# taz.de -- Blockaden im Braunkohlerevier: Polizei warnt mit falschen Infos | |
> Im Vorfeld der geplanten Blockaden verbreitet die Polizei unwahre | |
> Aussagen. Streikende SchülerInnen sollen so von der Teilnahme abgehalten | |
> werden. | |
Bild: Aktivisten blockierten ein Baustelle am Braunkohletagebau Garzweiler (Bil… | |
Berlin taz | Die Aachener Polizei befürchtet offenbar, dass sich an den | |
Blockadeaktionen vom 20. bis 24. Juni im rheinischen Braunkohlerevier auch | |
viele SchülerInnen beteiligen, die in den letzten Monaten unter dem Motto | |
„Fridays for Future“ für mehr Klimaschutz gestreikt haben. In einem | |
Schreiben, das bereits Ende März mit der Bitte um Weiterleitung an die | |
Schulen unter anderem an die Bezirksregierungen in Köln und Düsseldorf | |
verschickt wurde, warnt Einsatzleiter Thomas Demmers die SchülerInnen, sich | |
an Ende Gelände zu beteiligen: „Lassen Sie sich nicht für illegale Aktionen | |
instrumentalisieren!“ | |
Die Klimabewegung [1][Ende Gelände hatte in den vergangenen Jahren mit | |
teils tagelangen Massenblockaden] von Braunkohle-Tagebauen und | |
Kraftwerksgleisen Aufsehen erregt. Die Annahme, dass sich diesmal auch | |
viele Fridays-for-Future-AktivistInnen am zivilen Ungehorsam beteiligen, | |
liegt durchaus nahe: Für Freitag, den 21. Juni, rufen die SchülerInnen zu | |
einem „internationalen Streik“ in Aachen auf. Dies ist nur rund 50 | |
Kilometer entfernt vom Braunkohletagebau Garzweiler, wo Ende Gelände seine | |
Blockaden plant. | |
Beim Versuch, die SchülerInnen davon abzuhalten, hat die Aachener Polizei | |
allerdings falsche Informationen verbreitet. So heißt es in dem Schreiben, | |
kürzlich seien „sechs Straftäter“ wegen einer Blockadeaktion „vom Geric… | |
zu einer Zahlung in Höhe von 2,1 Millionen Euro Schadenersatz verurteilt | |
worden“. Davon kann aber keine Rede sein. Zwar gibt es nach einer Blockade | |
(die übrigens nicht im Rahmen von Ende Gelände stattfand) eine | |
entsprechende Forderung des Stromkonzerns RWE, sagte Rechtsanwalt Jasper | |
Prigge, der einen der Beschuldigten vertritt, der taz. „Bisher gibt es aber | |
noch nicht mal einen Verhandlungstermin“, geschweige denn ein Urteil. | |
Das merkte am Mittwoch auch die Aachener Polizei und korrigierte ihre | |
Aussage entsprechend. Die Bezirksregierung Köln hatte das fehlerhafte | |
Schreiben zu diesem Zeitpunkt aber bereits an alle Schulen weitergeleitet – | |
„auch auf Bitte des Bildungsministeriums“, wie die Pressestelle der Behörde | |
auf Anfrage mitteilte. | |
## Gewaltfreiheit im Aktionskonsens | |
Weitere Aussagen des Einsatzleiters scheinen zumindest fragwürdig: So | |
schreibt er, eine „über einen längeren Zeitraum anhaltende absichtliche | |
Blockade“ sei „nicht erlaubt“ – was im Gegensatz zu einer | |
Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts steht, das | |
Sitzblockaden in bestimmten Fällen als nicht strafbar bewertet hat. Im | |
Oktober 2018 hatte die Polizei Aachen selbst bestätigt: „Nach rechtlicher | |
Würdigung der Gesamtumstände durch die Staatsanwaltschaft Aachen stellte | |
das Besetzen der Gleise keine Straftat dar.“ Eine Anfrage zu diesem | |
Widerspruch ließ die Polizei bis Mittwoch Nachmittag unbeantwortet. | |
Zudem ist in dem Schreiben zweimal von „gewaltbereiten Gruppierungen von | |
Ende Gelände“ die Rede. Der Aktionskonsens des Bündnisses fordert | |
allerdings zu Gewaltfreiheit auf, bisher wurde das auch eingehalten. „Die | |
Polizei Aachen versucht, mit falschen Unterstellungen eine ganze Bewegung | |
zu diskreditieren“, sagte Ende-Gelände-Sprecherin Kathrin Henneberger. | |
„Damit wird sie keinen Erfolg haben.“ | |
Die Polizeipressestelle verwies auf Nachfrage nach Belegen für die | |
angebliche Gewaltbereitschaft von Ende Gelände darauf, dass es in der | |
Vergangenheit zum „Durchbrechen von Polizeiketten“ und | |
„Widerstandshandlungen“ gekommen sei. Dies weist Henneberger zurück: „Mir | |
ist kein Fall bekannt, in dem jemand wegen einer Aktion im Rahmen von Ende | |
Gelände wegen einer Gewalttat verurteilt wurde“, sagte sie. Gewalt habe es | |
allein von Seiten der Polizei gegeben. | |
Die Fridays-for-Future-Organisatoren reagierten zurückhaltend auf das | |
Schreiben der Polizei. Sie riefen nicht zur Teilnahme an Ende Gelände auf, | |
erklärten sie in einem Schreiben. Niemand, der sich an ihren angemeldeten | |
Demonstrationen beteilige, brauche sich zu sorgen „‚aus Versehen‘ in | |
illegalen Protest zu geraten“. | |
5 Jun 2019 | |
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## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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