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# taz.de -- Kolumne Europa-Express: (K)eine Art zu Reisen
> Orange Warnwesten, Tarnkappen, kahl rasierte Köpfe: Auf einer Zugreise
> durch Europa werden so manche Klischees erfüllt.
Bild: Nur noch ein Schatten in der Erinnerung: der Kulturpalast in Warschau
Kaum ist der Zug aus Warschau rausgerollt, habe ich das Gefühl, nie dort
gewesen zu sein. Habe ich den Kulturpalast – diesen riesigen Prachtbau, der
42 Etagen in den Himmel wächst – wirklich gesehen? Bin ich tatsächlich mit
der Warschauer U-Bahn gefahren? Oder war das alles nur ein Traum?
Denn das sind ehrlich gesagt die einzigen Dinge, die ich in dieser Stadt
erlebt habe. Wie schade, ich war nämlich zuvor noch nie hier. Doch weil ich
spätabends angekommen bin und am nächsten Tag schon wieder weiter Richtung
Westen fahren musste, war leider nicht mehr drin.
Eigentlich ist das gar nicht meine Art zu Reisen. Früher vielleicht, bei
meinen ersten Trips. Da wollte ich möglichst viele Orte abklappern,
möglichst viel erleben. Mittlerweile habe ich gelernt: viel mehr nehme ich
von meinen Reisen mit, wenn ich zwar an weniger Orten, dort aber dafür
länger verweile.
## Klischeehafte Grenzbeamte
Und vor allem steht und fällt alles mit den Menschen, die ich auf meiner
Reise kennenlerne. [1][In Vilnius] und Kaunas konnte ich mit Ada und
Paulina [2][stundenlang spazieren, quatschen, trinken] – in meiner
Erinnerung sind mir die beiden Städte nun vor allem wegen ihnen sehr
lebendig.
Jetzt sitze ich im Zug vom polnischen Örtchen Jelenia Góra, das am
Riesengebirge liegt, nach Görlitz. Wobei, „Zug“ möchte ich das gar nicht
nennen. Eher ein fahrendes Abteil, so klein ist er. Dafür ist er von der EU
finanziert, sagt eine kleine Plakette im Innern.
An der Grenze zwischen Litauen und Polen wurde ich überrascht. Erst
verpasse ich es, die Grenze überhaupt wahrzunehmen – kein Zaun, kein
Schild, nichts. Doch am nächsten Bahnhof steigen Grenzbeamte ein, so
klischeehaft, wie man sich Grenzbeamte eben nur vorstellen kann: orange
Warnweste und Tarnkappe auf dem kahl rasierten Kopf.
Ich bin gespannt, ob mich bei den nächsten Übergängen ähnliches erwartet.
Doch eigentlich sollten Grenzen innerhalb der EU keine Rolle spielen – es
gilt ja die Freizügigkeit.
Wir tuckeln durch die niederschlesische Landschaft: sanfte Hügel, Wälder,
blühende Rapsfelder und Büsche, dazwischen ein kleiner gekrümmter Fluss. In
gut einer Stunde werde ich wieder in Deutschland sein. Wie wird es sich
anfühlen, wieder dort zu sein? Wenn auch wieder nur für eine Nacht, denn
morgen früh geht es schon weiter nach Frankreich.
2 May 2019
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## AUTOREN
Jana Lapper
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