# taz.de -- Kommentar Westbalkankonferenz: Mehr europäische Werte, bitte! | |
> Merkel und Macron setzen bei der Westbalkankonferenz zwar ein Zeichen | |
> gegen Nationalismus in der Region. Doch es bleibt viel zu schwach. | |
Bild: Nicht entschieden genug eingestanden für die Werte der EU: Merkel und Ma… | |
Ein Zeichen aus Europa war nötig. [1][Angela Merkel und Emmanuel Macron | |
haben es in Berlin gegeben]. Aber konkret wurde nichts erreicht. Die | |
Menschen auf dem Balkan bleiben enttäuscht. Die Versprechungen von | |
Thessaloniki 2003, als die EU allen Staaten des Westbalkan versprach, sie | |
könnten in die EU integriert werden, wenn sie die Demokratisierung | |
vorantrieben, die Justiz reformierten und Wirtschaftsreformen durchführten, | |
sind fast versandet. | |
16 Jahre später kommt man damit nicht recht voran. Das hat mit den Interna | |
in manchen Staaten des Westbalkan ebenso zu tun wie mit der zunehmenden | |
Integrationsmüdigkeit der EU. Es hat sich sogar ein politisches Vakuum | |
aufgetan, das autokratisch geführte Mächte wie Russland, China und die | |
Türkei füllen möchten. | |
[2][China investiert massiv in die Infrastruktur], baut Autobahnen und | |
modernisiert Eisenbahnstrecken. Die russische Diplomatie hat zwar in | |
Mazedonien und Montenegro Niederlagen einstecken müssen, sie rüstet jedoch | |
die serbische Teilrepublik in Bosnien und Herzegowina sowie Serbien | |
militärisch auf. Und die Türkei versucht ihren Einfluss auf die Muslime der | |
Region auszudehnen. Statt Demokratie und Rechtsstaat werden autokratische | |
Herrschaftsformen für balkanische Eliten zu Vorbildern. | |
So ist der serbische [3][Präsident Alexandar Vucic ein gelehriger Schüler | |
Putins] geworden. Und da jetzt auch Donald Trump die bisherige Position der | |
USA untergräbt und – für den Fall eines Gebietsaustauschs zwischen Serbien | |
und Kosovo – umgekippt ist, wird Europas Position auf dem Balkan | |
unterhöhlt. | |
## Neue Perspektiven für chauvinistische Nationalisten | |
Dass Angela Merkel und Emmanuel Macron jetzt versucht haben, die Notbremse | |
zu ziehen, war bitter nötig. Vor allem in der Frage des Gebietsaustausches. | |
Der soll ganz im autokratischen Geist sowohl in Serbien als auch im Kosovo | |
einfach von oben her verhandelt und entschieden werden. Ohne die | |
Bevölkerung zu befragen. Nach ethnischen Kriterien. | |
Ethnisch reine Staaten zu schaffen ist das erklärte Ziel chauvinistischer | |
Nationalisten seit dem Zerfall Jugoslawiens. Für die eröffneten sich so | |
neue Perspektiven. „Großserben“ wollen Bosnien und Herzegowina zerschlagen, | |
Nord-Mazedonien und Montenegro werden es mit groß-albanischen Nationalisten | |
zu tun bekommen. Die Büchse der Pandora würde geöffnet. Zur Freude der | |
nationalistischen und rechtsextremen Bewegungen in der EU selbst. | |
Die [4][Idee des Gebietsaustausches] ist nach dieser Konferenz nicht vom | |
Tisch. Zu mächtig sind die dahinter stehenden Kräfte. Wenn Europa dagegen | |
steuern will, muss es kraftvoller und energischer auf dem Balkan auftreten. | |
Bei dieser unverbindlichen Konferenz darf es nicht bleiben. Vor allem | |
Merkel hat mit ihrem Widerstand gegen den Gebietsaustausch ein Zeichen | |
gesetzt und Macron ins Boot geholt. Mehr nicht. Die EU bräuchte nach den | |
Wahlen eine kraftvolle Führung und eine wieder an europäischen Werten | |
orientierte Außenpolitik. | |
30 Apr 2019 | |
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## AUTOREN | |
Erich Rathfelder | |
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