# taz.de -- Kolumne Europa-Express: Nachtzug nach Lissabon | |
> Aufgeweichter Kabeljau, Ketamin, Schlaf im Sitzen: Lissabon, die letzte | |
> Station der Europareise, ist noch einmal eine Herausforderung. | |
Bild: Auch eine Art zu reisen: unsere Autorin fährt mit dem Nachtzug nach Liss… | |
Ich mag keine Nachtzüge. Noch nie hatte ich eine gute Nacht in diesen | |
Dingern, mochten sie noch so komfortabel gewesen sein. Ein Grund dafür ist | |
derselbe, warum ich nur ungern in Hostels schlafe: Ich will die Menschen | |
kennen, mit denen ich die Nacht verbringe. | |
In diesem [1][Nachtzug von Madrid nach Lissabon], der sich „Trenhotel“ – | |
also „Zug-Hotel“ nennt – habe ich nicht einmal ein Liegeabteil gebucht. I… | |
werde sowieso kein Auge zu machen, also was solls? Die neunstündige Fahrt | |
verbringe ich daher in aufrechter Position. | |
Als ich einsteige, sitzt auf dem Platz neben mir schon Anna aus Hamburg. | |
Ich beäuge sie skeptisch: Wir beide werden also die Nacht Schulter an | |
Schulter schlafen. Oder wachen, je nachdem. | |
Anna ist eine Interrailerin, ihre Route führt sie von Paris nach Porto. Wir | |
unterhalten uns eine Weile, finden uns sympathisch – und schon ist die | |
Situation vertrauter. So wird meine Nacht überraschend okay. | |
Bei Morgengrauen dann: Lissabon. Nach fast [2][4.000 Kilometern von Vilnius | |
quer durch Europa] meine letzte Station. Die Stadt übt auf viele eine | |
magische Anziehungskraft aus. Wie auf den Protagonisten im Roman „Nachtzug | |
nach Lissabon“ von Pascal Mercier. Und auf die Unmenge an Tourist*innen, | |
die die steilen Straßen hoch und runter schnaufen. | |
In das Leben hier weist mich João – Drei-Tage-Bart und buschige Augenbrauen | |
– ein. In einem versteckten Kellerrestaurant essen wir in Salz eingelegten | |
und dann wieder aufgeweichten Kabeljau (klingt für mich ein bisschen | |
umständlich, ist aber gut). Wir sprechen über Europa, über | |
Rechtspopulist*innen und Feminismus. | |
Ein paar Keller weiter trinken wir dann noch Bier in einer Bar mit wild | |
zusammengewürfelten Sofas. Zwei Belgier setzen sich zu uns, sie werden ab | |
jetzt drei Monate hier leben, weil: „Lissabon is just awesome“. Die | |
Geschichten, die sie erzählen, enden meist mit einer gehörigen Portion | |
Ketamin. Auch das ist eben Lissabon. | |
Lissabon ist die letzte Station unserer Autorin, die mit dem Zug einmal | |
quer durch Europa von Vilnius nach Lissabon gefahren ist. Die ganze | |
Geschichte erscheint am 17. Mai in der taz. | |
6 May 2019 | |
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## AUTOREN | |
Jana Lapper | |
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