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# taz.de -- Geschlechterstereotype im Beruf: Die Unsinnigkeit von Klischees
> Jugendliche entscheiden bei der Suche nach einem Job noch immer häufig
> entlang alter Rollenmuster. Was ist männlich und was weiblich?
Bild: Ist doch ganz einfach: Alle machen das, was sie am liebsten machen wollen
„Das ist doch kein Beruf für eine Frau!“ „Ist es nicht komisch für dich,
mit so vielen Männern zusammen zu arbeiten?“ Diese Sätze höre ich häufig.
Ich bin Fachinformatikerin, ein „Männerberuf“. Aber was ist eigentlich ein
„Männerberuf“? Denn auch Männer, die in vermeintlichen Frauenberufen
arbeiten, wie zum Beispiel Erzieher oder Krankenpfleger, bekommen Phrasen
wie diese häufig zu hören: „Die Jungs im Hort freuen sich sicher, dass sie
nun einen Mann zum Fußballspielen haben! Ist es nicht blöd, immer der Hahn
im Korb zu sein?“
Stellen wir doch mal klar die Frage: Verbirgt sich hinter dem „Arzt“ nun
ein Mann oder eine Frau? Und: Können Männer Kinder erziehen, oder ist das
tatsächlich Frauensache? Was ist mit Wissenschaftlerinnen? Machen die ihren
Job genauso gut wie ihre männlichen Kollegen? Frauen und Computer, geht das
denn?
2017 gab es, laut einer Studie des [1][Instituts für Arbeitsmarkt und
Berufsforschung in Nürnberg], in mathematischen, informationstechnischen,
naturwissenschaftlichen und technischen Berufen (sogenannte MINT-Berufe)
einen Frauenanteil von 15,5 Prozent. Dem Frauenministerium zufolge sind in
der Kindertagespflege lediglich rund [2][5 Prozent der Beschäftigten]
männlich. Leider hat sich in den vergangenen Jahren an den stereotypischen
Berufsbildern kaum etwas verändert. Warum ist das so?
Die immer noch häufig bestehenden Rollenklischees werden bereits im
Kleinkindalter vermittelt. Meist geschieht dies unbewusst. Die Kinder
nehmen allerdings sehr wohl wahr, ob die Erzieherin selbst ein Bild an die
Wand nagelt, oder ob dafür der Hausmeister zur Hilfe kommt. Genauso
umgekehrt: Schwingt der Erzieher selbst den Besen oder macht das die
Kollegin?
## Empathie ist von Vorteil
Gerade deshalb ist es wichtig, insbesondere in Kitas, beide Perspektiven zu
berücksichtigen: [3][Kinder müssen sich ausprobieren dürfen]. Das bedeutet,
dass Mädchen beispielsweise mit dem Bagger im Sand spielen und Jungs den
Puppenwagen schieben.
Die Berufswahl sollte niemals vom Geschlecht abhängen, sondern von den
Interessen der betreffenden Person. Lisa Freunek, Gewerkschaftssekretärin
bei ver.di, sieht hier noch Handlungsbedarf: „Als Gewerkschaft unterstützen
wir das Aufbrechen alter Rollenbilder, das wir als
gesamtgesellschaftliches, strukturelles Problem sehen, das zu
Benachteiligung führt.
Als ver.di-Jugend legen wir viel Wert darauf, gerade junge Frauen zu
unterstützen, damit sie sich aktiv, mutig und selbstbewusst dafür
einsetzen, auferlegte Hürden zu überwinden.“ Das Ziel, so Freunek, sollte
eine gleichberechtigte Gesellschaft sein, in der alle gleichen Chance
bekämen.
Dabei ist es doch ganz einfach: Wenn man über die überholten
stereotypischen Rollenbilder hinaus denkt, kann man viel voneinander lernen
und sich gegenseitig bereichern. Kreativität, Neugier und soziale
Kompetenzen sind nicht nur in MINT- und in Care-Berufen von Vorteil,
sondern in jedem Job.
## Männliche Verstärkung erwünscht
Das Klischee der Computernerds, die bei Chips und Cola allein im dunklen
Zimmer hocken, ist ebenso wenig zeitgemäß wie richtig. Ich als
Fachinformatikerin muss jeden Tag mit vielen Menschen von Angesicht zu
Angesicht reden, wir müssen uns gegenseitig aufeinander verlassen können.
Männliche Erzieher in Kitas sind ebenso empathisch und fürsorglich, wie die
Gesellschaft das bislang fast nur von Frauen gewohnt ist. Und sie sind mehr
als nur willkommene Fußballspieler für die Jungs, denn auch die Mädchen
freuen sich über männliche Verstärkung.
Paulina Herget, 24, Nürnberg, Fachinformatikerin
17 Apr 2019
## LINKS
[1] https://statistik.arbeitsagentur.de/Statischer-Content/Arbeitsmarktberichte…
[2] https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/aktuelles/reden-und-interviews/frauenberufe--m…
[3] /Kolumne-Blind-mit-Kind/!5546560
## AUTOREN
Paulina Herget
## TAGS
Schwerpunkt u24 taz
MINT
Jugendliche
Stereotype
Gleichberechtigung
wochentaz
Pflege
Sexismus
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