicht, dass so ein Satz als Albumeinstieg eine besondere | |
Provokation wäre. Aber wir können über den Song sprechen. | |
Gern. | |
Der Text geht ja so weiter: „Vincent kriegt keinen hoch, wenn er an Mädchen | |
denkt / Er hat es oft versucht und sich echt angestrengt.“ Da steckt ja | |
viel mehr drin als Provokation, sondern vor allem die Tragik und der | |
Schmerz, den die meisten meiner schwulen Freunde empfunden haben, als ihnen | |
klargeworden ist, [1][dass sie sich zu Männern hingezogen fühlen]. Dieser | |
erste Impuls, gegen sich selbst vorzugehen und sich überzeugen zu wollen, | |
dass sie nicht anders sind. | |
Wie kamen Sie zu dem Thema? | |
Der Song ist inspiriert von einem Freund meiner Kinder. Die Mutter hatte | |
mir erzählt, dass ihr Sohn, nennen wir ihn Vincent, ihr gerade eröffnet | |
hat, dass er schwul ist. Ich habe das dann am nächsten Tag meinem | |
15-jährigen Sohn erzählt, und der antwortete bloß: Ah, okay. Das fand ich | |
ziemlich cool. Ich war etwas überrascht und ein bisschen stolz, dass es für | |
ihn und seine Freunde heute anscheinend kein großes Thema mehr ist. | |
Warum steht dieser Song am Anfang des Albums? Ist das ein Statement? | |
Der steht da, weil ich glaube, dass es der wichtigste Song ist, den ich | |
bisher gemacht habe. Weil ich so viele Menschen kenne, die das betrifft. | |
Eine Frau zum Beispiel, die ist schon 24 Jahre alt und hat seit drei Jahren | |
eine Freundin, aber ihre Mutter, zu der sie eigentlich ein gutes Verhältnis | |
hat, wusste das noch nicht: Sie saßen zusammen im Auto, und der Song kam im | |
Radio, hat sie ermutigt, und sie hat sich ihrer Mutter kurzerhand | |
offenbart: Ich bin übrigens auch homosexuell. Bis dahin hatte die Mama | |
keine Ahnung. | |
Wir denken immer, wir seien so wahnsinnig tolerant, aber ich merke, dass | |
wir es lange noch nicht überall sind. Allein dass man sich noch outen muss, | |
zeigt, dass es noch immer ein großes Thema ist. Ich lebe in Berlin, klar, | |
hier kann man sein, wer und was man will. Aber ich komme vom Land und weiß, | |
dass es anderswo noch lange nicht so einfach ist. | |
Es gibt noch mindestens einen weiteren gesellschaftskritischen Song auf der | |
neuen Platte. In „Ruiniert“ singen Sie von „AfD-Idioten“. Ist die | |
Unterhaltungskünstlerin Sarah Connor eine Politsängerin geworden? | |
Eigentlich ist „Ruiniert“ ein Song, der zu Zusammenhalt aufruft. Ein Appell | |
an die Herzen. Ich bin ein Mensch. Ein sehr emotionaler. Ich hasse | |
Ungerechtigkeiten, und ich reagiere auf das, was um mich herum passiert. | |
Und zu den Dingen, die mich fassungslos machen, gehören Menschen, die sich | |
von Stimmungen leiten lassen, nicht mehr hinterfragen, die Fakten nicht | |
kennen und sich dann von Parolen und Schlagworten in eine fatale Falle | |
treiben lassen. | |
Sind die „AfD-Idioten“, von denen Sie singen, AfD-Politiker oder auch die | |
Wähler der AfD? | |
Natürlich in erster Linie die Politiker. Ich hatte jetzt nach Erscheinen | |
der ersten Interviews ganz schnell meine eigenen AfD-Hassflyer, mit | |
hübschen Unwahrheiten verziert, die aussehen wie Wahlplakate, auf meiner | |
Facebook-Seite. Schnell sind sie, das muss man ihnen lassen, und sie | |
wissen, wie man emotionalisiert und Menschen anstachelt. Aber das ist auch | |
