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# taz.de -- Versorgungskrise in der Karibik: Kuba in Not
> Kubas Regierung kann die Grundversorgung nicht mehr gewährleisten. Hilfe
> aus Venezuela bleibt aus, die USA verschärfen die Sanktionen.
Bild: In der Schlange auf Huhn und Co. warten gehört momentan auf Kuba zum All…
Havanna taz | Die Schlange vor der Bodega in Gibara, einer Kleinstadt ganz
im Osten Kubas, ist lang. Die meisten der Wartenden haben leere Plastik-
oder Glasflaschen dabei. Denn sie hoffen, dass es endlich Speiseöl geben
wird. „Seit zehn Tagen warten wir nun schon auf die Zuteilung. Doch auch
heute ist die Lieferung nicht eingetroffen “, klagt eine Frau Anfang
fünfzig.
Ohne Speiseöl geht in der kubanischen Küche wenig, denn Kochbanane und Co.
werden in aller Regel frittiert, und das stellt die Haushalte zwischen
Havanna und Gibara vor Probleme. Speiseöl ist aber nur eines von mehreren
Mangelprodukten, denn auch die Preise für Schweine- und Hühnerfleisch haben
sich auf der Insel fast verdoppelt.
Das sorgt nicht nur für Ebbe in so manchem Kühlschrank, sondern auch für
zusätzliche Ausgaben bei den Restaurantbetreibern. „Wir mussten die Preise
um bis zu zwanzig Prozent je Gericht anheben“, gibt der Betreiber eines
Privatrestaurants im Zentrum von Santiago de Cuba zu. Ein Fahrer ist für
ihn im Einsatz, der Bauern- genauso wie Supermärkte abgrast, um rare
Produkte auf Vorrat einzukaufen.
Die gibt es zuhauf, denn die nationale Landwirtschaft weist beschämend
niedrige Produktivitätsquoten auf und kommt trotz vielfältiger
Reformanläufe nicht wieder auf die Beine. Bestes Beispiel dafür ist die
Zuckerrohrernte im letzten Jahr. Gerade 1,1 Millionen Tonnen Rohrzucker
wurden produziert und damit weit weniger als die 4 Millionen Tonnen, die
ganz offiziell seit ein paar Jahren als mittelfristiges Ziel ausgegeben
wurden. Doch auch bei der Milchproduktion, dem Anbau von Kaffee, Kakao,
Zitrusfrüchten und Reis hinken die kubanischen Bauern seit Jahren den
Planvorgaben hinterher.
Das schlägt sich in Lebensmittelimporten in Höhe von 1,7 Milliarden
US-Dollar nieder, die 2018 laut offiziellen Zahlen getätigt wurden. Dabei
kommt es immer wieder zu Engpässen. Fehlendes Speiseöl ist aktuell ein
Problem, im Dezember war das Mehl knapp, und sowohl Privatrestaurants als
auch Privathaushalte, die es sich leisten können, kaufen auf Vorrat ein,
wann immer es geht. Das sorgt bei vielen Produkten für Engpässe und die
werden zukünftig wohl noch gravierender werden, kündigte der ehemalige
Staatschef Raúl Castro in einer Rede im Laufe der vergangenen Woche an.
„Kein Wunder“, so Omar Everleny Pérez, kubanischer Ökonom und Analyst aus
Havanna, „es fehlt sowohl an Devisen, um die Altschulden beim Pariser Club
und die mit Russland zu bedienen, als auch die Versorgung der Bevölkerung
aufrechtzuerhalten“, sagt der ehemalige Leiter des Studienzentrums der
kubanischen Ökonomie (CEEC). „Obendrein sind die Exporteinnahmen in den
letzten Jahren rückläufig – nicht nur bei Zucker, auch bei Nickel. Hinzu
kommt der Rückruf der Ärzte aus Brasilien, wodurch weitere 300 Millionen
US-Dollar fehlen. Das lässt sich nicht kompensieren“, sagt Pérez.
Die neuen US-Sanktionen spitzen die Krise weiter zu. In der letzten Woche
hat Washington Sanktionen gegen vier Schifffahrtsunternehmen verhängt, die
Öl von Venezuela nach Kuba transportieren. Mit den Finanzsanktionen soll
der Druck auf das „illegitime Regime des früheren Präsidenten Nicolás
Maduro“ weiter erhöht werden, erklärte das US-Finanzministerium. Die
Schifffahrtsunternehmen hätten davon profitiert, dass „das Maduro-Regime
die Bodenschätze ausplündert“, sagt Finanzminister Steve Mnuchin.
Venezuelas Öl gehöre dem venezolanischen Volk.
## Rückläufige Investitionen
Kuba erhält derzeit täglich rund 50.000 Barrel aus Venezuela, womit der
Einsatz kubanischer Ärzte, Techniker und Berater im Bruderstaat vergütet
wird. Auf diese Lieferungen ist die lahmende kubanische Ökonomie
angewiesen, deren Perspektiven alles andere als rosig sind. Denn
US-Präsident Donald Trump hat auch an anderer Stelle den Druck erhöht. So
soll der [1][berüchtigte Artikel III des Helms-Burton-Gesetzes] in Kraft
gesetzt werden, der Unternehmen, die auf Flächen, die einst US-Unternehmen
gehörten und verstaatlicht wurden, mit Sanktionen und Prozessen in den USA
droht.
Im Tourismussektor, aber auch in anderen Bereichen der Wirtschaft, kann das
für rückläufige Investitionen sorgen. „Doch darauf haben sich die meisten
Unternehmen eingestellt, und ich denke, dass sich das selbstherrliche
Vorgehen der US-Administration Länder wie Spanien auch kaum gefallen lassen
werden“, meint Everleny Pérez. Allerdings wird das Vorgehen der USA das
ohnehin nicht sonderlich gute Investitionsklima in Kuba weiter dämpfen.
Das wissen auch die Verantwortlichen in Havanna, weshalb Präsident Miguel
Díaz-Canal am Wochenende Maßnahmen zur Ankurbelung der Binnenökonomie
ankündigte. Dazu gehört auch die Einrichtung von Großmärkten für die
Versorgung des Privatsektors – eine Regelung, die oft angekündigt wurde,
nun aber wirklich erfolgen soll.
23 Apr 2019
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## AUTOREN
Knut Henkel
## TAGS
Kuba
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