# taz.de -- Junge SPD-Politikerin über ihre Partei: „Die SPD muss dringend n… | |
> Amina Yousaf will eine Vize-Vorsitzende im SPD-Bezirk Hannover werden. | |
> Ein Gespräch über eine SPD-Erneuerung und Menschen mit | |
> Migrationshintergrund. | |
Bild: SPD: zu viele weiße alte Männer? | |
taz: Frau Yousaf, Sie kandidieren in der SPD für ihr erstes politisches | |
Amt. Warum tun Sie sich das angesichts des katastrophalen Zustands der | |
Partei an? | |
Amina Yousaf: Die SPD ist gerade an einem Wendepunkt, sie muss dringend | |
neue Wege gehen, sonst droht ihr mehr als das aktuelle schlechte | |
Erscheinen. Bei dem Erneuerungsprozess, der jetzt ansteht, möchte ich mich | |
mit meinen Themen einbringen. | |
Ist das nach dem verheerenden Ergebnis bei der Europawahl nicht gewagt? | |
Trotz aller SPD-Untergangsszenarien bin ich davon überzeugt, dass wir eine | |
starke Sozialdemokratie brauchen. Ich finde auch unser Wahlprogramm nach | |
wie vor schlagkräftig. | |
Welches sind denn die derzeit drei brennendsten politischen Themen? | |
Klimaschutz, klar, steht aktuell ganz vorn. Die SPD muss einen schnellen | |
Weg finden für ein Leben ohne fossile Brennstoffe und massenhafte | |
Umweltverschmutzung. Wir müssen außerdem in der Steuerpolitik umdenken: | |
Multinationale Konzerne müssen mit einer Mindeststeuer belegt werden. Es | |
kann nicht sein, dass sich große internationale Konzerne um Steuern drücken | |
oder nur geringe Abgaben zahlen, während von in Deutschland ansässigen | |
Unternehmen hohe Zahlungen verlangt werden. Und dann natürlich die | |
Grundrente sowie eine Kindergrundsicherung. Wenn Kindern und Jugendlichen | |
die Basis für Bildung und eine positive Entwicklung entzogen wird, weil | |
ihren Eltern das Geld fehlt, setzt das Land die Zukunft aufs Spiel. | |
Sie kandidieren nicht allein. Im Gegensatz zu Ihren beiden Konkurrent*innen | |
sind sie jung und haben einen Migrationshintergrund. Ein Vorteil? | |
Es geht nicht um einen Vorteil, sondern es geht um Diversität bei | |
politischen Prozessen und um Entscheidungen. Ich bin unter 30, nicht weiß | |
und habe die doppelte Staatsbürgerschaft. Ich gehöre zu jenen, die Menschen | |
mitdenkt, die nicht der Mehrheitsgesellschaft angehören. Damit gehöre ich | |
noch zu einer Minderheit, das muss aber zur politischen Normalität werden. | |
Was wollen Sie anders machen als Ihre beiden Konkurrent*innen? | |
Ich würde mich zu ihnen nicht in den Kontrast setzen, sondern das | |
Themenspektrum erweitern. Alltagsrassismus prägt meine Biografie, insofern | |
gehört antirassistische Arbeit ganz selbstverständlich zu meinem | |
politischem Profil. | |
Ist die SPD reif für grundsätzliche Veränderungen? | |
Die Frage ist gar nicht mehr, ob die Partei reif dafür ist. Denn wir müssen | |
etwas tun, so weiterzumachen wie bisher, ist keine Lösung. Ich weiß nicht, | |
ob ich die richtigen Ideen habe, aber ich habe erst mal welche. | |
Sie twittern unter @amina_you viel und reichlich zur SPD, mitunter recht | |
kritisch. Wie kommt das an bei den Genossen*innen? | |
Ich hege ein solidarisch-kritisches Verhältnis zur Partei, bei der ich im | |
Übrigen erst seit 2014 Mitglied bin. Ich will sie von innen heraus | |
verändern, gemeinsam mit den anderen: Packen wir es gemeinsam an. | |
In Hannover will auch die Kulturmanagerin Iyabo Kaczmarek | |
Oberbürgermeisterin werden. Haben junge Frauen mit Migrationshintergrund | |
und Ambitionen dort gerade Konjunktur? | |
Junge Menschen engagieren sich politisch gerade besonders stark, nicht nur | |
junge Frauen und nicht nur Menschen mit Migrationshintergrund. Das war im | |
Grunde aber schon immer so, nur dass sie das vielfach außerhalb der | |
parlamentarischen Demokratie getan haben, in Vereinen, an der Uni, auf | |
Demos. Das trifft auch auf mich zu. Aber ich habe irgendwann gesagt, | |
Parteien sind wichtig für unsere Gesellschaft, also versuche ich dort, | |
politisch mitzuentscheiden. | |
Welche Chancen rechnen Sie sich bei Ihrer Kandidatur aus? | |
Ich habe nicht nur die Unterstützung der Jusos, die mich aufgestellt haben, | |
sondern auch die der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen. Das | |
ist ein tolles Signal. Am Ende aber werden die Delegierten entscheiden. | |
31 May 2019 | |
## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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