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# taz.de -- Deutsche Wohnen gegen Mietspiegel: Herausholen, was geht
> Nach vielen Klagen hat der Konzern erstmals Erfolg. Laut dem Landgericht
> stellt der Mietspiegel keine geeignete Schätzgrundlage dar.
Bild: Darf es noch ein bisschen mehr sein?
Berlin taz | In ihrem jahrelangen Kampf gegen den Berliner Mietspiegel hat
die Deutsche Wohnen einen Erfolg erzielt. Das Landgericht hat dem Konzern
in einem Prozess am Mittwoch recht gegeben. Laut Gericht stelle der
Berliner Mietspiegel von 2015 keine geeignete Schätzgrundlage dar.
Geklagt hatte die Gehag, ein Tochterunternehmen der Deutschen Wohnen, gegen
einen Mieter in der Argentinischen Allee in Zehlendorf. Dieser hatte eine
über dem Mietspiegel 2015 liegende Mieterhöhung nicht akzeptiert und in der
ersten Instanz auch Erfolg gehabt. Nun aber muss er die Erhöhung um 42,83
Euro auf 575,35 Euro akzeptieren, so das Landgericht.
Die Richterin folgte dem Gutachten eines Statistikprofessors, der
Berechnungen anhand vergleichbarer Wohnungen aus dem Bestand des Konzerns
angestellt hatte. Dies habe er „nachvollziehbar geschildert“, hieß es in
dem Urteil.
Für die Erstellung des alle zwei Jahre erscheinenden Mietspiegels gibt es
nicht die eine wissenschaftliche Methode. Stattdessen nimmt die zuständige
Arbeitsgruppe Mietspiegel beim Senat, die sich aus Sachverständigen sowie
Vertretern von Mieter- und Vermieterverbänden zusammensetzt, fortlaufende
Anpassungen vor. Der Berliner Mietspiegel weist anhand der Auswertung von
75 Prozent der mittleren Mieten ortsübliche Vergleichsmieten aus. Sein Ziel
ist es, Mieterhöhungen zu begrenzen. Dies steht im Gegensatz zur maximalen
Renditeerwartung der börsennorientierten Deutsche Wohnen.
## „Hat mit Wissenschaft nichts zu tun“
Dass man mit einem Sachverständigen-Gutachten den gesamten Mietspiegel in
Frage stellen kann, hält Reiner Wild, Chef des Berliner Mietervereins und
Mitglied der Arbeitsgruppe, für fahrlässig. Solche Gutachten haben „mit
Wissenschaft nichts zu tun“.
Allgemeine Konsequenzen ergeben sich aus dem Urteil indes nicht. So spricht
auch Wohnstaatssekretär Sebastian Scheel auf taz-Anfrage von einer
„Einzelfallentscheidung“, die nichts daran ändere, dass der „Mietspiegel
weiterhin die wesentliche Grundlage zur Ermittlung von rechtmäßigen
Miethöhen“ bleibe. Er fügte hinzu: „Ich bedaure, dass die Deutsche Wohnen
durch diese Art der Auseinandersetzung die Mieterinnen und Mieter
verunsichert.“
Wild befürchtet, dass das Urteil private Vermieter motiviere, weitere
Klagen gegen den Mietspiegel anzustrengen, so etwa gegen den neuen
Mietspiegel, der Mitte Mai vorgestellt werden soll. Der Stadtforscher
Andrej Holm kommentierte das Urteil auf Twitter: „Die Deutsche Wohnen
sammelt Enteignungspunkte.“
Update: In einer ersten Version hieß es fälschlicherweise, die Deutsche
Wohnen habe mit dem Urteil eine Mieterhöhung oberhalb des Mietspiegels
durchgesetzt. Richtig ist, dass die Mieterhöhung die Obergrenze des
Berliner Mietspiegels nicht sprengt. Auch wurde der Gutachter nicht von der
Deutschen Wohnen beauftragt, sondern vom Gericht bestellt. Wir bitten diese
Fehler zu entschuldigen.
11 Apr 2019
## AUTOREN
Erik Peter
## TAGS
Deutsche Wohnen
Mietspiegel
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
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Mietenwahnsinn
Mietendeckel
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
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