schon alles. Ich habe mir das Wahlprogramm durchgelesen. Sie haben keine | |
Ansätze. Die aktuelle Regierung allerdings auch nicht. In meinem Song | |
spreche ich diejenigen an, die den Müll uneingeschränkt glauben und | |
Nazi-Hetzparolen schreiend durch die Straßen rennen. Das ist absurd. | |
Was denken Sie: Wie viele Ihrer Fans wählen AfD? | |
Keine Ahnung. | |
Ein paar werden schon dabei sein. | |
Sicherlich. Ich würde mir wünschen, dass sie zuerst den Song hören, bevor | |
sie urteilen. Im besten Falle überdenkt ja der ein oder andere nach dem | |
Song seine Haltung. Wenn nicht, verkaufe ich wohl ein paar CDs weniger. | |
So viel Anspruch deckt sich nicht unbedingt mit Ihrem Image. | |
Ich weiß nicht, welches Image Sie meinen. Ich habe meine Meinung und meine | |
Haltung, und die vertrete ich wie jeder andere auch. | |
Kann man mit Popmusik gesellschaftlich etwas verändern? | |
Ja, das glaube ich schon. Für meinen bescheidenen Teil weiß ich das seit | |
„Augen auf“. | |
Ihrem Song von 2015, mit dem Sie sich mitten in der sogenannten | |
Flüchtlingskrise eindeutig positionierten. | |
Ich habe erlebt, dass man mit einem Lied etwas bewegen kann. Bei meinen | |
Konzerten damals, und da waren sicher auch AfD-Wähler im Publikum, habe ich | |
„Augen auf“ immer als letzten Song gespielt und die Leute aufgefordert, sie | |
sollten sich diese fünf Minuten lang an den Händen halten. Und zwar nicht | |
nur die Leute, die sich eh schon kennen, sondern gerade den Unbekannten | |
neben einem, der vielleicht schon ein bisschen riecht nach zwei Stunden | |
Konzert. Und da oben auf der Bühne sehe ich ja, ob wirklich alle mitmachen. | |
Es gab da bestimmt auch welche, die das nicht wollten, die aber trotzdem | |
mitgemacht haben und womöglich sogar noch ein bisschen über ihre Haltung | |
nachgedacht haben. | |
Sie singen: „Was hat uns so ruiniert, das Hirn so glatt poliert.“ Und Ihre | |
Antwort ist: „Wir brauchen Liebe.“ Ist das nicht ein bisschen arg … | |
Naiv? Vielleicht ist es eine Utopie. Aber ich versuche oft, mit den Augen | |
eines Kindes die Welt um mich herum zu betrachten und aus diesem | |
Blickwinkel heraus zu schreiben. Kinder haben oft wunderbare Lösungen | |
parat. Ich glaube, wir müssen uns einfach mehr umeinander kümmern. Uns | |
besser im Blick haben und einander die Hand reichen. Und uns ein bisschen | |
mehr bemühen. Ich denke oft, ich mache zu wenig, und bin dann wütend auf | |
mich selbst. Was folgt auf meine Empörung? Ich musste für meinen eigenen | |
Seelenfrieden etwas tun, was Bedeutung hat – so wie damals, als wir eine | |
Flüchtlingsfamilie in unserem Haus aufgenommen haben. | |
Das hat damals große Schlagzeilen gemacht. Sie haben syrische Flüchtlinge | |
aufgenommen, eine Mutter und ihre fünf Kinder. | |
Ja, es kam eine Mutter mit einem zwei Tage alten Neugeborenen und vier | |
weiteren Kindern zu uns, dann waren es irgendwann neun Menschen, am Ende | |
elf. Ich bin mit zu den Behörden gegangen, wir haben Pässe besorgt und | |
Kindergarten- und Schulplätze. Die Mutter und ich, wir haben viele | |
Zigaretten zusammen geraucht, weil wir uns nicht unterhalten konnten. Es | |
war eine intensive Erfahrung, aber eine, die ich nicht missen möchte. | |
Haben Sie noch Kontakt? | |
Ja, sie leben in ihrer eigenen Wohnung jetzt, die Beziehung ist | |
