# taz.de -- Kommentar Solidarische Stadt: Versprecht nicht zu viel | |
> Die Linke träumt von einem städtischen Ausweis für alle. Rot-Rot-Grün hat | |
> in dieser Hinsicht schon einige Erwartungen geweckt. Erfüllt sind keine. | |
Bild: Ein Stadtpass könnte Menschen ohne Papiere helfen | |
Es wäre ein Traum: Alle Menschen, die in Berlin leben, bekommen eine Art | |
Ausweis, mit dem sie Zugang zu Bibliotheken haben, Bus und Bahn fahren und | |
sogar vergünstigt Kulturveranstaltungen besuchen können. Und mit dem sie | |
sich sogar gegenüber der Polizei ausweisen können – selbst wenn sie illegal | |
im Land sind. | |
Menschen ohne Aufenthaltserlaubnis müssten dann keine Angst mehr haben vor | |
Entdeckung und Abschiebung. Für Zürich wurde eine solche „Züri City Card“ | |
vorigen Herbst beschlossen, in New York soll es sie seit Jahren geben. Wäre | |
das nicht auch etwas für Berlin?, fragte die Linke auf einer Veranstaltung | |
am Mittwochabend. Und kam zu dem Schluss, dass dies zwar sehr schön wäre – | |
aber auch zu schön ist, um wahr zu sein. | |
Dabei hat Rot-Rot-Grün in dieser Hinsicht ohnehin schon einige Erwartungen | |
geweckt. Etwa mit der Mitteilung von Januar, nun tatsächlich Teil des | |
Städtenetzwerkes „Solidarity Cities“ geworden zu sein. Klingt ja auch gut: | |
Europäische Städte bekennen sich zu einer solidarischen Flüchtlingspolitik, | |
zu gegenseitiger Hilfe und Aufnahme und Partizipation von Geflüchteten. | |
„Unsere Stadt ist eine weltoffene Metropole, in der die Grundsätze der | |
‚Solidarity Cities‘ seit jeher praktiziert werden“, erklärte der Regiere… | |
Bürgermeister aus diesem Anlass vollmundig. | |
Folgen dieser Erklärung? Bislang keine. Zwar hat Berlin in der Tat – wie | |
andere Städte – im Winter gegenüber dem Bundesinnenminister erklärt, man | |
würde eine gewisse Zahl von Bootsflüchtlingen aufnehmen, die von | |
Seenotrettungsinitiativen aus dem Mittelmeer geborgen werden. Aber da Horst | |
Seehofer auf das Angebot nicht einging, blieb es folgenlos. | |
Nun könnte man den guten Worten natürlich andere Taten folgen lassen. Eine | |
solidarische Stadt wäre in der Tat zum Beispiel eine, die allen soziale und | |
kulturelle Teilhabe ermöglicht, in der – auch von Behörden – keine Fragen | |
nach dem Aufenthaltsstatus gestellt werden, keine Meldungen an | |
Ausländerbehörden oder Polizei erfolgen. In der die Polizei nicht | |
nach Hautfarbe kontrolliert, aus der nicht abgeschoben wird. | |
Man sollte sich allerdings nichts vormachen: Rechtlich ist Berlin an | |
Bundesgesetze gebunden. Und eine SPD-geführte Innenverwaltung wird die | |
hiesige Polizei niemals anweisen, Menschen nicht mehr nach ihrem | |
Aufenthaltsstatus zu fragen. So schön es ist, dass die Linkspartei noch | |
Träume hat. Als Teil der Regierung sollte sie aber besser keine überzogenen | |
Erwartungen wecken. Man könnte sie sonst noch beim Wort nehmen. | |
14 Apr 2019 | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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Katina Schubert | |
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