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# taz.de -- Kritik an geplantem Abschiebegesetz: Offener Brief von 20 Verbänden
> 22 zivilgesellschaftliche Organisationen wenden sich gegen Horst
> Seehofer. Sein „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ sei unverhältnismäßig und
> uferlos.
Bild: Graffiti gegen Abschiebung in Würzburg
Berlin dpa | Ein Bündnis von 22 zivilgesellschaftlichen Organisationen will
die geplanten Verschärfungen im Abschieberecht verhindern. In einem offenen
Brief fordern sie die Abgeordneten des Bundestags auf, das von
Innenminister Horst Seehofer (CSU) [1][so bezeichnete
„Geordnete-Rückkehr-Gesetz“] nicht zu verabschieden.
Auch ein Migrationsexperte der mitregierenden SPD kritisierte die Pläne des
Innenministeriums scharf, wie er der Deutschen Presse-Agentur am
Mittwochabend erklärte. „Wir teilen als Expertengremium der SPD die Kritik
der Verbände“, sagte der Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft
Migration und Vielfalt in der SPD, Aziz Bozkurt.
Das Gesetz würde viele Flüchtlinge „dauerhaft von der Teilhabe am
gesellschaftlichen Leben ausgrenzen, sie unverhältnismäßigen Sanktionen und
einer uferlosen Ausweitung der Haftgründe aussetzen“, heißt es in dem
offenen Brief, der der dpa vorliegt.
Mit dem Gesetzentwurf, zu dem es am Montag eine öffentliche Anhörung im
Bundestags-Innenausschuss geben wird, will Seehofer die Ausreisepflicht von
abgelehnten Asylbewerbern konsequenter durchsetzen. Unter anderem sollen
Ausländer, deren Abschiebung kurz bevorsteht, in regulären Gefängnissen
untergebracht werden. Wer seine Abschiebung durch falsche Angaben
hintertreibt, soll zudem nur noch als „Person mit ungeklärter Identität“
geduldet werden.
## Permanente Angst und Perspektivlosigkeit
So unterschiedliche Organisationen wie die Diakonie, Amnesty International,
Pro Asyl und das Deutsche Kinderhilfswerk lehnen dies ausdrücklich ab.
„Sollte dieses Gesetz in Kraft treten, werden Zehntausende in Deutschland
permanent in Angst vor Haft und vor Abschiebung in einem Zustand der
Perspektivlosigkeit leben“, heißt es in dem Schreiben. Darüber hinaus
äußern die Unterzeichner auch rechtliche Bedenken: Abschiebehaft sei keine
Strafhaft und dürfe deshalb nur in getrennten Einrichtungen erfolgen.
Das Vorhaben sei verfassungsrechtlich höchst bedenklich und
menschenunwürdig, stellte sich SPD-Politiker Bozkurt hinter die
Unterzeichner. „Die Schweinereien in diesem Gesetz sind nah am Niveau des
sogenannten Asylkompromisses von 1992, wo sich die SPD auch hat von Rechten
treiben lassen. Das darf sich nicht wiederholen.“ Aufgabe der
Sozialdemokratie sei „das Bekämpfen der menschenfeindlichen Politik der
Rechten und nicht das Kopieren dessen“, erklärte er.
Etwa eine Woche zuvor hatte die Menschenrechtskommissarin des Europarates
Teile des Gesetzes gerügt. Sie sehe es mit Besorgnis, dass Informationen
über Abschiebungen künftig als „Staatsgeheimnisse“ eingestuft werden
könnten, erklärte Dunja Mijatovic in einem Brief an die Vorsitzende des
Innenausschusses im Bundestag, Andrea Lindholz (CSU). Die aktuelle
Formulierung des Gesetzesentwurfs habe das Potenzial, Tätigkeiten von
Nichtregierungs- und zivilen Organisationen zu kriminalisieren. Ihnen
könnte nach Einschätzung von Mijatovic eine rechtliche Verfolgung wegen
Beihilfe drohen, sollten sie etwa Details wie den Zeitpunkt einer geplanten
Rückführung weitergeben.
Die Menschenrechtskommissarin hat die Aufgabe, die 47 Mitgliedstaaten des
Europarats bei der Einhaltung der Menschenrechte zu unterstützen und
mögliche Missstände anzuprangern.
30 May 2019
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