kompliziert. Irgendwann hatten sie alles verkauft, was wir ihnen gekauft | |
hatten, um Schlepper zu bezahlen, weil sie wieder zurück in ihre Heimat | |
wollten. Ein paar Wochen später ruft mich der große Sohn, der mittlerweile | |
perfekt Deutsch spricht, aus Izmir aus dem Gefängnis an, und zwei Monate | |
später standen sie wieder vor der Tür. Und alles ging von vorne los. | |
Würden Sie es wieder machen? | |
Ja, auf jeden Fall. Ob mein Mann mitmachen würde, weiß ich nicht. (lacht) | |
Ich denke aber, schon. Wir haben viel gelernt. | |
Was haben Sie gelernt? | |
Am Ende gibt es Unterschiede in der Kultur und der Mentalität, die sich | |
nicht wegromantisieren lassen. Es ist trotzdem immer richtig, Menschen in | |
Not zu helfen, wenn man die Möglichkeit dazu hat. Aber ein echtes Happy End | |
hat unsere Geschichte nicht. | |
Hat Sie diese Erfahrung politisiert? | |
Nein, ich war immer schon interessiert daran, was in unserer Gesellschaft | |
passiert. Und ich bin an Menschen interessiert: warum jemand eine | |
bestimmte Haltung einnimmt, warum jemand rechtes Gedankengut verbreitet | |
angesichts unserer Vergangenheit, was im Herzen und in der Seele von | |
jemandem passiert sein muss, um sich nicht berühren zu lassen von der Not | |
in Syrien oder anderen Ländern. | |
In diesem Zusammenhang ist es interessant, dass Ihnen einst von der | |
Zeitung, der Sie gerade ein Interview geben, bescheinigt wurde, „einen in | |
den gesellschaftlichen Mainstream diffundierten Neokonservatismus“ zu | |
vertreten. | |
Ist das so? | |
Ja, das stand damals, 2005, als Sie bei einem Länderspiel vor 80.000 | |
Zuschauern die Nationalhymne verpatzt hatten, so in der taz. Waren Sie | |
damals eine Neokonservative? | |
Ist das Ihr Ernst? Ich war nie eine Konservative. Ich war 24 Jahre alt und | |
habe mich kurz versungen, weil ich aufgeregt war, das war alles. Als ich | |
vom Rasen kam, sagte ich zu meiner Mutter: Scheiße, ich habe irgendwo den | |
Text verhauen. Die meinte: Ach, das hat doch keiner gemerkt. Am nächsten | |
Tag habe ich ihr die Bild-Zeitung gezeigt: Die haben es aber gemerkt. | |
Es wurde Ihnen damals vorgeworfen, keine gute Deutsche zu sein. | |
Um Gottes willen. Ich bin ja nicht mal eine echte Deutsche. Meine | |
Großmutter ist in Jakarta, Indonesien geboren und sah aus wie eine | |
Indianerin, mein Vater ist halber Amerikaner. Ich habe halt einen deutschen | |
Pass. Aber eigentlich war es doch nur eine Lappalie, die zum Riesenskandal | |
aufgejazzt wurde, und irgendwann fragte keiner mehr: Worum geht es da | |
eigentlich? Das war fast ein Präzedenzfall: Heutzutage passiert so etwas | |
ja ständig, dauernd gibt es irgendeinen Shitstorm. Ich hatte nur das Glück, | |
einen der ersten ausgelöst zu haben. | |
Sie standen damals extrem in der Öffentlichkeit, sogar Ihre Hochzeit mit | |
Ihrem ersten Mann, dem Sänger Mark Terenzi, gab es als Realityshow im | |
Fernsehen. War das ein Fehler? | |
Nein, wir hatten eine gute Zeit. Es war kein Fehler, aber es war eine | |
Lektion. Was ich gelernt habe: Es hat meiner Seele nicht gutgetan. | |
Sie haben vor ein paar Jahren gesagt: „Das Schlimmste ist, wenn man dem | |
Hype selber glaubt“. Haben Sie dem Hype geglaubt? | |
Ich hatte bestimmt Momente, in denen ich dachte: Besser wird’s nicht. Aber | |
