| # taz.de -- Volksbegehren Enteignung: Das Drohen droht mit Kosten | |
| > Nach den Linken unterstützen nun auch die Grünen das | |
| > Enteignungs-Volksbegehren. Ein Wochenkommentar. | |
| Bild: Eine klare Berliner Parole | |
| Die junge Grüne am Rednerpult war voll und ganz im Duktus der Klimadebatte, | |
| bei der man es ja auch nicht hinnehmen will, dass die Alten den Jungen die | |
| Zukunft nehmen. Deshalb müsse man jetzt für Wohnungen sorgen, damit die | |
| nächste Generation nicht ohne da stehe. Generationengerechtigkeit also. | |
| Klingt gut. Passte bloß nicht zur Entscheidung beim Grünen-Parteitag am | |
| Mittwochabend, das laufende Enteignungs-Volksbegehren zu unterstützen. | |
| Dieser Beschluss nimmt nämlich Kosten von bis zu 36 Milliarden Euro und | |
| möglicherweise noch mehr in Kauf, die durchaus die nächste Generation | |
| belasten würden und vielleicht auch noch die übernächste. So viel würde es | |
| nämlich nach Berechnungen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung kosten, | |
| wenn das Volksbegehren Deutsche Wohnen & Co enteignen Erfolg hat. | |
| Die Grünen geben gern zu verstehen, dass sie eigentlich gar keinen | |
| Volksentscheid samt Enteignung wollen, sondern nur eine Drohkulisse, um | |
| Wohnungsunternehmen zu sozialerer Denkweise zu bringen. Deshalb soll es ja | |
| Gespräche mit den Initiatoren und einen runden Tisch mit allen Beteiligten | |
| geben. | |
| Doch was ist, wenn das nicht so klappt? Wenn sich die Volksbegehrer nicht | |
| auf das Anliegen der Grünen einlassen, ihren Vorstoß deutlich umzumodeln, | |
| sodass er nicht mehr pauschal auf alle Unternehmen mit mehr als 3.000 | |
| Wohnungen zielt, egal ob die nun gut oder schlecht beleumundet sind? Was, | |
| wenn der Volksentscheid kommt, den die Grünen mit ihrer Entscheidung vom | |
| Mittwochabend befeuert haben? | |
| Das mit den 36 Milliarden sei ja viel zu hoch gerechnet, außerdem würden | |
| Banken doch Kredite geben, ist auf solche Bedenken hin von führenden Grünen | |
| zu hören. Warum aber sollte ausgerechnet eine von der Linkspartei – die | |
| schon seit Dezember das Volksbegehren unterstützt – geführte | |
| Senatsverwaltung überhöhte Zahlen veröffentlichen? Und die Kredite – kosten | |
| die keine Zinsen und zwar mittelfristig nicht anderthalb Prozent wie | |
| aktuell, sondern doppelt und dreimal so viel? Bei einem nicht illusorischen | |
| Zinssatz von 5 Prozent wären das fast 2 Milliarden Euro jährlich – | |
| zusätzlich zur Zinszahlung für die ja nicht verschwundenen sonstigen | |
| Schulden des Landes von rund 57 Milliarden Euro. Da bleibt nicht mehr viel | |
| Platz im Landeshaushalt. | |
| Das muss alles nicht kommen: Die Initiative könnte das Volksbegehren | |
| tatsächlich stoppen, die Vermieter können sich verhandlungsbereit zeigen, | |
| und letztlich könnte es auch sein, dass ein Volksentscheid gar keine | |
| Mehrheit bekommt. Aber allein die Möglichkeit, dass es alles nicht so | |
| läuft, wie sich die Grünen das vorstellen, birgt ein großes Risiko – eines, | |
| das mit Generationengerechtigkeit wirklich nicht vereinbar ist. | |
| 18 May 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Stefan Alberti | |
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