# taz.de -- Kommentar Hilfe für Ostdeutschland: Die Transferunion bleibt | |
> Wirtschaftlich aufholen wird der Osten des Landes in nächster Zeit nicht. | |
> Trotzdem ist Deutschland als Ganzes mit der Einheit reicher geworden. | |
Bild: Die MinisterpräsidentInnen der ostdeutschen Bundesländer mit Kanzlerin | |
Sachsen-Anhalt war bis 1945 die reichste Region Deutschlands – heute ist | |
sie die ärmste. Die DDR hat [1][Ostdeutschland bleibend geschädigt]; auch | |
dreißig Jahre Einheit konnten bisher nicht korrigieren, was 44 Jahre | |
zentrale Planwirtschaft angerichtet haben. [2][Es ist absurd, dass der | |
Solidarpakt ausläuft], denn Ostdeutschland benötigt weiter Hilfe. Die | |
Kanzlerin traf sich daher am Donnerstag mit den fünf | |
Ost-Ministerpräsidenten, doch blieb hinterher ziemlich vage, wie die | |
Unterstützung für die Ex-DDR künftig aussehen könnte. | |
Sicher ist jedenfalls: Noch mehr Infrastruktur wird auch nicht helfen. | |
Schon jetzt wird gewitzelt oder gestöhnt, je nach Stimmungslage, dass die | |
Straßen in Duisburg schlechter aussehen würden als in Anklam. „[3][Blühende | |
Landschaften]“ entstehen nicht durch Asphalt; es hat sich als naiv | |
herausgestellt zu glauben, dass man nur Teer vergießen muss, damit Fabriken | |
folgen. | |
Stattdessen bleiben die Unternehmen, wo sie sind – in Westdeutschland. Dort | |
haben sie ihre Konzernzentralen, ihre Verwaltung, ihre Forschungslabore. Im | |
Osten wird meist nur eine kleine Servicestation eingerichtet, um die Kunden | |
vor Ort zu betreuen. Die Ost-Ministerpräsidenten wünschen sich daher, dass | |
zumindest der Bund gegensteuert und große Behörden in den Osten umsiedelt. | |
Das kann man machen. | |
Aufholen wird der Osten trotzdem nicht. Jedenfalls nicht in den nächsten | |
beiden Jahrzehnten. Statt auf einen wundersamen Aufschwung zu hoffen, | |
sollte man endlich die Realität akzeptieren: Deutschland ist und bleibt | |
eine „Transferunion“. Die reichen Landesteile müssen für die ärmeren | |
zahlen. | |
Dieser Transfer kostet übrigens gar nichts. Es verstellt den Blick, immer | |
nur auf die Zahlungsströme zwischen den Bundesländern zu starren. Die | |
Wiedervereinigung war nämlich gratis: Obwohl mehr als zwei Billionen Euro | |
in den Osten gepumpt wurden, liegt die Staatsverschuldung Deutschlands | |
niedriger als das Defizit in Frankreich oder Großbritannien. | |
Der Kapitalismus wächst mit seinen Aufgaben. Deutschland als Ganzes ist | |
reicher geworden, weil es den Osten gibt. Also kann man ruhig Geld dorthin | |
transferieren. | |
4 Apr 2019 | |
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## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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