danach kam die schwierigste Zeit meines Lebens, danach kam die Depression, | |
das Ende meiner Ehe, meine herzkranke Tochter. Die Aufmerksamkeit wurde | |
immer größer, ich konnte nirgendwo mehr hingehen. | |
Wie holt man sich seine Privatsphäre zurück, wenn man jahrelang der | |
Öffentlichkeit alles gegeben hat? | |
Alles war es ja nicht. Ich habe zweimal für jeweils drei Monate ein | |
Kamerateam in mein Haus gelassen. Weder davor noch danach hat jemals ein | |
Kamerateam oder Fotograf mein Haus betreten. Aber der Empfänger entscheidet | |
nun mal über die Botschaft, und eines gebe ich zu: Die Außenwahrnehmung war | |
natürlich anders. Aber deshalb war es gar nicht so schwer. Ich habe mich | |
einfach zurückgezogen und ja auch fünf Jahre lang gar keine Platte mehr | |
gemacht – und sogar infrage gestellt, ob ich diesen Beruf überhaupt | |
weitermachen will. | |
Was war denn der Plan B? | |
Journalismus hätte mich interessiert. Ich hätte vielleicht studiert. | |
Allerdings hätte ich dazu erst mein Abi nachmachen müssen, weil ich das | |
geschmissen hatte wegen der Musik. Aber ich bin schon in ein paar | |
Philosophievorlesungen gegangen. Ich wollte dieses Gefühl: Ich mache was | |
für meinen Kopf, was Schlaues. Ich wollte auch nachholen, was ich verpasst | |
hatte. Ich bin mit 16 Jahren ausgezogen, habe mit 19 Jahren meinen | |
Plattenvertrag unterschrieben, dann sehr schnell sehr viel Geld verdient | |
und meine Familie ernährt. | |
Aber Philosophie war dann doch nicht das Richtige? | |
Doch, ich liebe die Philosophie. Aber ich kann Kant, Foucault, Hegel und | |
Konfuzius auch zu Hause lesen. Aber das Studium wäre mir zu anstrengend | |
gewesen, das habe ich schnell gemerkt. Die Musik hätte mir gefehlt. | |
Sie haben diese Auszeit dazu genutzt, einen radikalen Imagewandel | |
hinzulegen. Aus dem Popstar wurde eine Künstlerin, die 2015 auf dem Album | |
„Muttersprache“ ihre eigenen Songs auf Deutsch schreibt. Wie haben Sie | |
diesen Plan umgesetzt? | |
Es wird mir immer unterstellt, ich würde meine Karriere akribisch planen. | |
Aber es gab nie einen Plan. Ich habe mit 19 Jahren einen Plattenvertrag | |
unterschrieben, und dann wurden mir Leute an die Seite gestellt, die die | |
Songs geschrieben und produziert haben. Und die mich vermarktet haben. In | |
einer der ersten Pressemitteilungen stand, ich stünde für Soul, Sex und | |
Sinnlichkeit. Mit diesen drei S bin ich dann immer wieder konfrontiert | |
worden, aber damals habe ich solche Pressemitteilungen eben auch nicht | |
vorab gelesen. Ich wurde also bewusst so inszeniert – aber ich habe das | |
auch gern mitgemacht, ich hatte kein Problem mit Sexualität, ich bin gern | |
um die Welt gereist. Erst nach und nach habe ich gemerkt: Das ist mir nicht | |
mehr genug. Ich will mehr beitragen, ich will meine eigenen Songs | |
schreiben, ich will mehr Kontrolle. | |
Und die hat man Ihnen einfach überlassen? | |
Einfach war es nicht: Mein damaliger Plattenboss, der so etwas wie mein | |
Ziehvater war, hat gesagt: Du musst keine Songs schreiben, du musst nur das | |
machen, was du am besten kannst, Du musst singen. Der hat nicht verstanden, | |
was ich will, dass ich mich neu ausprobieren wollte, dass ich erwachsen | |
