Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Urteil zum Mietspiegel in Berlin: Keine Sicherheit im Recht
> Beim Mietspiegel ist man sich am Landgericht uneins. Verschiedene Kammern
> kommen zu unterschiedlichen Urteilen. Ein Wochenkommentar.
Bild: Augen zu und urteilen: blinde Justitia
Obwohl die Akzeptanz der Profitorientierung von Immobilienkonzernen
innerhalb der Bevölkerung abnimmt, versuchen diese, gesellschaftliche
Vereinbarungen und Gesetze zur Begrenzung von Mieterhöhungen zu
torpedieren.
Das zeigen zahlreiche gerichtliche Auseinandersetzungen über die
Zulässigkeit von Mieterhöhungen, die Konzerne wie die Deutsche Wohnen
routiniert führen. Ziel der Immobilienunternehmen ist immer wieder: der
Mietspiegel. Der bietet zwar ohnehin nur geringen und eher theoretischen
Schutz vor Mieterhöhungen – er bezieht nur Mietverträge ein, die in den
letzten vier Jahren abgeschlossen wurden –, dient aber immerhin für
Mieter*innen auch als Grundlage für Klagen vor Gericht, wenn sie etwa der
Ansicht sind, dass sich eine Mieterhöhung außerhalb des gesetzlich
Zulässigen bewegt.
Die Deutsche Wohnen musste eine empfindliche Niederlage einstecken, wie
diese Woche bekannt wurde. Ein [1][Berufungsverfahren lehnte eine Klage des
Konzerns ab] und korrigierte damit eine erstinstanzliche Entscheidung des
Amtsgerichts Spandau. Die Deutsche Wohnen hatte auf eine Mieterhöhung
geklagt, obwohl die Nettokaltmiete eines Spandauers Mieters bereits
oberhalb des Mietspiegels lag.
Ein komischerweise vom Amtsgericht Spandau in Auftrag gegebenes Gutachten
hatte zwar die Auffassung der Deutschen Wohnen gestützt, dass der
Mietspiegel nicht stichhaltig genug sei, um eine ortsübliche
Vergleichsmiete zu ermitteln, das Landgericht verwarf das Gutachten jedoch:
Weder sei begründet worden, warum ein Gutachten erforderlich sei, noch sei
die Datenbasis des Gutachtens größer und damit stichhaltiger als der
[2][alle zwei Jahre ermittelte qualifizierte Mietspiegel des Senats].
Mitunter sind sich aber in der Mietenfrage selbst verschiedene Kammern des
Berliner Landgerichts uneins: Während bislang das bessere Ende zumeist
aufseiten der Mieter*innen lag und Richter*innen weitgehend wie jetzt
das Landgericht entschieden, hatte [3][kürzlich die 63. Kammer des
Landgerichts das in einem Zehlendorfer Fall durchaus anders gesehen].
Auch dort kratzte ein richterlich in Auftrag gegebenes Gutachten an der
Rechtssicherheit des Mietspiegels, sodass das Landgericht in diesem Fall
zugunsten der Gehag GmbH entschied. Die unterschiedlichen Fälle zeigen, wie
personen- respektive kammerabhängig Gerichtsbarkeit sein kann. Denn während
mit dem jüngsten Urteil pro Mietspiegel Mieter*innen der Bezirke Mitte,
Tiergarten und Spandau aufatmen dürften, weil ihre zuständige 67.
Zivilkammer das Gutachten kassierte, bleibt ungewiss, wie andere Kammern im
nächsten Streitfall entscheiden werden.
Aus Sicht des Mietervereins wäre mehr Rechtssicherheit wünschenswert.
Geschäftsführer Reiner Wild sagt: „Wir brauchen eine rechtliche
Klarstellung. Ob die jetzige Bundesregierung dazu beiträgt, weiß man
derzeit noch nicht.“ Die Auseinandersetzungen zeigten aus Wilds Sicht
wiederum, dass man eine Kappungsgrenze für Erhöhungen oder einen
Mietendeckel brauche – zumal der Spiegel ja auch die Marktentwicklung
abbilde.
4 May 2019
## LINKS
[1] https://www.berlin.de/gerichte/presse/pressemitteilungen-der-ordentlichen-g…
[2] https://www.stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/mietspiegel/de/download/Miets…
[3] /Archiv-Suche/!5584850&s=mietspiegel/
## AUTOREN
Gareth Joswig
## TAGS
Mietspiegel
Landgericht
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
Urteil
Deutsche Wohnen
Katrin Lompscher
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
Deutsche Wohnen
Mietenwahnsinn
Mieten
Mietendeckel
## ARTIKEL ZUM THEMA
Mietendeckel in Berlin: Der beste aller Deckel
Per Gesetz sollen die Mieten in Berlin ab 2020 für fünf Jahre eingefroren
werden. Zusätzlich soll auch eine Mietobergrenze definiert werden.
Kommentar renitente Deutsche Wohnen: Küchenpsychologie hilft nicht
Es ist unverständlich, warum die Deutsche Wohnen beim Mietspiegel derart
auf Konfrontationskurs geht. Die Firma braucht mehr Kompromissbereitschaft.
Deutsche Wohnen gegen Mietspiegel: Herausholen, was geht
Nach vielen Klagen hat der Konzern erstmals Erfolg. Laut dem Landgericht
stellt der Mietspiegel keine geeignete Schätzgrundlage dar.
Deutsche-Wohnen-Chef im Interview: „Das wird immer falsch interpretiert“
Das linksalternative Milieu sei ihm nicht völlig fremd, sagt Michael Zahn,
Chef der Deutsche Wohnen. Doch fürs Enteignungsvolksbegehren hat er kein
Verständnis.
Berliner Wohnungsmarkt: Neue Spieler beim Wohnopoly
Das Berliner Start-up Wunderflats ist eine Art Airbnb deluxe. Mit einem
Trick umgeht das Unternehmen Mietpreisbremse und Zweckentfremdungsverbot.
Jurist über Mietendeckel in Berlin: „Wir wollen ein sicheres Modell“
Mietexperte Benjamin Raabe spricht im Interview über die nächsten Schritte
zum Mietendeckel und Einwände von Hauseigentümern.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.