# taz.de -- Arbeiten im Journalismus: Elementar für die Gesellschaft | |
> Die Arbeitsbedingungen im Journalismus verschlechtern sich. Warum sollten | |
> sich junge Leute für diese Karriere entscheiden? | |
Bild: Junge Menschen, die was sagen wollen, sind super für den Journalimus | |
Ein freudiger Tag ist der 3. Mai, der internationale [1][Tag der | |
Pressefreiheit], traditionell nicht. Ein Blick auf die Zahlen genügt, um | |
das nachzuvollziehen: Nach Angaben von Reporter ohne Grenzen befinden sich | |
weltweit gerade immer noch 334 Journalistinnen, Blogger und Medienmachende | |
in Haft, allein 2018 sind 80 Menschen im Zuge ihrer journalistischen Arbeit | |
ums Leben gekommen. | |
Nicht nur diese Situation weltweit, sondern auch der strukturelle Wandel, | |
der die Glaubwürdigkeit und Seriosität des Journalismus auf die Probe | |
stellt, bringen die nächste Herausforderung mit sich. Warum sollten sich | |
junge Menschen überhaupt noch diesen Bedingungen stellen und versuchen, im | |
klassischen Journalismus Fuß zu fassen? | |
Verlagshäuser, Verbände und Redaktionen organisieren typischerweise | |
Aktionen zum Tag der Pressefreiheit. Auch Künstlerinnen und Künstler nutzen | |
die Möglichkeit, die Unterdrückung und Einschränkung journalistischer | |
Arbeit anzuprangern. So stellte beispielsweise der Künstler Georg Baselitz | |
2018 der Presse sein Werk „Frau am Abgrund“ zur Verfügung, das an jenem 3. | |
Mai zahlreiche Titelseiten in Deutschlands Printlandschaft zierte. | |
Begleitet wurde das Bild von einer Mahnung des Künstlers: „Presse und Kunst | |
gehören nicht in die Obhut des Staates. Wer anderes propagiert, manövriert | |
die freie Gesellschaft ins Verderben.“ Schade nur: Wenn es um die | |
Arbeitsbedingungen von Journalisten weltweit geht, dann scheint diese | |
Mahnung Baselitz’ nicht anzukommen. | |
## Morde blieben ungestraft | |
„Besonders Online-Journalisten und -Journalistinnen sind aktuell gefährdet, | |
Opfer von Repression zu werden“, sagt Juliane Matthey, Pressesprecherin der | |
Organisation Reporter ohne Grenzen. Länder wie China, Ägypten, Iran und | |
Saudi-Arabien arbeiteten bereits an neuen „Unterdrückungsstrategien, die es | |
ihnen erleichtern, gegen Online-Journalistinnen und -Journalisten | |
vorzugehen.“ Die Straflosigkeit nach Gewaltverbrechen und Morden an | |
Journalistinnen und Journalisten in einigen Ländern der Welt prangert | |
Matthey ebenfalls an. So blieben in der Vergangenheit etwa neun von zehn | |
[2][Morden an Medienmachenden ungestraft]. | |
Auch die Situation für Journalistinnen und Journalisten in Deutschland habe | |
sich zuletzt nicht zum Besseren gewandt, argumentiert Jonas Gebauer, | |
Bundesvorstand der Jugendpresse Deutschland. Gebauer beobachtet im Umgang | |
mit Reporterinnen und Reportern ein „Sinken der Hemmschwelle“, was etwa | |
[3][Beschimpfungen oder sogar körperliche Gewalt] angeht. | |
Bedrohungen auf Demonstrationen bis hin zu Verletzungen seien für eine | |
erschwerte Berichterstattung in der jüngsten Vergangenheit verantwortlich. | |
ROG-Pressereferentin Juliane Matthey hat die Gründe dafür ausgemacht: „Eine | |
große Gefahr geht von der medienfeindlichen Rhetorik seitens einer | |
wachsenden Zahl von Politikerinnen und Politikern weltweit aus, die auf | |
weite Teile der Bevölkerungen übergreift und vielfach in Online-Attacken | |
oder auch körperliche Gewalt gegen Medienschaffende mündet.“ | |
Andererseits gibt es bei allen Bedrohungen auch positive Trends zu | |
beobachten. Zu nennen wäre das wachsende [4][Bewusstsein für Diversität]. | |
Dass dort noch viel zu tun ist, darüber sind sich auch Juliane Matthey und | |
Jonas Gebauer einig: „Eine größere Vielfalt wäre zu befürworten“, sagt | |
Matthey. | |
## Eine elementare Aufgabe in der Gesellschaft | |
Denn das erhöhe nicht nur die Chance, dass die in der journalistischen | |
Berichterstattung vertretenen Blickwinkel vielfältiger würden, sondern | |
auch, „dass manche Themen mehr berücksichtigt würden, als sie es jetzt | |
werden“. Gebauer ergänzt, seinen Eindrücke zufolge habe sich bezüglich | |
Inklusion, Repräsentation aber auch Diversität einiges getan, „sowohl in | |
der Berichterstattung als natürlich auch in den Besetzungen der | |
Redaktionen“. | |
Allein die Chance, die Diversität zu verbessern, ist also schon mal ein | |
Grund für junge Leute, in den Journalismus zu gehen. Gebauer nennt noch | |
einen anderen. „Gerade in Zeiten, in denen wir ein Auseinanderdriften der | |
politischen Debatten erleben und Populismus sich breitmacht, ist es | |
wichtiger denn je, dem entgegenzuwirken.“ Denn: „Journalismus zu machen ist | |
nicht bloß ein Job, sondern eine elementare Aufgabe innerhalb unserer | |
Gesellschaft.“ | |
Immerhin steht die Arbeit der Presse als solche sogar in Artikel 5 des | |
Grundgesetzes. Im Journalismus arbeiten kann bedeuten, Anfeindungen | |
ausgesetzt zu sein, auch wenn in einem Land wie Deutschland die Bedrohung | |
verglichen mit vielen anderen Ländern äußerst klein ist. | |
Aber: Für eine freie Presse einzustehen und sich für unabhängigen, integren | |
Journalismus einzusetzen ist eben mehr als ein Job. Es bedeutet, für das | |
Grundgerüst unserer Gesellschaft einzustehen: die Demokratie. | |
18 Apr 2019 | |
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[1] /Zum-Tag-der-Pressefreiheit/!5500409 | |
[2] /Medienrechtlerin-ueber-Journalisten-Mord/!5488273 | |
[3] /Studie-zu-Uebergriffen-in-Deutschland/!5537253 | |
[4] /Kommentar-Diversity-in-den-Medien/!5583844 | |
## AUTOREN | |
Lennart Glaser | |
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