# taz.de -- DGB-Demo in Berlin und Leipzig: Für sozialen Ausgleich in ganz Eur… | |
> Hunderttausende haben in Deutschland an DGB-Demos teilgenommen. In Berlin | |
> stand Europa im Vordergrund, in Leipzig das Ost-West-Gefälle. | |
Bild: DGB-Demo in Berlin am 1. Mai | |
Mitten im wogenden Fahnenmeer am Brandenburger Tor steht Ilse Juhnke wie | |
ein kleiner Fels in der Brandung, fest bei ihrem Mann Erich untergehakt, | |
und blickt zufrieden über den Platz des 18. März. Es ist kurz nach 12 Uhr | |
am 1. Mai in Berlin, die ersten Gruppen der [1][traditionellen | |
Gewerkschaftsdemo] – DGB-Jugend, IG Bau, Zentralverband Deutscher | |
Schornsteinfeger – sind am Kundgebungsort angekommen. | |
„Schon immer“ kämen sie zur 1.-Mai-Kundgebung, erzählt der 82-jährige | |
pensionierte Lehrer. „Früher im Osten, an der Karl-Marx-Allee, jetzt hier.“ | |
Auf die Frage, was sich verändert habe in den letzten Jahren, erklärt er: | |
„Die Friedensfrage wird uns zu wenig besprochen, das Soziale ist eigentlich | |
gut abgedeckt. Aber man hat ja Sorge, dass Kriege ausbrechen können.“ Seine | |
Frau ergänzt: „Dafür wird jetzt endlich über Wohnen und Klima geredet.“ | |
Tatsächlich ist „Europa. Jetzt aber richtig!“ dieses Jahr das Motto der | |
Gewerkschaftsdemo. Wie immer ging es vom Hackeschen Markt zum Brandenburger | |
Tor, laut Veranstalter sind 8.000 Menschen mitgelaufen, weitere 5.000 | |
sollen im Laufe des Mittags zur zentralen Kundgebung gestoßen sein. „Europa | |
wird entweder sozialer oder scheitern“, ruft Sonja Staack, stellvertretende | |
Vorsitzende des DGB Bezirks Berlin-Brandenburg, mit Blick auf die | |
[2][Europawahl am 26. Mai]. | |
In Deutschland sei der [3][Reichtum heute so ungleich verteilt wie vor 100 | |
Jahren] – das dürfe nicht sein. „Die tatsächlichen Verteilungskämpfe in | |
diesem Land verlaufen nicht zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft, | |
sondern zwischen Arm und Reich, zwischen Kapital und Arbeit“, sagte denn | |
auch der Hauptredner, der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft | |
Verdi, Frank Werneke. | |
## Früher war mehr Liedgut | |
Was dem Ehepaar Juhnke nicht so gut gefällt: Früher habe man mehr zusammen | |
gesungen, alte Arbeiterlieder wie „Dem Morgenrot entgegen“, oder „Kleiner | |
Trompeter“. „Manches gab's ja auch im Westen, wie ‚Brüder zur Sonne, zur | |
Freiheit‘“, fällt Ilse ein. „Aber heute kennen das ja nur noch wenige.�… | |
sei früher auch mehr ein Volksfest gewesen: größer und mit Tanzen, Musik | |
und Singen, findet ihr Mann. | |
„Dafür gab's weniger zu Essen und zu Trinken“, sagt er mit einem Lächeln, | |
das die leise Kapitalismus-Kritik noch sanfter macht. Umso heftiger | |
reagiert er auf die Frage, ob die Demo in der DDR nicht auch größer war, | |
weil viele gezwungen gewesen seien, mitzulaufen. „Das ist Quatsch, blödes | |
Gerede, niemand musste dahin“, so erinnert er sich brummelnd. | |
Insgesamt haben sich am 1. Mai nach Angaben des DGB 382.000 Menschen in | |
ganz Deutschlanbd an gewerkschaftlichen Demonstrationen und Kundgebungen | |
beteiligt. Die zentrale Demonstration fand in Leipzig statt. Dort war das | |
Hauptthema der Veranstaltung die Ungleichheit der Löhne und | |
Lebensbedingungen in Ost- und Westdeutschland. Viele Menschen hätten den | |
Eindruck, „die deutsche Einheit ist auch dreißig Jahre nach der friedlichen | |
Revolution noch nicht vollendet“, sagte DGB-Chef Reiner Hoffman bei der | |
zentralen Kundgebung. | |
1 May 2019 | |
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## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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