| # taz.de -- Kolumne Europa-Express: Viel Wind um nichts? | |
| > Beim Reisen innerhalb der EU spürt man sie kaum noch. Doch mittlerweile | |
| > fühlen sich manche Übergänge wieder wie wirkliche Grenzen an. | |
| Bild: Leerstand in Görlitz, der östlichsten Stadt Deutschlands | |
| „Na, da haben Sie heute aber noch ganz schön was vor sich“, sagt die | |
| Schaffnerin, als sie mein Ticket entgegennimmt. 1.200 Kilometer und drei | |
| Umstiege trennen mich [1][auf meiner Reise quer durch Europa] noch vom | |
| nächsten Ziel: Lyon. Um 07.43 Uhr morgens bin ich dafür schon in die | |
| Regionalbahn von Görlitz nach Dresden gestiegen, Jacke und Schuhe nass vom | |
| Regen. | |
| In Frankfurt am Main habe ich meinen letzten Zugwechsel, dann sitze ich zum | |
| ersten Mal in einem dieser berühmten TGV-Züge, von denen ich damals so oft | |
| im Französisch-Unterricht gelesen habe. Lautsprecheransagen in drei | |
| Sprachen, ich bin beeindruckt. Und froh, denn mein Französisch ist | |
| eingerostet. | |
| Schnell nähern wir uns Straßburg. An mir vorbei ziehen Vororte, ein Fluss – | |
| und schon bin ich in Frankreich. Wirklich verändert hat sich auf den ersten | |
| Blick wenig, abgesehen von der Sprache auf den Reklametafeln. | |
| Irgendwie erwarte ich, dass, wenn ich eine Landesgrenze überwinde, es auf | |
| der anderen Seite anders aussehen müsste. Müsste sich nicht die Landschaft | |
| schlagartig verändern? Die Häuser eine andere Bauweise haben und die | |
| Menschen andere Kleidung tragen? Da wird [2][so viel Wind um diese Grenzen | |
| gemacht] – und am Ende sieht es meistens dies- und jenseits ziemlich | |
| ähnlich aus. | |
| Ich bin selbst in einer Grenzregion aufgewachsen: in Oberbayern, nur wenige | |
| Kilometer von Österreich entfernt. Na ja, Österreich und Deutschland, so | |
| viel Unterschied ist da nicht, könnte man sagen. Stimmt vielleicht auch. | |
| Als Teenager war es meine liebste Wochenendbeschäftigung mit Freundinnen | |
| ins Shoppingcenter in Salzburg zu fahren. Dass da eine Grenze war (vor | |
| nicht allzu langer Zeit mit Personenkontrollen, denn Österreich ist erst | |
| 1994 der EU beigetreten), habe ich lange nicht wahrgenommen. | |
| Bis zum Jahr 2015, als über die Balkanroute viele Menschen flüchteten. | |
| Genau dort, wo ich mit meinen Freundinnen immer so frei verkehrte, bildeten | |
| sich plötzlich wieder lange Warteschlangen und Beamte kontrollierten Pässe. | |
| Bis heute sind sie dort. So schnell kann sich Selbstverständliches ändern. | |
| 3 May 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jana Lapper | |
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