werden wollte. Doch er konnte nicht loslassen, nicht akzeptieren, dass es | |
mir nicht mehr darum ging, um jeden Preis Hits zu haben und Millionen | |
Platten zu verkaufen. Das war keine Herausforderung mehr für mich. | |
Ist die Musikindustrie so konservativ? | |
Ja, klar, die wollen weiter verkaufen, was sich gut verkauft. Ist doch | |
nachvollziehbar. Aber ich wollte kein Popstar mehr sein, ich wollte nicht | |
mehr nur eine Hülle sein. Ich konnte nicht mehr etwas verkaufen, was ich | |
nicht mehr war. Aber auf diesem Produkt stand ja immer noch mein Name. Der | |
größte Schritt war es, sich davon abzunabeln, zu sagen, ich mache das jetzt | |
allein. Das war nicht einfach, ich hatte auch keine Kohle damals, ich hatte | |
fast alles auf den Kopf gehauen. Zu der Zeit bin ich, um Geld zu verdienen, | |
noch in China oder Russland getourt, wo die alten Hits noch aktuell waren. | |
Parallel habe ich eigene Songs geschrieben, zuerst noch auf Englisch. Ich | |
war zuerst extrem unsicher, ich hatte das Gefühl, ich fange noch mal ganz | |
von vorne an. Und es hat ja auch ewig gedauert. Ich weiß noch: Ich war 27 | |
Jahre alt, als ich in einem achtstündigen Meeting mit der Plattenfirma | |
erstmals gesagt habe, dass ich meine eigenen Songs schreiben will. Ich war | |
34, als „Muttersprache“ rauskam, die Platte, die ich wirklich machen | |
wollte. | |
Und die wurde ein großer Erfolg. | |
Damit hätte ich nie gerechnet. Ich wollte ursprünglich gar keine Platte | |
machen. Ich habe das einfach mal ausprobiert. Ich habe mir Leute gesucht, | |
die mir beim Schreiben geholfen haben. Ich bin mit denen ins Studio | |
gegangen, ich war frei von allen Erwartungen, und es hat wieder Spaß | |
gemacht. Mehr war das erst einmal nicht. Ich habe eine Panikattacke | |
bekommen, als nach acht Monaten jemand von der Plattenfirma im Studio | |
vorbeikam und sagte: Geiles Ding, in fünf Monaten bringen wir die Platte | |
raus. | |
Wovor hatten Sie Angst? | |
Ich hatte Angst, da wieder rauszugehen. Vor den Bewertungen, vor der | |
Öffentlichkeit. Ich hatte fünf Jahre lang ein sehr friedliches, | |
zurückgezogenes, normales Leben. Zwischen zwei Platten versuche ich, so | |
unberühmt wie möglich zu sein. Ich gehe auf keinen roten Teppich. Ich gehe, | |
bis auf zwei Ausnahmen für die Deutsche Knochenmarkspenderdatei, auf keine | |
Veranstaltungen. Ich will das nicht, ich fühle mich fehl am Platz, wie ein | |
Reh im Scheinwerferlicht. | |
Wie schwer war es für Sie, sich da rauszuziehen aus dem Boulevardgeschäft? | |
Gar nicht so schwer, wie man denkt. Man muss einfach nicht mehr mitmachen, | |
nicht mehr mit jedem sprechen. Es muss einem aber klar sein, dass die dann | |
sauer sind und es zwei, drei Jahre erst einmal Schläge gibt. | |
Und dann ist es gut? | |
Gut ist es bei mir nie. Dafür ist meine Familie zu interessant. Wenn meine | |
Mutter einen Furz lässt oder meine Schwester einen Furz lässt, dann gibt es | |
wieder Theater – und mein Foto ist dann vorne auf dem Titel, weil sich das | |
halt besser verkauft. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass es | |
überhaupt noch Leute gibt, die den Quatsch glauben. | |
7 Jun 2019 | |
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## AUTOREN | |
Thomas Winkler | |
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